Reformpläne der Bundesregierung:Was von der Rentenerhöhung übrig bleibt

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Die Koalition hat einiges getan, um eine wichtige Klientel zu bedienen: die Rentner. Doch die jüngsten Vorhaben werden einen großen Teil der Rentenerhöhungen auffressen. Wie sich die Pläne konkret auswirken.

Von Guido Bohsem

Mütterrente und Rente mit 63 - die große Koalition, so heißt es häufig, habe in den ersten Monaten vor allem für die Rentner gearbeitet. Union und SPD wollten damit vor allem die treuesten Wähler belohnen, wird ihnen unterstellt. Doch es könnte sein, dass diese Sichtweise in den nächsten Monaten einer genaueren Überprüfung unterzogen werden muss. Denn die Koalition hält erhebliche Belastungen für Deutschlands Rentner bereit.

Die vor ein paar Wochen gewährte Rentenerhöhung Anfang des kommenden Jahres wird jedenfalls deutlich durch die erste Stufe der geplanten Pflegereform geschmälert. Das ergeben Berechnungen des Professors für Steuerwirkungslehre an der FU Berlin Frank Hechtner für die Süddeutsche Zeitung. Je nach Höhe der Rente werden die Senioren bis zu 40 Prozent des zusätzlichen Geldes wieder abgeben müssen. Anders als Arbeitnehmer müssen Rentner den geplanten Anstieg der Pflegebeiträge um 0,3 Punkte auf 2,35 Prozent vom Bruttoeinkommen nämlich ganz alleine zahlen. Die Rentenversicherung schießt für die Pflege keinen Cent zu, sondern beteiligt sich nur an der Krankenversicherung.

Mehr als 20 Prozent der Erhöhung fallen weg

Betrachtet man zum Beispiel einen westdeutschen Senior mit einer Rente von 800 Euro: Nach Hechtners Berechnungen stiegen dessen Altersbezüge zum Juli um 13,55 Euro. Mit Beginn des neuen Jahres bleiben davon nur noch 9,55 Euro. Der Rest, gut 20 Prozent, geht für die Pflegeversicherung drauf. Wer als West-Rentner ein Einkommen von 2000 Euro hat, muss mit besonders hohen Abzügen rechnen. Er zahlt 40 Prozent der jüngsten Rentenerhöhung in die Pflegeversicherung ein. Bei einer Rente von 1500 Euro frisst der höhere Pflegebeitrag ganze 33,5 Prozent des Rentenplus auf.

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:Rente mit 63 möglicherweise verfassungswidrig

Es lief alles ziemlich gut für Arbeitsministerin Nahles' wichtigstes Projekt. Doch nun sagen Experten, dass die Ausnahmen bei der Rente mit 63 gegen das Grundgesetz verstoßen könnten. Beobachter glauben, dass das Gesetz bald vor den Sozialgerichten landet - und dann beim Verfassungsgericht.

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Nicht viel besser sieht es in Ostdeutschland aus. Dort wurde die Rente im Juli etwas kräftiger aufgestockt als im Westen, und deshalb fallen auch die Belastungen etwas niedriger aus. Wer also ursprünglich 800 Euro erhielt, darf sich noch bis Ende des Jahres über zusätzliche 20,24 Euro freuen. Von Januar 2015 an gehen davon allerdings 4,54 Euro - das sind etwa 13,5 Prozent - an die Pflege. Mit einem Einkommen von 2000 Euro wird ein Rentner 35,5 Prozent der Rentenerhöhung in höhere Beiträge stecken. 27,8 Prozent der zusätzlichen Rente gehen bei einem Rentner mit 1500 Euro Einkommen drauf.

Rentenplus fällt schmal aus

Doch das dürfte nicht das einzige Ärgernis sein, das die 20 Millionen Rentner im kommenden Jahr erleben werden. Nach Berechnungen der Rentenversicherung wird das für 2015 anstehende Rentenplus wohl sehr schmal ausfallen. Das Rentenpaket der großen Koalition mit Mütterrente und Rente mit 63 werde den möglichen Anstieg der Bezüge jedenfalls um 1,4 Prozentpunkte senken. Das ergebe sich aus der gültigen Berechnungsformel für die Renten. Wie viel dann tatsächlich noch übrig bleibt, konnte die Behörde noch nicht beziffern. In diesem Jahr stiegen die Renten um 1,67 Prozent im Westen und um 2,53 Prozent im Osten.

Da können die Rentner zufrieden sein, dass die nächste Erhöhung der Pflegebeiträge um 0,2 Punkte erst 2017 und nicht schon ein Jahr früher kommen wird. Das jedenfalls kündigte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) an diesem Wochenende an.

© SZ vom 21.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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