Einbruch der Rohstoffpreise:Versilbern - und abstürzen

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Investoren haben enorme Summe verloren: Der Preis für Silber ist in den vergangenen Tagen dramatisch eingebrochen. Das zeigt, wie tückisch der Markt für das Edelmetall ist - besonders für Kleinanleger.

Nikolaus Piper, New York

Was für ein Versprechen: "Gold mag ein guter Weg sein, sein Vermögen zu wahren. Es ist jedoch Silber, mit dem Sie wirklich reich werden können." Das schreibt David Morgan, ein US-Investor und Silber-Enthusiast, in seinem Newsletter. Man sollte Morgan nicht unterschätzen. Leute wie er hatten zuletzt ein regelrechtes Fieber auf dem Silbermarkt ausgelöst. Im vergangenen halben Jahr stieg der Preis, bis zum 29. April, um nicht weniger als 167 Prozent auf 50 Dollar pro Feinunze - den höchsten Stand seit mehr als 30 Jahren. Ende 2008 war die Unze noch für neun Dollar zu haben gewesen. Kleinanleger träumten bereits von einem Anstieg auf bis zu 150 Dollar.

Auf dem Silbermarkt ummeln sich nicht nur professionelle Investoren und Hedgefonds, sondern auch selbsternannte Experten, Risiko-Süchtige und schlecht informierte Kleinanleger. (Foto: dpa)

Vorige Woche kam dann der Schock: Statt weiter zu steigen, erlebte Silber den steilsten Absturz seit vielen Jahren. Die Feinunze verlor 27 Prozent und wurde zuletzt mit knapp 35 Dollar gehandelt. Anleger, die sich von David Morgan und anderen Gurus hatten leiten lassen und im letzten Augenblick aufgesprungen waren, verloren sehr viel Geld. Der Absturz stand am Anfang einer breiten Korrektur fast aller Rohstoffpreise.

Eigentümliches Geschäft

Silber ist dabei ein ganz spezieller Markt. Auf ihm tummeln sich nicht nur professionelle Investoren und Hedgefonds, sondern auch selbsternannte Experten, Risiko-Süchtige und schlecht informierte Kleinanleger. Die Preisschwankungen sind besonders hoch. Viele Anleger haben ein klares Motiv: Sie wollen ihr Vermögen vor Währungsverlusten und Inflation schützen; sie vertrauen weder dem Dollar noch dem Euro und fliehen daher zu Edelmetallen.

Dies Sicherheitsstreben macht die Anlage aber nicht weniger spekulativ. "Wenn Gold wie ein Casino in Monte Carlo ist, dann entspricht Silber einem einarmigen Banditen in Las Vegas", sagt Andy Smith, Analyst bei der Rohstofffirma Bache Commodities. Zunächst einmal kostet Silber viel weniger als Gold (1500 Dollar pro Feinunze), die Eintrittsschwelle ist somit niedriger. Dann ist der Markt deutlich kleiner, was bei hoher Nachfrage automatisch zu starken Preisausschlägen führt. An der New Yorker Rohstoffbörse Comex werden fünfmal so viele Gold- wie Silberkontrakte gehandelt. Kleine Ursachen können große Wirkungen haben.

Den jüngsten Preisrutsch etwa hat die Chicagoer Börse CME ausgelöst. Die CME, auch Betreiber der New Yorker Comex, verlangte von den Spekulanten höhere Sicherheiten. Einige Investoren konnten nicht mithalten und mussten verkaufen, wodurch sich der Trend umkehrte. Hellhörig hätten die Anleger auch dadurch werden können, dass viele Profis längst ausgestiegen waren. George Soros etwa, der legendäre Investor, hatte seine massiven Silberbestände aufgelöst, weil er glaubt, dass die Politik der US-Notenbank Fed weniger schadet, als er zunächst gedacht hatte.

Silberner Donnerstag

Die Geschichte mahnt ohnehin zur Vorsicht auf diesem Markt. Der letzte Zeitpunkt, als Silber 50 Dollar kostete, war der 17. Januar 1980. Damals hatten die texanischen Brüder Nelson Bunker und William Herbert Hunt versucht, den Markt zu "cornern" - sie wollten also so viel Silber erwerben, dass sie künftig den Preis würden manipulieren können.

Tatsächlich schafften sie es, ein Drittel des weltweit verfügbaren Silbers unter ihre Kontrolle zu bringen. Dann jedoch verlangte die Comex - wie heute - mehr Eigenkapital, welches die Brüder aber nicht hatten. Am 26. März 1980, dem "silbernen Donnerstag", brach der Preis um 50 Prozent ein. Die Hunts standen kurz vor der Pleite und mussten von ihren Banken gerettet werden.

© SZ vom 10.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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