Süddeutsche Zeitung

Standard & Poor's:Ratingagentur stuft Bonität Italiens herab

Schwerer Schlag für die Regierung Berlusconi im Kampf gegen die Schuldenkrise: Die Ratingagentur Standard & Poor's hat die Kreditwürdigkeit Italiens gesenkt, die langfristige Bonität wird fortan mit der Note A bewertet. Doch damit nicht genug: Die weiteren Aussichten schätzt die Agentur "negativ" ein - und begründet dies mit "anhaltender politischer Unsicherheit". Berlusconi reagiert ungehalten.

Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) hat die Kreditwürdigkeit Italiens um eine Stufe herabgesenkt. Wie die Agentur weiter mitteilte, bleibt der weitere Ausblick zudem "negativ". Die Bewertung der langfristigen Bonität wurde von A+ auf A korrigiert, die für die kurzfristige Kreditwürdigkeit von A-1+ auf A-1.

Die S&P-Experten begründeten ihren Schritt mit den schwachen Wachstumsaussichten des Landes. Diese würden auch durch das Reformprogramm der italienischen Regierung nicht entscheidend verbessert. S&P verwies auf die fragile Regierungskoalition in Rom und die politischen Differenzen im Parlament. "Wir glauben, dass das reduzierte Tempo von Italiens wirtschaftlicher Aktivität die revidierten Finanzziele der Regierung schwer erreichbar macht", konstatierten die Experten.

"Was wir als die zaghafte Antwort auf den jüngsten Druck der Märkte betrachten, legt eine anhaltende politische Unsicherheit bezüglich des Umgangs mit den wirtschaftlichen Herausforderungen nahe", schrieb der geschäftsführende S&P-Direktor David Beers. Die Ratingagentur gehe davon aus, dass mit der aktuell reduzierten wirtschaftlichen Aktivität die von der Regierung gesteckten Sparziele nur schwer erreicht werden könnten.

Nach Ansicht von Italiens Premier Silvio Berlusconi entspricht die Entscheidung der Ratingagentur nicht der Realität: "Die Einschätzung von Standard & Poor's scheint mehr von Medienberichten als von der Realität diktiert worden zu sein. Sie scheint auch von politischen Erwägungen negativ beeinflusst", erklärte er. Die Regierung habe bereits Maßnahmen zur Haushaltssanierung eingeleitet.

Regierungskreisen zufolge wird die italienische Regierung ihre Konjunkturprognosen für dieses und das kommende Jahr senken. Ein Sparpaket im Volumen von knapp 60 Milliarden Euro soll dazu beitragen, dass Italien bis 2013 einen ausgeglichenen Haushalt erreicht.

Die Prognose für die jährliche Wachstumsrate bis 2014 änderte Standard & Poor's von 1,3 Prozent auf 0,7 Prozent. Wegen Zweifeln an der Haushaltspolitik steht Italien seit dem Frühsommer unter erheblichem Druck der Finanzmärkte. Die Verschuldung liegt bei 120 Prozent des Bruttosozialprodukts und ist damit eine der höchsten in der EU. In der vergangenen Woche stimmte die Regierung einem Sparpaket über 54 Milliarden Euro zu.

Euro rutscht deutlich ab

Mitten in der Zitterpartie um neue Finanzhilfen für das von der Pleite bedrohte Griechenland nährt die Herabstufung die Angst vor einem Übergreifen der Krise auf andere Staaten. An den asiatischen Devisenmärkten gab der Euro an diesem Dienstag um über einen halben US-Cent nach auf 1,3610 Dollar. Zuletzt notierte die europäische Gemeinschaftswährung wieder etwas über dieser Marke.

Die Herabstufung durch S&P kam überraschend. An den Finanzmärkten war damit gerechnet worden, dass zuerst die Ratingagentur Moody's ihre Note für das Land senken würde. Die Moody's-Analysten hatten vergangene Woche mitgeteilt, sie bräuchten für ihre Entscheidung noch einen weiteren Monat Zeit. Italien ist die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone. Das Land ächzt unter einem Schuldenberg von 1,9 Billionen Euro. Es steht mit 120 Prozent seiner Wirtschaftsleistung in der Kreide.

An den asiatischen Märkten reagierten die Investoren zunächst verschreckt. "Immer noch mehr von denselben schlechten Nachrichten", sagte Nomura-Volkswirt Stephen Roberts in Sydney. Dadurch steige die Ansteckungsgefahr in der Krise. Dies treibe die Anleger in sichere Anlagen. Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht Griechenland. Die befürchteten Einbrüche blieben jedoch aus. Während die Kursbarometer in Japan deutlich nach unten zeigten, tendierten die übrigen Börsen in Fernost sogar überwiegend im Plus. Am deutschen Aktienmarkt sorgte die Herabstufung hingegen für Nervosität. Der Dax verlor in den ersten Minuten bis zu 0,9 Prozent auf 5369 Zähler, drehte jedoch im Laufe des Vormittags wieder ins Plus.

Der Euro-Schuldensünder braucht dringend neue Finanzspritzen der Geldgeber EU-Kommission, Europäische Zentralbank (EZB) und Internationaler Währungsfonds (IWF). Sollte diese sogenannte Troika der Regierung in Athen nicht die erforderlichen Reformfortschritte bescheinigen, ist die nächste milliardenschwere Hilfstranche in Gefahr - und dem Land droht die Staatspleite.

Die Gespräche mit den Troika-Experten sollen an diesem Dienstag fortgesetzt werden. Ein Vertreter des griechischen Finanzministeriums äußerte sich zuversichtlich, dass es dann zu einem Durchbruch kommt. Die Regierung werde voraussichtlich an diesem Mittwoch zu einer Kabinettssitzung zusammenkommen und danach eine Erklärung abgeben.

Merkel und Obama führen Krisentelefonat

Unterdessen haben US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel telefonisch über das weitere Vorgehen in der Euro-Krise beraten. Wie das Weiße Haus mitteilte, verständigten sich die beiden Politiker auf eine enge Zusammenarbeit in den kommenden Monaten. Beide Seiten stimmten darin überein, dass in den kommenden Monaten weiterhin abgestimmte Aktionen notwendig seien, teilten das Weiße Haus und die Bundesregierung mit. Es gehe darum, die Erholung der Weltwirtschaft zu sichern.

Den Angaben zufolge wurde in dem Telefonat auch über den Friedensprozess im Nahen Osten gesprochen. Obama habe Merkel für ihre Bemühungen gedankt, Israelis und Palästinenser wieder zu direkten Gesprächen zu bewegen, hieß es.

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