Schürfen als Hobby:Das Gold des Rheins

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Mit Pfannen und Schaufeln ziehen Goldwäscher in Deutschland durch Kiesgruben und waschen das Edelmetall aus dem Fluss. Immerhin: Für ein paar Gramm reicht es.

Inga Rahmsdorf

Jedes Wochenende zieht Franz-Josef Andorf mit Pfanne und Schaufel am Rhein entlang und schürft nach Gold. Stundenlang schaufelt er Kies und schwenkt die Pfanne auf der Suche nach einigen Körnchen des glänzenden Edelmetalls. Goldwaschen ist in Deutschland heute ein Hobby wie Angeln, Golf spielen oder Gartenarbeit - nur nicht ganz so verbreitet.

Wer die Waschpfanne richtig schwenkt und lange genug Kies schaufelt, der hat gute Chancen, einige Körnchen Gold zu finden. In einigen Regionen Deutschlands, wie hier am Rhein, werden sogar Kurse zum Goldwaschen angeboten. (Foto: picture-alliance/ dpa)

"Wer sich auf den Kiesbänken am Rhein auskennt und die richtige Schwenktechnik beherrscht, der findet immer etwas Gold", sagt Andorf. Der 55-Jährige ist ein Profi unter den Goldsuchern. Schon als Kind zog er mit einer alten Bratpfanne und einer Schaufel in der Nähe des badischen Ortes Neuenburg am Rhein entlang. Seitdem hat ihn das Goldfieber nicht mehr losgelassen. Heute gibt er sogar Goldwaschkurse. Denn Rheingold ist nicht nur der Name einer Oper von Richard Wagner und ein Phänomen vergangener Zeiten, sondern heute noch in einigen Abschnitten des Flusses zu finden. Auch in anderen Regionen Deutschlands kann man wie schon vor 2000 Jahren das Edelmetall gewinnen.

Stundenlang schaufeln

Begleitete die Goldsucher vergangener Zeiten allerdings der Traum vom schnellen Reichtum, sind die Funde heute so klein, dass sie nicht viel wert sind. Meist findet Andorf dünne Plättchen, kleiner als zwei Millimeter. Ganz selten sind etwas größere Nuggets darunter. Als erfahrener Goldwäscher gewinnt er an einem Tag etwa ein bis zwei Gramm. Im Gegensatz dazu war der Rhein früher eine Goldgrube. Das Herauswaschen von Gold war einer der ältesten Berufe an dem Fluss.

Bereits die Kelten hatten ihn im dritten Jahrhundert vor Christus ausgeübt. Doch auch für sie war es ein mühsames Geschäft. Um 100 Gramm Gold zu gewinnen, mussten rund 700 Tonnen Sand und Kies gewaschen werden, schreibt der Historiker David Blackbourn, der sich mit der Geschichte der deutschen Landschaft beschäftigt. Der letzte hauptberufliche Goldwäscher am Rhein schmiss Ende des 19.Jahrhundert seine Pfanne hin. Die Begradigung des Flusses hatte dazu geführt, dass sich die Arbeit nicht mehr rentierte. Das Hochwasser kam und ging zu schnell, um etwas anderes zurückzulassen als kleine und nie an derselben Stelle zu findende Ablagerungen.

Heute gehe es bei der Goldsuche nicht um Reichtum, sagt Andorf, sondern um Abwechslung zum Alltag, Bewegung in der Natur, das Erlebnis, selbst Gold zu finden und - ganz wichtig - um die Romantik. Andorf sammelt seinen Schatz in kleinen Röhrchen, beschriftet sie nach Kiesbank und bewundert sie ähnlich wie ein Briefmarkensammler. Verkauft hat er noch nie etwas davon, obwohl er immer wieder Anfragen von Goldschmieden erhält. Sie bieten ihm sogar das Drei- bis Fünffache des Börsenwertes, denn Eheringe aus echtem, handgeschöpftem Rheingold sind gefragt.

Ging es früher bei der Goldsuche nicht immer zimperlich zu, herrscht in den Kiesgruben heute wahre Harmonie. Konkurrenz gebe es nicht, sagt Andorf. "Wir sind froh, wenn einer auftaucht, dann können wir uns unterhalten." Denn entgegen des romantischen Bildes vom Goldsucher, der am Ufer hockt und bedächtig seine Pfanne schwenkt, besteht das Schürfen vor allem darin, stundenlang Kies zu schaufeln.

© SZ vom 16.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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