Nach Bitte aus Dublin:Euro-Finanzminister helfen Irland

Als erstes Euro-Mitglied wird das angeschlagene Irland unter den Rettungsschirm von EU und Internationalem Währungsfonds schlüpfen. Die EU-Finanzminister einigten sich darauf, dem Land den hohen Milliardenkredit zu gewähren.

Andreas Oldag

Das hochverschuldete Irland wird als erstes Euro-Mitglied unter den Rettungsschirm von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) schlüpfen. Die Euro-Finanzminister einigten sich am Sonntagabend grundsätzlich darauf, dem Land Hilfen aus dem Rettungsfonds zu gewähren.

A woman walks past newspaper headlines posted on a news stand on O'Connell street, Dublin

Nur noch wenige Tage bleiben Irland Zeit: Das Land bittet die anderen Euroländer um Milliardenhilfen.

(Foto: REUTERS)

Wie der irische Finanzminister Brian Lenihan erklärte, gehe es um "mehrere zehn Milliarden Euro" für die angeschlagenen Banken aus dem Euro-Rettungsfonds. Außerdem könnten Mittel für den Staatshaushalt hinzukommen. Genaue Zahlen nannte er noch nicht.

Experten schätzen die Hilfen für Irland auf 40 Milliarden bis 100 Milliarden Euro. Bereits im Mai hatte Griechenland Hilfen von 110 Milliarden Euro erhalten, um seine Schuldenkrise zu bewältigen. Damals gab es den 750 Milliarden Euro umfassenden Rettungsschirm allerdings noch nicht. Nach den Worten von Minister Lenihan gehe es um Kredite, die nicht unbedingt abgerufen werden. Seit Donnerstag nehmen Experten der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) die irische Haushaltslage unter die Lupe.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) begrüßte den Rettungsplan. Er wies darauf hin, dass "strenge Auflagen" Voraussetzung für die Hilfen seien. Diese würden in den nächsten Tagen ausgehandelt, damit die Probleme auch grundsätzlich gelöst würden.

Wie es in Brüssel hieß, setzten sich die Hilfen aus Beiträgen der Eurostaaten, des IWF und des EU-Haushalts zusammen. Außerdem beteiligen sich die Nicht-Euro-Mitglieder Großbritannien und Schweden durch bilaterale Kredite.

Wie in Brüssel verlautete, werde die Prüfung des irischen Finanzbedarfs noch etwa zwei Wochen dauern. Für die endgültige Bewilligung ist ein einstimmiger Beschluss der Euro-Finanzminister notwendig. Die Zinsen, die Irland für die Kredite zahlen muss, dürften um die fünf Prozent liegen. Das ist unterhalb der Marktzinsen, die Dublin gegenwärtig zahlen muss, und entspricht in etwa den Zinsen, die auch Griechenland jetzt für die EU-Hilfe zahlt.

Ausschlaggebend für die Bitte Dublins um Hilfe ist nun offenbar vor allem auch die dramatische Lage bei den irischen Kreditinstituten. Kunden ziehen massenweise ihre Gelder ab. So musste die Großbank Allied Irish Banks (AIB) seit Beginn des Jahres den Abfluss von Einlagen im Werte von 13 Milliarden Euro durch Zentralbankgeld ausgleichen.

"Die Eurozone droht zu zerbrechen"

Weitere Details über die Hilfen will Dublin offenbar erst nach den geplanten Nachwahlen für das irische Parlament am Ende der Woche bekannt geben. Die irische Regierung von Ministerpräsident Brian Cowen von der konservativen Fianna-Fail-Partei kann sich mit dem grünen Koalitionspartner nur noch auf eine dünne Mehrheit im Parlament stützen. Vertreter der oppositionellen Fine-Gael- und Labour-Partei forderten am Wochenende sofortige Neuwahlen. Politische Turbulenzen könnten deshalb die ökonomische Krise im Lande verstärken.

Indes hält die Regierung daran fest, am Dienstag einen Vierjahressparplan vorzulegen, der Haushaltskürzungen von insgesamt 15 Milliarden Euro vorsieht. Dublin will dadurch seine Rekord-Neuverschuldung von 32 Prozent gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) in diesem Jahr bis 2014 auf die in der Eurozone erlaubten drei Prozent drücken. Bei einem BIP von etwa 163 Milliarden Euro ist dies allerdings nach Meinung von Experten ein Kraftakt. Allein für die Rettung des überdimensionierten Bankensystems hat Irland bereits 35 Milliarden Euro ausgegeben. Mindestens weitere 15 Milliarden sind notwendig.

Vor dem Hintergrund der Irland-Krise ist unterdessen die Debatte um die Zukunft des Euro neu entbrannt. "Die Eurozone droht zu zerbrechen", warnte SPD-Chef Sigmar Gabriel in der Bild am Sonntag. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) bezeichnete die Währung dagegen als sicher. Mit dem Euro-Rettungsschirm gebe es ein wirksames Instrument, um die Stabilität der Währungsunion zu sichern, erklärte Brüderle im Magazin Focus. Dagegen äußerte sich der britische Außenminister William Hague skeptisch. Es sei "nicht möglich vorherzusagen, ob die Währung kollabiert", meinte der konservative Politiker. Er sicherte aber Irland Hilfe zu.

Portugals Staatspräsident Aníbal Cavaco Silva sagte am Sonntag, er "hoffe, dass es nicht nötig werde", die EU oder den Weltwährungsfonds um Hilfen zu bitten. Er fügte hinzu, dem US-Präsidenten Barack Obama "sehr gut erklärt" zu haben, dass sich Portugal in einer völlig anderen Lage befinde als Irland und Griechenland. "Portugal hat keine Krisen im Bankensystem, keine Immobilienblase, und die Staatsverschuldung liegt im EU-Durchschnitt." Cavaco Silva erklärte, Obama habe geantwortet, seine Administration erkenne diese Unterschiede sehr wohl.

Zentraler Streitpunkt zwischen der irischen Regierung einerseits und den internationalen Partnern für das Hilfspaket andererseits sind Steuerfragen. Viele EU-Staaten kritisieren die niedrige Körperschaftsteuer in Irland als Wettbewerbsverzerrung in der Euro-Zone. Im Gegensatz etwa zu Portugal und anderen Staaten mit der Gemeinschaftswährung stehen in Irland wesentliche ökonomische Kennzahlen im Plus. Auch die Arbeitslosenquote in Irland, die bislang noch bei 13,6 Prozent liegt, beginnt zu sinken.

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