Schmutziges Geld:Laster bringt Zaster

Viele politisch unkorrekte Anlagen bieten hohe Renditen und erzielen mehr Ertrag als moralisch anspruchsvolle Investments.

Angelika Slavik

Dan Ahrens wirkt bieder: Der Familienvater raucht nicht, trinkt nur gelegentlich Alkohol, und jeden Morgen kämmt er sein bereits schütter werdendes Haar zu einem Seitenscheitel.

Laster bringt Zaster
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Trotzdem wurde der 41-Jährige schon "König des Bösen" genannt. Denn 2002 gründete der damalige Angestellte einer kleinen texanischen Fondsgesellschaft den Vice Fund (auf deutsch: "Laster-Fonds").

Lust am Spiel ist konjunkturunabhängig

Dessen ausschließliche Investitionsfelder sind Waffen, Alkohol, Zigaretten und Glücksspiel.

"Das Prinzip ist einfach", sagt Ahrens. "Seit Jahrtausenden bekriegen sich die Menschen, sie trinken, rauchen und sie spielen." Diese Branchen seien konjunkturunabhängig - sich bei Investments auf diese Bereiche zu konzentrieren, demnach nur vernünftig.

Die Bilanz scheint Ahrens recht zu geben: Zwischen 2002 und 2006, als Ahrens den Fonds verwaltete, konnten Anleger mit dem Vice Fund das eingesetzte Kapital um jährlich 11,4 Prozent mehren. Der S&P-500-Index, der den amerikanischen Aktienmarkt abbildet, gewann zwischen 2002 und 2006 im Jahresschnitt lediglich 6,6 Prozent hinzu.

Damit hängt der ruchlose Fonds auch ein Aushängeschild der moralisch ausgerichteten Geldanlage ab: Der nach strengen katholischen Richtlinien agierende Ave Maria Fund einer Gesellschaft aus Michigan brachte seinen Anlegern im gleichen Zeitraum nur 9,2 Prozent - und die Gewissheit, nicht von "unchristlichen" Produkten wie der Antibabypille profitiert zu haben.

Die gute Performance des Vice Fund erklärt ein genauerer Blick auf das Portfolio: Den derzeit größten Posten bilden Aktien von Altria, der Muttergesellschaft des Tabakherstellers Philip Morris (Marlboro, L&M). Die Papiere konnten zwischen 2000 und Ende März 2007 mehr als 270 Prozent zulegen. Ähnlich die Bilanz beim Zigaretten-Multi British American Tobacco (BAT): Dessen Aktien legten im gleichen Zeitraum sogar 383 Prozent zu.

Als zukunftsträchtig erwiesen sich spätestens seit den Anschlägen vom 11. September 2001 auch Rüstungsaktien. Während der amerikanische Präsident George W. Bush seine Truppen in den Irak beorderte, legte etwa das Papier des Rüstungskonzerns BAE Systems ordentlich zu: Zwischen März 2003 und Ende 2006 stieg der Aktienkurs um mehr als 300 Prozent. Anteile an den Spirituosenherstellern Diageo und Constellation Brands sowie an den Kasinobetreibern Las Vegas Sand und Wynn Resort ergänzen das lasterhafte Portfolio.

Eine Studie der Universität New Mexico belegt die gute Performance der bösen Aktien auch langfristig: Zwischen 1992 und 2002 beobachteten die Wissenschaftler 55 Titel aus einschlägigen Branchen. Ergebnis: Die Rendite aus Alkohol- und Tabakaktien war doppelt so hoch wie der Börsenschnitt. Die Papiere der großen Glücksspielkonzerne entwickelten sich sogar dreimal so gut.

Geldanlage mit gutem Gewissen

Doch trotz solch beeindruckenden Zahlen widersprechen die Anhänger ethisch korrekter Geldanlagen der These, ihre Investments seien weniger gewinnträchtig: "Der Irak-Krieg hat der Rüstungsindustrie sicher Aufwind verschafft", sagt Walter Kahlenborn vom Forum Nachhaltige Geldanlage, "aber auch mit nachhaltigen Investments lassen sich immer wieder schöne Renditen erzielen."

Zudem würden ethische Anlageformen durch aktuelle Entwicklungen begünstigt: "Die Klimaschutz-Debatte verdeutlicht, dass etwa Umwelttechnik nicht zu Unrecht als Zukunftsbranche gehandelt wird. Das werden die Anleger positiv zu spüren bekommen."

Auch Sabine Pex, Nachhaltigkeitsexpertin bei der HypoVereinsbank, sieht die Öko-Fonds langfristig im Vorteil. "Immer mehr Anleger wollen Geld verdienen und dabei ein gutes Gewissen haben", so Pex. Zudem erwartet sie in den kommenden Jahren eine deutliche Verschlechterung der Rahmenbedingungen für unethische Investments. Das gelte für Glücksspiel-Aktien, die wegen Rechtsunsicherheiten in den USA wie in Europa als sehr risikoreich gelten, ebenso wie für Tabak. Pex: "Vor allem in Europa wird der Konsum von Zigaretten immer stärker reguliert. Der Trend spricht also eher gegen eine nachhaltig positive Entwicklung dieses Industriezweiges."

Solche Argumente halten Fonds-Gründer Ahrens nicht davon ab, erneut auf teuflische Renditen zu spekulieren. Mittlerweile selbständig, legte Ahrens vor kurzem einen eigenen Gaming & Casino Fund auf, der ausschließlich auf Glücksspiel konzentriert ist - trotz des Rechtsrisikos die potenteste der bösen Branchen, wie er glaubt. Auch da unterstützt ihn die Statistik: Der Bloomberg-Las-Vegas-Index (LVI), der ausschließlich Aktiengesellschaften mit Sitz in der Glitzerstadt enthält, legte in den vergangenen zwölf Monaten um etwa 20 Prozent zu, seit sechs Jahren liegt er konsequent über dem S&P 500. Gücksspielunternehmen machen 84 Prozent des LVI aus.

Nischenprodukt

Doch trotz der überzeugenden Rendite sind explizit unethische Investments noch immer ein Nischenprodukt. Der Großteil der Laster-Fonds hat ein Portfolio von weniger als 100 Millionen Dollar. Zudem lassen ethische Bedenken viele Anleger vor einem Investment in sündige Branchen zurückschrecken.

"Es gibt sicher viele Anleger, die aus grundsätzlichen Überlegungen nicht in solche Firmen investieren würden", sagt Wolfgang Matejka, Chefanalyst der Wiener Meinlbank. Vor allem institutionelle Anleger fielen als Investoren aus. Matejka: "Versicherungen und andere Finanzdienstleister leben von ihrer Vertrauenswürdigkeit. Die meisten müssen deshalb auf solche Investments verzichten - aus Imagegründen."

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