Süddeutsche Zeitung

Sanieren:Tür zu

Renovieren oder neu kaufen? Wenn Fenster und Türen alt werden, stehen Hauseigentümer vor einer schwierigen Entscheidung. Denn es geht nicht nur um die Energiebilanz.

Von Jochen Bettzieche

Wenn Türen und Fenster nicht mehr ihren Zweck erfüllen, kann es ungemütlich werden. Im schlechtesten Fall geht die Wärme raus und ein Einbrecher rein. Hauseigentümer sollten also gut überlegen, ob sie Fenster und Türen renovieren oder ersetzen.

Wer neue Teile einbauen will, muss gesetzliche Vorgaben beachten. So gibt die Energieeinsparverordnung (EnEV) vor, wie viel Wärme maximal durch geschlossene Fenster und Türen aus dem Inneren des Gebäudes entweichen darf. Eine wichtige Kennzahl ist der sogenannte Wärmedurchgangskoeffizient UW. Der darf bei Fenstern einen Wert von 1,3 Watt pro Quadratmeter Kelvin nicht überschreiten, bei Dachflächenfenstern sind 1,4, bei Haustüren maximal 1,8 vorgeschrieben. Vorsicht: Manche Anbieter geben den Wert UG an. Der bezieht sich allerdings nur auf das Glas. Maßgeblich ist der UW-Wert, der sich auf Glas und Rahmen bezieht.

Allerdings ist der Kompletttausch oft nicht nötig. "Technisch bedingt müssen viele Fenster nicht raus, man kann alte Fenster auch ertüchtigen", sagt Klaus Edelhäuser, Mitglied im Vorstand der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau. Insbesondere Kasten- und Verbundfenster seien oft noch gut in Schuss und bräuchten lediglich neue Dichtungen.

Anders sei das allerdings bei Isolierglasfenstern, bei denen zwischen zwei Scheiben ein Vakuum ist. "Dieses Vakuum wird im Laufe der Jahre gestört, es dringt Luft ein, und dann isoliert es nicht mehr", sagt Edelhäuser. Auch hier empfiehlt er, sich nicht gleich für neue Fenster zu entscheiden. Oft sei es möglich, die Scheiben zu ersetzen. "Nach heutigem Stand der Technik sind neue Gläser beschichtet, und in den Zwischenraum kommt ein Edelgas", erklärt der Ingenieur. Bei Kunststofffenstern aus den Siebzigerjahren hingegen helfe oft nur der Tausch. "Das Material wird im Laufe der Jahrzehnte brüchig", hat Edelhäuser beobachtet.

Käufer sollten auch auf einen guten Einbruchschutz achten

Bei neuen Fenstern ist das Angebot groß. Zur Top-Qualität gehören laut Edelhäuser nach heutigem Stand Holz-Aluminium-Fenster, bei denen auf der Außenseite eine Aluminium-Vorsatzschale das Holz vor Wettereinflüssen schützt. Dafür seien sie aber auch etwa 50 Prozent teurer, Kunststofffenster als Billigvariante wiederum circa 20 Prozent günstiger als Holzfenster. Übertreiben sollten es Hausbesitzer aber nicht: "Die Fenster dürfen nicht zu gut werden", warnt Edelhäuser. Dämmen sie zu effektiv, kann es kritisch werden. Sobald die Fenster weniger Energie durchlassen als die Mauern, sucht sich die Wärme einen neuen Weg nach draußen - durch die Wand. An der sammelt sich dann Kondenswasser, und im Laufe der Zeit kann sich Schimmel bilden.

Nicht so kritisch ist die Haustür, da sie nur eine Öffnung in der Gebäudehülle schließt. Hier gibt sich die EnEV auch mit einem U-Wert von 1,8 zufrieden. Hier spielen bei der Wahl vor allem optische und auch haptische Aspekte eine Rolle - schließlich nehmen die Bewohner den Türgriff fast jeden Tag in die Hand. Dennoch sollten Immobilienbesitzer auf Qualität achten, und die schlägt sich im Preis nieder. "Unter 2500 bis 3000 Euro würde ich vom Kauf abraten", sagt Edelhäuser.

