Schuldenkrise:Chinas Premier verspricht Europa und USA neue Hilfen

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Peking blickt besorgt nach Europa und in die USA: Zum Auftakt des Weltwirtschaftsforums in der nordostchinesischen Hafenstadt Dalian kündigt Ministerpräsident Wen Jiabao neue Investitionen an - stellt im Gegenzug aber auch klare Forderungen.

China will Europa und den USA in der Krise mit neuen Investitionen zu Hilfe kommen. Zum Auftakt des "Sommer-Davos" genannten Treffens des Weltwirtschaftsforums in der nordostchinesischen Hafenstadt Dalian forderte der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao aber auch "mutige Schritte" der Europäer gegenüber China, insbesondere die Gewährung des Status als Marktwirtschaft.

Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao auf dem Sommertreffen des Weltwirtschaftsforums, das dieses Jahr einen Besucherrekord verzeichnetet. (Foto: REUTERS)

So solle die Europäische Union die zweitgrößte Volkswirtschaft endlich als Marktwirtschaft anerkennen, was China gewisse Vorteile in Handelsstreitigkeiten geben würde. Im Gegenzug zu weiteren Investitionen im Euro-Raum hoffe er, dass die "führenden Vertreter der Europäischen Union und ihrer wichtigsten Mitgliedsstaaten ihre Beziehungen mit China mutig unter dem strategischen Blickwinkel betrachten", sagte Wen.

Er spielte damit auf die Forderungen seines Landes an, von der EU den Status einer Marktwirtschaft zugesprochen zu bekommen - eine Forderung, der sich die EU bislang verweigert. Er hoffe auf einen "Durchbruch" schon auf dem nächsten EU-China-Gipfel am 25. Oktober in Tianjin in China, sagte er.

Wen wies darauf, dass China ohnehin 2016 in Folge seiner Mitgliedschaft in der Welthandelsorganisation (WTO) international als Marktwirtschaft anerkannt werde. Die Europäer sollten aber schon vorher ihre Ernsthaftigkeit demonstrieren, "in einer Weise, wie ein Freund einen anderen Freund behandelt".

Erhoffte Investitionen in den USA

"Die Weltwirtschaft erholt sich langsam, aber Instabilität und Unsicherheit wachsen", sagte er. Wen zeigte sich gleichwohl zuversichtlich, dass die Europäer und Amerikaner ihre Probleme bewältigen könnten. Sein Land sei bereit, "eine helfende Hand auszustrecken" und mehr in den europäischen Ländern und den USA zu investieren.

Von den USA verlangte Wen eine größere Öffnung ihres Marktes für Investitionen chinesischer Unternehmen. China müsse dann auch nicht mehr soviel seiner Devisenreserven in Höhe von 3,2 Billionen US-Dollar (2,3 Billionen Euro) in US-Staatsanleihen investieren. Etwa zwei Drittel hält China davon in US-Dollar, ein Viertel in Euro. Die Investitionen könnten neue Jobs schaffen. Die USA könnten auch ihre Exporte ausweiten, in dem sie Beschränkungen für die Ausfuhr hochtechnologischer Produkte nach China aufheben.

Wen: China kann Wachstum halten

Vor den Wirtschaftsführern, Politikern und Experten im World Expo Center versicherte der chinesische Regierungschef, dass die Weltwirtschaftskrise und Probleme wie hohe Inflation in China den Entwicklungspfad seines Landes nicht grundlegend änderten. Er mahnte Reformen und Umstrukturierungen an: "Chinas Entwicklung ist noch unausgeglichen, unkoordiniert und nicht nachhaltig."

Nach 10,4 Prozent Wachstum im vergangenen Jahr erwarten Experten in China in diesem Jahr nur noch etwa neun Prozent, weil die Zentralbank wegen der hohen Preissteigerungen die Geldpolitik verknappen muss. Das langsamere Wachstum ist nach den Worten von Wen nicht unerwartet, sondern vor allem das Ergebnis der makroökonomischen Steuerung. China könne aber hohes Wachstum halten, was sein Beitrag zur Erholung der Weltwirtschaft sei, so Wen.

Das "Sommer-Davos", wie die dreitägige Tagung in Anlehnung an das winterliche Forum im Schweizer Luftkurort Davos genannt wird, hat sich in fünf Jahren zum wichtigsten Wirtschaftstreffen in Asien entwickelt. Die Organisatoren in der Sechs-Millionen-Metropole berichteten eine Rekordbeteiligung von 1700 Wirtschaftsführern, Experten und Politikern aus mehr als 90 Ländern.

Mögliche Hilfen der Schwellenländer

Angesichts der zunehmenden Nervosität der Börsen weltweit hatte China bereits in den vergangenen Wochen wiederholt sein Vertrauen in Europa und den Euro bekräftigt. Peking, das einen Großteil seiner Währungsreserven in Dollar angelegt hat, sucht zunehmend nach alternativen Anlagemöglichkeiten.

Hilfe für die Schuldenländer Europas könnte zudem von der Gruppe der Schwellenländer kommen, zu der neben China auch Indien, Brasilien, Russland und Südafrika gehören. Der brasilianische Finanzminister Guido Mantega kündigte am Dienstag an, dass sich die Gruppe in der kommenden Woche in Washington treffen und dort beraten werde, wie sie der EU bei der Bewältigung der Schuldenkrise helfen könne.

© dpa/AFP/fran - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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