Regierung zur Finanzkrise:Es darf enteignet werden

Die Bundesregierung hat sich auf ein Gesetz geeinigt, das eine Verstaatlichung maroder Banken als letzte Option vorsieht und knappe Fristen setzt. Erste Kandidatin: die Hypo Real Estate.

Claus Hulverscheidt

Die Bundesregierung will erstmals in der deutschen Nachkriegsgeschichte zur Rettung einer angeschlagenen Bank notfalls auch die Enteignung ermöglichen.

Hypo Real Estate; AP

Hypo Real Estate: Der Gesetzentwurf ist genau auf die angeschlagene Immobilienbank zugeschnitten.

(Foto: Foto: AP)

Das geplante Übernahmegesetz für angeschlagene Banken kann nach Angaben aus Regierungskreisen wie geplant am Mittwoch auf den Weg gebracht werden. Die zuständigen Minister hätten am Dienstagabend die noch offenen Punkte geklärt, sagte eine mit den Beratungen vertraute Person nach dem Treffen zu Reuters.

Dabei seien noch stärkere Hürden für eine Enteignung als "ultima ratio" aufgestellt worden. Andere Maßnahmen zur Rettung der Bank und zur Übernahme staatlicher Kontrolle hätten "absoluten Vorrang", hieß es. "Damit wird eine Enteignung der Hypo Real Estate unwahrscheinlicher", sagte ein mit den Beratungen Vertrauter.

Die Spitzenrunde bei Finanzminister Peer Steinbrück einigte sich den Angaben zufolge auf knappere Fristen als geplant, um das Gesetz bewusst nur auf den Fall der angeschlagenen Immobilienbank Hypo Real Estate zuzuschneiden. Das Gesetz zur Übernahme einer Bank soll demnach anstatt bis Jahresende nur bis Ende Oktober gelten.

Der Gesetzentwurf sieht Reuters zufolge vorübergehend auch Eingriffe in das Aktienrecht vor, wenn die Bank staatliche Hilfen in Anspruch nimmt. Damit soll eine Kapitalerhöhung künftig mit einfacher Mehrheit auf einer Hauptversammlung - statt wie sonst üblich mit 75 Prozent Mehrheit - durchgesetzt werden können.

Merkel lehnt Bad Bank ab

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Dienstag erklärt, dass die Regierung die HRE nicht in die Insolvenz gehen lassen werde. Dafür brauche der Staat aber die Kontrollmehrheit. Sie wies Kritik aus der Union zurück. "Wir tun das nicht, um die Marktwirtschaft auszuhebeln. Das ist blanker Unsinn. Wir tun es, um die Marktwirtschaft wieder zum Funktionieren zu bringen".

Um dies deutlich zu machen, will die Regierung den bisherigen Aktionären bei einer späteren Reprivatisierung der Bank ein Vorkaufsrecht einräumen. Merkel lehnte es weiterhin ab, dass der Staat faule Wertpapiere der Banken übernimmt. "Ich plädiere dafür, die Banken nicht aus ihrer Verantwortung zu entlassen", sagte die CDU-Vorsitzende vor Wirtschaftsvertretern in Neubrandenburg.

Im Interesse des Steuerzahlers könne es nicht sein, "das Schlechte zu nehmen und das Gute bei den Banken zu lassen - und dann anschließend zu sehen, dass die Aktionäre vielleicht wieder in die Gewinnmarge hineinkommen und wir auf den Resten sitzenbleiben".

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