Schnellkredite im Internet:543 Prozent Zins

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Mini-Kredit zu Maxi-Kosten: Im Internet werden Klein-Darlehen innerhalb von 15 Minuten vergeben. Der ausgewiesene Zinssatz sieht oft günstig aus - doch da gibt es einen Haken.

Andreas Jalsovec

Wer sich hier ein Darlehen besorgt, ist mit seinem Kreditgeber gleich per Du: "Wir können dir in 15 Minuten bis zu 400 Euro überweisen", wird man jovial auf der Internetseite von Kredito.de begrüßt. Zwei Zeilen darunter geht es zur Sache: "Wie viel Geld brauchst du?" Bis zum Kredit sollen es von da nur noch ein paar Mausklicks sein.

Ein Screenshot der Internetseite Kredito.de. (Foto: Quelle: Kredito.de)

Ein Engpass von ein paar hundert Euro am Monatsende? Bei der neuen Kreditplattform kommt man da ausnehmend schnell an Geld - und auf den ersten Blick auch günstig. Denn für die Darlehen, die maximal 30 Tage laufen, weist Kredito.de einen "effektiven Jahreszins" von 0,5 Prozent aus. Wer sich die 400 Euro einen Monat leiht, zahlt 16 Cent Zinsen. Der Haken: Den Kredit bekommt man nur mit "Bonitätszertifikat". Das kostet 49,90 Euro bei einem Darlehen von 400 Euro, bis 200 Euro sind es 29,90 Euro. Rechnet man das mit ein, käme bei einem Leihbetrag von 400 Euro ein jährlicher Effektivzins von 332 Prozent raus. Bei 201 Euro sind es 543 Prozent, hat der gerichtliche Sachverständige für private Finanzierungen Bernd Müller ausgerechnet. "Ein unglaublicher Wert", staunt der Experte.

Britische Internetseiten als Vorbild

Mini-Kredite zu Maxi-Kosten: Dieses Geschäftsmodell gibt es in Deutschland gleich doppelt. Neben Kredito.de versucht Vexcash.com mit dem schnellen Geld für klamme Menschen Profit zu machen. Dort kostet das Bonitätszertifikat 25 Euro. Dafür liegt der ausgewiesene Effektivzins bei zwölf Prozent jährlich.

Vorbild für beide Plattformen sind britische Internetseiten. Anbieter wie "Wonga" (Slang für "Knete") oder Quick Quid ("schnelles Pfund") haben Schätzungen zufolge Darlehen in Milliardenhöhe unters Volk gebracht - auch zu horrenden Kosten. Die "Payday Lender" machen sich zunutze, dass seit der Krise das Geld bei vielen Briten nicht mehr bis zum Ende des Monats - dem Payday - reicht.

Auch Kredito.de zielt auf solche Kunden. "Den Taxifahrer etwa, bei dessen Wagen am Monatsende die Lichtmaschine streikt", sagt eine Sprecherin. Dazu werde mit einem "ausgeklügelten Algorithmus" die Bonität des Kunden geprüft. Ist alles in Ordnung, habe er innerhalb kurzer Zeit den Betrag auf dem Konto. Spätestens nach 30 Tagen muss er es zurückzahlen plus Zinsen und Kosten für das Bonitätszertifikat. Mit dem Geschäft sei man bislang "sehr zufrieden".

Verbraucherschützer sehen die Angebote äußerst kritisch. "Es entstehen extrem hohe Kosten für die Kunden", sagt Frank-Christian Pauli, Finanzexperte beim Bundesverband der Verbraucherzentralen. Selbst Überziehungskredite beim Girokonto seien erheblich günstiger. Die Schnellkredite zielten auf Kunden, die bei der Bank keinen Kredit mehr haben. "Für solche Leute sind diese Darlehen aber Steine statt Brot", warnt Pauli. "Die kurzfristige Verschuldung ist oft die Vorstufe zur Überschuldung."

Was Experten besonders aufstößt: Die tatsächlichen Kosten werden nicht im Effektivzins ausgewiesen. "Das stellt einen Verstoß gegen das Gebot der Preisklarheit und Preiswahrheit dar", sagt Julius Reiter, Düsseldorfer Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht. Nach der Preisangabenverordnung müssen alle Kosten eines Kredits in den Effektivzins eingerechnet werden. Das gelte auch für das Bonitätszertifikat, meint Hochschulprofessor Reiter. Er wertet das Angebot daher als "Verstoß gegen das Bankenaufsichtsrecht und das Wettbewerbsrecht".

Dass solche Kredite dennoch fleißig beworben und vergeben werden, liegt laut Verbraucherschützer Pauli "am fehlenden Verfolgungsdruck für die Anbieter". Die Aufsicht über Preise und Informationspflichten hätten die Preisbehörden der Kommunen. Diese seien nur begrenzt in der Lage, die Anbieter zu überwachen, meint Pauli: "Da ist ein Riesenproblem."

So zeigt eine Studie der Stiftung Warentest, dass auch herkömmliche Geldinstitute bei Krediten oft gesetzliche Informationspflichten ignorieren. Verbraucherschützer Pauli will daher die Rolle der Finanzaufsicht Bafin im Kreditgeschäft stärken. Die verweist darauf, dass sie nicht zuständig sei. Dennoch überprüfe man derzeit Kredito.de und Vexcash.com. Beide Firmen haben keine Bafin-Lizenz, diese sei aber möglicherweise nötig. Offen sei daher, "ob das Kreditgeschäft unerlaubt betrieben wird", so die Behörde. Bei Kredito.de heißt es, man habe alles rechtlich geprüft.

Kunden sollten ihrerseits prüfen, ob es zum Schnellkredit im Internet eine Alternative gibt. Für "absolute Notfälle" empfiehlt etwa das unabhängige Finanzportal Monero.de eher den Gang zum Pfandhaus. Auch dort sei der Kredit zwar alles andere als billig. "Aber im Vergleich immer noch ein Schnäppchen."

© SZ vom 08.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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