S&P: Bonitätswarnung für Italien:Schuldensünder in der Eurokrise

Rückschlag für die Regierung in Rom: Nach dem Warnschuss durch die Ratingagentur S&P wird auch Italien zum Gegenstand der Debatte um die Staatsschulden in der Euro-Zone - und belastet weltweit die Finanzmärkte.

Griechenland, Irland, Portugal, Spanien und nun auch Italien - die Liste der europäischen Sorgenkinder wird immer länger. Denn während Politik und Notenbanken noch immer über Auswege aus der Schuldenmisere Griechenlands diskutierten, überraschte die Ratingagentur S&P mit einem negativen Ausblick für die italienischen Staatsfinanzen. Die Agentur erklärte, sollte das italienische Wirtschaftswachstum weiter schwach bleiben, werde die Regierung in Rom Probleme mit ihren Plänen zur Schuldensenkung bekommen.

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Welches Land kommt als nächstes? Griechenland, Portugal und Irland mussten bereits unter den Euro-Schutzschirm schlüpfen, nun warnt die Ratingagentur S&P die Finanzen Italiens seien ebenfalls nicht gesund.

(Foto: dpa)

Dass S&P der drittgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone mit einer schlechteren Bonitätsnote droht, gibt den Sorgen der Anleger über eine Ausweitung der Schuldenkrise neue Nahrung.

Ausgerechnet jetzt mit Italien ein neues Fass aufzumachen, sei denkbar ungünstig - schließlich gebe es bislang nicht einmal für das Griechenland-Problem eine Lösung, sagt Kathrin Clasen, Rentenanalystin bei der HSH Nordbank. Dazu kommt, dass besonders Italien bei Banken in der Kreide steht, wie eine Grafik im Business Insider zeigt. Italien hat etwa doppelt so viele Schulden bei Banken wie Griechenland, Portugal und Irland zusammen, wie die Zahlen des europäischen Bankenstresstests zeigen. Eine Schuldenkrise in Italien würde das Bankensystem folglich erschüttern.

Die Märkte reagierten prompt: Die Risikoaufschläge für zehnjährige italienische und spanische Anleihen gegenüber den deutschen Papieren mit gleicher Laufzeit kletterten zeitweise auf den höchsten Stand seit Januar.

Auch die Kreditausfallversicherungen (CDS) für die Länder am Rand der Euro-Zone schnellten in die Höhe. Der Euro fiel zum ersten Mal seit gut zwei Monaten wieder unter die psychologisch wichtige Marke von 1,40 Dollar. "Die Anleger sehen die ultimative Gefahr, dass die Euro-Zone auseinanderbricht", sagt Unicredit-Analyst Kornelius Purps.

Noch gilt die fünftbeste Bonität "A+"

Auch die Aktienmärkte gingen weltweit auf Talfahrt: Der deutsche Leitindex Dax rutschte um zwei Prozent ab, während der italienische Leitindex FTSE MIB in Mailand um drei Prozent abstürzte. Der Euro-Stoxx50 verlor zwei Prozent, und auch die US-Börsen starteten schwächer in den Montagshandel.

Für Italien kommt der Warnschuss denkbar ungünstig: Bislang war es dem Mittelmeerland gelungen, sich trotz hoher Verschuldung weitgehend aus der Debatte um die Staatsschulden in der Euro-Zone herauszuhalten.

Seit dem Hinweis der Ratingexperten kommt Rom nun aber nicht mehr darum herum. Demnach wird das Land Probleme mit seinen Plänen zur Schuldensenkung bekommen, sollte das Wirtschaftswachstum weiter schwach bleiben.

S&P senkte den Ausblick für Italien auf "negativ", womit eine Herabstufung des Ratings droht. Noch billigt S&P Italien für langfristige Verbindlichkeiten die fünftbeste Bonitätsnote "A+" zu.

Laut Börsianern ist S&P schon seit jeher gegenüber Italien sehr kritisch. "Die Frage ist nun, ob italienische Anleihen nun auch in den Sog der hohen Risikoaufschläge für griechische und irische Anleihen geraten", sagte ein Händler.

Derzeit rentieren zehnjährige italienische Papiere mit knapp unter fünf Prozent noch weit unter dem Niveau der seit Monaten im Fokus stehenden griechischen oder irischen Pendants, die derzeit mehr als 17 beziehungsweise elf Prozent abwerfen.

"Bankensektor relativ stabil"

Trotz der hohen Nervosität am Markt rechnet HSBC-Trinkaus-Analyst Rainer Sartoris allerdings nicht damit, dass Italien zum nächsten Wackelkandidaten der Euro-Zone aufsteigen wird.

"Die Unruhe mit Blick auf die italienischen Staatfinanzen sollte eher kurzfristiger Natur sein", sagte der Experte. "Insgesamt ist Italien besser durch die Finanzkrise gekommen als manch anderes Land in Europa und der Bankensektor relativ stabil." Die italienische Wirtschaft konnte zuletzt Umsatzsteigerungen verbuchen, auch die Konsumentenstimmung zieht an - allerdings lag sie im Vormonat auf dem tiefsten Wert seit Anfang 2009. Die Konjunkturprognose der Europäischen Union ist für Italien auch deutlich besser als für Griechenland oder Portugal.

Zudem, so Marktbeobachter, liefere die Begründung von S&P keine neuen Informationen. Dass Italien Wachstumsprobleme habe, sei bekannt. Die Konjunkturentwicklung verläuft in dem südeuropäischen Land bereits seit mehr als einem Jahrzehnt nur schleppend. Zur Entspannung rät folglich auch der Blog Credit Writedowns. Zu den bekannten Problemen gehört auch das, worüber der ARD-Radio-Korrespondent vor kurzem berichtet hat: Italiener im öffentlichen Dienst können oft mit 45 Jahren in Rente gehen.

Rückendeckung erhielt Italien am Montag auch von den Ratingagenturen Fitch und Moodys, die im Unterschied zu ihrem Konkurrenten S&P den Ausblick für Italiens Kreditwürdigkeit nicht senken wollen.

"Es gibt derzeit keine Hinweise dafür, dass sich Italiens Haushaltsposition verschlechtert", sagte Fitch-Analyst David Riley zu Reuters. "Die Regierung ist auf dem Weg, ihre Ziele für 2011 zu erreichen und hat sich 2010 etwas besser geschlagen als erwartet."

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