Schimmelbildung im Winter:Nicht beim Heizen geizen

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In Millionen Wohnungen wuchern Schimmelkulturen. Ein hausgemachtes Problem, denn drastisches Wärmedrosseln und falsches Lüften lassen die Pilze sprießen.

Aus Sorge vor hohen Energiekosten begehen Millionen Bundesbürger den gleichen Fehler: Sie knausern tagsüber beim Heizen, machen es sich abends mollig warm - und holen sich damit immer öfter den Schimmel ins Haus.

Schimmelbefall ist gerade in der kalten Jahreszeit ein Problem: Je stärker eine Wohnung auskühlt, desto besser blühen die Pilzkulturen. (Foto: Foto: ddp)

Gerade bei klirrender Kälte ist es aber wichtig, gleichmäßig durchzuheizen und viel zu lüften, wie der Leiter des unabhängigen Bochumer Instituts für angewandte Bauwerksdiagnostik (Ifab), Gernot Henrich, erklärt. Das halte die Pilzkulturen draußen und schone sogar den Geldbeutel.

Viele Pilze "blühen" unsichtbar

Falsches Wohnverhalten und übertriebenes Energiesparen trage dazu bei, dass sich Schimmel in schlecht geheizten Häusern massiv ausgebreitet habe, sagt der Energieexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, Christian Michaelis.

Immer mehr Bürger klagen über muffigen Geruch in ihren vier Wänden, über dunkle Flecken an Wänden und Decken, hinter Schränken und Rollladenkästen. Viele merken nichts, weil manche Pilzarten unsichtbar "blühen". Jedes zweite Haus ist nach Einschätzung des Verbands Privater Bauherren (VPB) mittlerweile vom Schimmelpilz befallen. "Eine Massenplage", sagt Gutachter Henrich.

Betroffen sind Neu- wie Altbauten. Auch in Gebäuden, die jahrzehntelang schimmelfrei waren, wuchern nach einem strengen Winter häufig die Kulturen. Vermieter und Mieter streiten dem Deutschem Mieterbund zufolge zunehmend darüber, wer für die Beseitigung aufkommen muss.

Hausgemachtes Problem

Für Ifab-Leiter Henrich ist klar: Die Feuchtigkeitsprobleme in Häusern sind zum Großteil hausgemacht. Was die Pilze drinnen zum Sprießen bringt, ist der unselige Mix aus drastischem Wärmedrosseln und falschem Lüften, so die Erfahrungen des Fachmanns. Bauphysikalische Mängel seien weniger das Problem.

Verbraucher sollten wissen: Je stärker eine Wohnung auskühlt, desto besser können die Pilzkulturen blühen. Wird ein Raum nur noch spärlich beheizt, schlägt sich auf den kalten Wänden unweigerlich die Feuchtigkeit nieder, die beim ganz normalen Wohnen entsteht - durch Schwitzen, Atmen, Duschen, Putzen oder Kochen. Wird aus Furcht vor Wärmeverlust dann auch noch mit dem Lüften gegeizt, ist der Sporenbefall nicht mehr zu stoppen. Die Feuchtigkeit muss aber aus der Wohnung raus.

Sparsamkeit wird etwa dann zum Bumerang, wenn Heizkörper nur noch in einzelnen Räumen laufen, aber die Türen offen stehen. Oder wenn die Heizung aus Sorge über die Energiekosten im ganzen Haus tagsüber radikal heruntergefahren wird. Wenn Schlafzimmer und Bad gerade mal noch zwölf oder 14 Grad warm sind, das Wohnzimmer nur noch 16 Grad. Und wenn die Heizkörper dann wieder voll aufgedreht werden, um die Räume abends wieder warm zu bekommen.

Das ständige Auf und Ab begünstige nicht nur die Schimmelbildung. Es sei auch "energetisch unsinnig und teuer", sagt Henrich. Ausgekühlte Räume brauchten jede Menge Energie, um wieder auf ein angenehmes Raumklima zu kommen. Wer eine Wohnung dagegen konsequent auf mittlerem Niveau durchheizt, kommt nach Berechnungen des Fachmanns billiger davon.

Wer Schimmel draußen und die Energiekosten im Griff behalten will, sollte folgendes beherzigen: die Temperatur in Wohnräumen am besten bei 19, höchstens 21 Grad halten. "Niedriger als auf Stufe zwei sollten die Heizkörper gerade bei klirrender Kälte nicht eingestellt sein", empfiehlt Henrich. Selten genutzte Räume können zwar etwas kühler sein. Die Raumluft sollte aber mindestens noch 16, 17 Grad betragen.

Außerdem müssen die Türen dann zu bleiben. So kann sich die wärmere und feuchtere Luft aus der übrigen Wohnung nicht an den kalten Wänden niederschlagen. Der Temperaturunterschied zwischen Räumen darf wegen der Schimmelgefahr nicht größer als fünf Grad sein.

Lüften, lüften, lüften

Außerdem ist es ratsam, Möbel möglichst nicht an Außenwände zu stellen. Wenn es aus Platzgründen nicht anders geht, sollte wenigstens eine Handbreit Abstand zur Wand bleiben, um Schimmelbildung zu vermeiden.

Fenster nur gekippt oder komplett geschlossen zu halten, um keine Wärme zu verlieren, ist gerade bei Eiseskälte die völlig falsche Strategie. Wichtig ist: lüften, lüften, lüften. Wenn möglich, mehrmals täglich.

Die trockene Winterluft kann besonders viel Wasser aufnehmen und hinausbefördern. Auch wenn viele das bezweifeln: Fünf Minuten Stoßlüften kosten kaum Heizenergie. Frischluft wärmt sich rasch auf. Eine permanent beheizte, gut gelüftete Wohnung verliert weniger Energie als eine kalte.

© DAPD/Berrit Gräber - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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