Rente mit 67:Fernab der realen Arbeitswelt

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Die Rente mit 67 ist die Vision einer Welt, in der alle im selben Alter das Arbeiten aufhören. Mit der Realität hat das wenig zu tun. Schon heute geht fast jeder zweite Arbeitnehmer vorzeitig in den Ruhestand - und muss Abschläge von der Rente in Kauf nehmen. Wenn sich das nicht ändert, ist die Rente mit 67 eine Rentenkürzung durch die Hintertür.

Thomas Öchsner

Die Rente mit 67 ist eine Vision. Sie zeichnet ein Bild von einer Zukunft in 20 Jahren, in dem alle, von wenigen Ausnahmen abgesehen, im selben Lebensalter in den Ruhestand gehen; ganz egal, was sie und wie lange sie gearbeitet haben. Mit der real existierenden Arbeitswelt hat dies wenig zu tun, das legen jetzt wieder die Zahlen der Rentenversicherung nahe.

Schon heute geht fast jeder zweite Arbeitnehmer vorzeitig in den Ruhestand und muss dafür Abschläge von der Rente in Kauf nehmen. Wenn sich daran nichts ändert, ist die Rente mit 67 nichts anderes als eine Rentenkürzung durch die Hintertür.

Die längere Lebensarbeitszeit ist im Prinzip eine gute Idee. Wegen der ständig steigenden Lebenserwartung sollen alle länger arbeiten, damit die Rentenkasse gefüllt bleibt und die Beiträge für die Jüngeren bezahlbar bleiben.

Die Rente mit 67 ist allerdings ungerecht: Es gibt die schlecht qualifizierten Geringverdiener, die härter körperlich arbeiten, häufiger krank werden, eine geringere Lebenserwartung haben und oft gezwungenermaßen vorzeitig Rente beziehen.

Bleibt es dabei, trifft sie die höhere Regelaltersgrenze überproportional stark, weil ihnen dadurch noch höhere Abschläge drohen und ihr Ruhestand ohnehin kürzer ist als der der Gutverdiener. Diese können, statistisch gesehen, länger arbeiten, länger leben und somit auch viel länger Geld aus der Rentenkasse beziehen.

Das ist noch kein Grund, die Rente mit 67 zu stoppen. Es zeigt aber, wie wichtig es ist, dass Arbeitgeber, Gewerkschaften und Regierung flexiblere Übergänge in die längere Lebensarbeitszeit schaffen. Statt alle gleich zu behandeln, muss sich die Rente mit 67 an die unterschiedlichen Arbeitsleben der Menschen anpassen.

© SZ vom 28.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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