Rettungsbemühungen in der Eurokrise:Ein Anruf, der über Griechenlands Zukunft entscheidet

Der Druck ist gewaltig: Der Internationale Währungsfonds fordert von Griechenland, noch mehr zu sparen. Finanzminister Venizelos reagiert - und will Staatsunternehmen den Geldhahn abdrehen. Zugleich verspricht er seinen Landsleuten, "Erniedrigung und Erpressung" durch das Ausland zu verhindern. Jetzt kommt alles auf ein Telefongespräch an.

Evangelos Venizelos muss Rechenschaft ablegen: In einer Telefonkonferenz mit Vertretern der Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und IWF präsentiert der griechische Finanzminister am Nachmittag die Sparbemühungen seiner Regierung.

Rettungsbemühungen in der Eurokrise: Verspricht neue Einsparungen: Griechenlands Finanzminister Evangelos Venizelos.

Verspricht neue Einsparungen: Griechenlands Finanzminister Evangelos Venizelos.

(Foto: AFP)

Für Venizelos, für Griechenland geht es um viel. Im Anschluss an das Telefonat wird das griechische Kabinett über weitere Schritte beraten. Von der Bewertung der Troika hängt die Auszahlung der nächsten Tranche aus dem Rettungspaket ab, das insgesamt 110 Milliarden Euro umfasst. Experten rechnen damit, dass Griechenland ohne die nächste Rate von acht Milliarden Euro im Oktober zahlungsunfähig sein wird.

Zuletzt hatte der Internationale Währungsfonds (IWF) als eines der Troika-Mitglieder den Druck auf Griechenland massiv erhöht. IWF-Ökonom Bob Traa drängte, dass die griechische Regierung ihren Sparkurs verschärfen müsse, um an die nächste Tranche der Hilfskredite zu kommen. Es seien zusätzliche Schritte nötig, um das Haushaltsdefizit auf ein nachhaltiges Niveau zu senken, sagte Traa, der beim IWF für Griechenland zuständig ist. Das Land verdiene zwar Respekt für seine bisherigen Anstrengungen, es müsse aber noch mehr Fortschritte machen. Der Ball liege nun im Feld der Griechen, entscheidend sei die Umsetzung der Reformen.

Den Ball nahm Venizelos auf: Er verkündete kurz nach der IWF-Drohung weitere Einschnitte, vor allem im Staatssektor. Mehrere Unternehmen, die von staatlichen Subventionen abhängen, sollen bis Ende Dezember die Gelder gestrichen werden. Um welche Firmen es dabei genau geht, sagte er aber nicht.

Für die nahe Zukunft zeigt Venizelos demonstrativ Optimismus: Er will weiterhin 2012 mehr Geld einnehmen als ausgeben. Der Plan, vor der Rückzahlung zunächst einen Haushaltsüberschuss zu erreichen, gelte trotz andauernder Rezession, sagte Venizelos. Für dieses Jahr wird ein Schrumpfen der griechischen Volkswirtschaft um 5,5 Prozent erwartet. Aber das Erreichen des für 2012 gesetzten Ziels sei entscheidend, um "Erpressung und Erniedrigung" Griechenlands durch das Ausland zu verhindern.

Bankaktien auf Talfahrt

Bundesbankpräsident Jens Weidmann hat unterdessen eindringlich vor einem Aufweichen des Reformdrucks auf Griechenland gewarnt. Weidmann sagte im Bundestags-Haushaltsausschuss, wenn das Land sein Anpassungsprogramm nicht umsetze, entfalle auch die Grundlage für weitere Hilfszahlungen. Dieser Zusammenhang sei auch wichtig mit Blick auf andere Länder, die eine solide Finanzpolitik umsetzen müssten. "Die Bundesbank spricht sich grundsätzlich für eine disziplinierende Wirkung des Finanzmarktes aus", sagte Weidmann.

An den internationalen Börsen gaben am Montag vor allem die Bankaktien nach - eine Reaktion auf das enttäuschende Treffen der EU-Finanzminister und ihres US-Kollegen Timothy Geithner am Wochenende im polnischen Breslau. Der Branchenindex rutschte um bis zu 3,4 Prozent ab. Zu den größten Verlierern zählten Société Générale, Barclays und Lloyds mit Kursverlusten von je mehr als fünf Prozent. Deutsche Bank, Commerzbank, Erste Bank und Raiffeisen Bank verloren zwischen vier und fünf Prozent. Geithner hatte von den Europäern gefordert, den Euro-Rettungsfonds EFSF aufzustocken - was die Regierungen der Euro-Länder mehrheitlich zurückwiesen.

"Das einzige Ergebnis des Finanzministertreffens war der Dissens zwischen Europa und den USA", sagte ein Börsenhändler. Dies nähre Spekulationen auf eine baldige Zahlungsunfähigkeit des Landes. Die Banken wären wegen der Menge an griechischen Staatsanleihen und ihren Beteiligungen an Banken des Landes besonders betroffen.

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