Schuldenkrise:Bafin stellt sich gegen Europas Bankenaufsicht

Ein Brandbrief sorgt für Unruhe: Der Chef der europäischen Bankenkontrolleure dringt auf Kapitalspritzen für angeschlagene Institute. Pikant daran ist, dass das Geld direkt aus dem Rettungsschirm EFSF kommen soll. Damit löst er vor allem in Deutschalnd Widerstand aus. Regierung und Bankenaufsicht sind dagegen.

Die deutsche Bankenaufsicht geht auf Konfrontationskurs zur europäischen Aufsichtsbehörde EBA. Denn deren Chef Andrea Enria drängt die Politik, die Kompetenzen des europäischen Rettungsfonds EFSF noch mehr auszuweiten.

Enria hatte den Rat der EU-Wirtschafts- und Finanzminister (Ecofin) aufgefordert, angeschlagene Banken unter Umgehung der nationalen Aufseher mit zusätzlichem Kapital aus dem Fonds auszustatten. Dies sei nicht Aufgabe der EBA, hieß es knapp von einem Sprecher der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Seine Behörde sei nicht einverstanden mit dem Brief, den Enria an die Minister geschrieben hatte.

Enria bereitet laut Financial Times Deutschland ein entsprechendes Schreiben an den Rat vor. Mit direkten Kapitalspritzen würde der EFSF zum Miteigentümer der unterstützten Geldhäuser.

Derzeit darf der Fonds nur Staaten Geld leihen - diese wiederum können es aber an Banken weiterreichen, wie im Fall Irlands geschehen. Wird der Vorschlag umgesetzt, könnte der Rettungsfonds bei Bedarf schneller handeln und notleidende Banken mit einem dickeren Kapitalpolster ausstatten. Die Mehrheit der 27 EBA-Länder habe den Plan bereits gutgeheißen. Deutschland allerdings soll strikt gegen mehr Befugnisse für den EFSF sein.

"Das macht uns große Sorgen"

Enrias Brief ist nicht die erste Mahnung vor Kapitalmangel bei den Banken. Am Wochenende hatte die neue Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, gemahnt, die europäischen Banken dringend mit Geld zu versorgen. Nur so könnten sie den Risiken widerstehen, die angesichts der Schuldenkrise und des schwachen Wirtschaftswachstums drohten.

Der europäische Rettungsfonds verfügt über 725 Milliarden Euro von Euro-Ländern, EU-Kommission und IWF. Er soll 2013 auslaufen und von einem ständigen Krisenmechanismus abgelöst werden.

Ein weiteres Problem könnte Banken drohen, weil sie griechische Staatsanleihen in ihren Bilanzen teils mit womöglich zu geringen Summen abgeschrieben haben. Das schreibt zumindest das internationale Gremium der Rechnungsprüfer, das International Accounting Standards Board (IASB) in einem vertraulichen Brief an die europäische Marktaufsicht ESMA, berichtet die britische Financial Times.

Europäische Banken und Versicherer hatten die Anleihen in ihren Büchern im zweiten Quartal zwischen 21 und mehr als 50 Prozent wertberichtigt. "Das macht uns große Sorgen", zitierte die Zeitung den IASB-Vorsitzenden Hans Hoogervorst aus dem Schreiben. Konkrete Banken seien in dem Schreiben nicht genannt, hieß es in dem Bericht. Die Kritik ziele aber unter anderem auf die französische Bank BNP Paribas und den Versicherer CNP Assurances ab. BNP hatte nur 21 Prozent auf die Papiere abgeschrieben, und zwar nur auf solche, deren Laufzeit nicht über 2020 hinausgeht.

In Deutschland hatte das Institut der Wirtschaftsprüfer (IdW) eine Abschreibung von mindestens 21 Prozent gefordert, den Banken aber die Wahl gelassen, die Staatsanleihen auf den - niedrigeren - Marktwert abzuschreiben. Die Deutsche Bank hatte sich für 21 Prozent entschieden, während die Commerzbank höhere Wertberichtigungen vornahm. Die Versicherer Allianz und Münchener Rück schrieben bis zu 50 Prozent ab.

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