Dabei geht es auch um die Sicherheit. Insbesondere die Fenster, ab und an auch die Haustür sind potenzielle Zugänge für Einbrecher. Kriminalhauptkommissar Josef Heggmeier, Fachberater für Kriminalprävention bei der Kriminalpolizeiinspektion Fürstenfeldbruck, empfiehlt für Fenster und Türen bei Wohngebäuden die sogenannte Widerstandsklasse RC2N: "Dann halten sie lange genug stand, damit die meisten Einbrecher wieder aufgeben."

RC2N bedeutet beispielsweise, dass Fenster mit Pilzzapfen verriegelt werden. Beim Neukauf mache der zusätzliche Schutz etwa 20 bis 30 Euro pro Fenster aus, erläutert der Sicherheitsexperte, und: "Nachrüstung ist teurer, da ist man mit rund 300 bis 350 Euro dabei." Sind sich Immobilienbesitzer nicht sicher, was sie benötigen, können sie sich von den Mitarbeitern der Kriminalprävention beraten lassen. Die Polizisten kommen auch ins Haus, machen eine Bestandsaufnahme, zeigen Schwachstellen und empfehlen geeignete Schutzmaßnahmen.

Allerdings gibt es Ausnahmen: Wer denkmalgeschützte Gebäude besitzt, kann nicht jede energetische Sanierung oder Sicherheitsmaßnahme umsetzen. Gerade dem Tausch von Fenstern und Türen sind enge Grenzen gesetzt. "Hausbesitzer sollten die im zuständigen Landratsamt sitzende untere Denkmalschutzbehörde rechtzeitig in ihre Planungen einbeziehen", empfiehlt Dorothee Ott, Sprecherin beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege. Mitarbeiter des Landesamts berieten Bauherren auch und könnten helfen, eine Lösung zu erarbeiten, die den Anforderungen des Besitzers und der Denkmalpflege genügt.

Die Investition amortisiert sich meist erst nach vielen Jahren

Eigentümer einer Wohnung in einem Mehrparteienhaus müssen noch eine Instanz berücksichtigen: die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG). "Fenster und Wohnungstüren gehören zum Gemeinschaftseigentum", erklärt Holger Freitag, Vertrauensanwalt beim Verband Privater Bauherren in Berlin. Daher müssen die Miteigentümer Maßnahmen zustimmen. Ob eine einfache Mehrheit genügt, eine doppelt qualifizierte oder gar hundertprozentige erforderlich ist, hängt vom Anlass des Tauschs ab.

Wichtig ist für viele Immobilieneigentümer natürlich auch, ob sich der Tausch von Fenstern und Türen finanziell lohnt. Der Branchenverband Fenster und Fassade hat in einer im Jahr 2017 aktualisierten Studie nachgerechnet, wie viel Cent ein Hauseigentümer für jede gesparte Kilowattstunde Energie zahlt. Die Unterschiede sind groß. Zwischen 2,6 Cent bei Einfachverglasung und 13,8 Cent bei der Anschaffung von Verbund- und Kastenfenstern liegen die Werte. Dem müssen die Energiekosten gegenübergestellt werden. Der Verband geht von einem Durchschnittswert von sieben Cent aus.

Die Anschaffung neuer Fenster und Türen amortisiert sich in jedem Fall erst nach einigen Jahren. Eigentümer müssen in der Regel einen fünfstelligen Betrag investieren. Wer das nicht auf dem Konto hat, kann bei der KfW Förderdarlehen oder Zuschüsse beantragen, sowohl für energetische Maßnahmen als auch für Schutz vor Einbrechern. Ist die Finanzierung geklärt, muss nur noch der Handwerker einen Auftrag erhalten. Ingenieur Edelhäuser empfiehlt: "Schreiner können Fenster, Glaser nur Glas."

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Quelle:
SZ vom 25.05.2019
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