Reform des IWF:Mehr Macht für China und Indien

Die Finanzminister der G 20-Länder haben sich auf eine Reform des Internationalen Währungsfonds geeinigt. IWF-Chef Strauss-Kahn würdigte die Reform als "sehr historisch". Neue Global Player wie Indien und China sollen mehr Einfluss bekommen.

Die Machtverhältnisse beim Internationalen Währungsfonds (IWF) werden neu geordnet. Boomende Volkswirtschaften wie China und Indien erhalten künftig mehr Einfluss bei der globalen Finanzinstitution und Krisenfeuerwehr, andere Länder geben Macht ab. Darauf haben sich nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa die Finanzminister und Notenbankchefs der führenden Wirtschaftsnationen (G20) am Samstag in Südkorea verständigt.

Jahrestagung von IWF und Weltbank

IWF-Präsident Dominique Strauss-Kahn (rechts) neben dem ägyptischen Finanzminister Youssef Boutros-Ghali Anfang Oktober bei einer Pressekonferenz in Washington.

(Foto: dpa)

Damit ist vor dem Weltfinanzgipfel der G20-Staats- und Regierungschefs in drei Wochen in Seoul zumindest ein großer Streitpunkt ausgeräumt. Die Neuordnung der Stimmrechte und Anteile der 187 Mitgliedstaaten ist eine der tiefgreifendsten Reformen in der Geschichte des IWF. Damit soll sich das wachsende Gewicht boomender Schwellenländer in der Weltwirtschaft auch beim Währungsfonds widerspiegeln. Andere, bisher überrepräsentierte Staaten verlieren an Einfluss. Auch Deutschland war zuletzt bereit, IWF-Quotenanteile abzugeben.

An dem zweitägigen G20-Finanzministertreffen in Gyeongju , das am Freitag begonnen hatte, nahmen auch IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn und Weltbank-Präsident Robert Zoellick teil. Die Reform des IWF, dessen Bedeutung mit der Finanzkrise erheblich zugenommen hatte, soll 2011 in Kraft treten. Der IWF überwacht weltweit die Finanzsysteme, um bei Zahlungsproblemen von Regierungen oder bei einem drohenden Staatsbankrott einzugreifen.

Bis zuletzt gab es erhebliche Differenzen zwischen Europäern, den USA und Schwellenländern. Es ging nicht nur um eine Umverteilung der IWF-Quoten von über- zu unterrepräsentierten Ländern, sondern auch um neue Abstimmungsregeln sowie Spitzenpositionen. Die USA wollten den Einfluss der Europäer im IWF-Verwaltungsrat begrenzen. Bei den G20-Verhandlungen zeichnete sich ab, dass es auf absehbare Zeit weiter bei 24 Sitzen im IWF-Exekutivdirektorium bleibt und die Zahl nicht auf 20 Posten verkleinert wird. Die Europäer waren bis zuletzt aber bereit, zwei Sitze in dem Führungsgremium abzugeben. Sie kamen - einschließlich der Schweiz - bisher auf neun Sitze. Deutschland behält jedoch seinen Position in dem Gremium.

Bei der Umverteilung der Länderquoten ging es zuletzt um 5,5 bis 6,5 Prozentpunkte zugunsten vor allem von dynamischen Schwellenländern. Auch bisher unterrepräsentierte Industrieländer sollen mehr Einfluss erhalten, aber etwas langsamer als Schwellenländer. Für die ärmsten Länder der Welt könnte es einen Schutzmechanismus und einen Mindestanteil geben. Größter IWF-Eigner bleiben die USA. Sie hatten zuletzt einen Anteil von rund 17 Prozent. Deutschland kommt bisher auf 6,1 Prozent. Nach neueren Zahlen wären es 5,7 Prozent.

Deutschland gehört wie viele europäische Länder zu den IWF-Eignern mit zu starker Präsenz. Die meisten Schwellenländer sind unterrepräsentiert. China käme bei der noch nicht endgültig umgesetzten Quotenreform von 2008 auf Stimmrechte von 3,7 Prozent - zu wenig für den Exportweltmeister und die inzwischen zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt. Es gibt auch überrepräsentierte Schwellenländer wie Saudi-Arabien. Die EU hatte zuvor einen Verzicht auf die bisherige Machtteilung zwischen Europäern und den US-Amerikanern ins Spiel gebracht. Dies betrifft die bisher übliche Regel, wonach der IWF-Chef aus Europa und Weltbank-Präsident aus den USA kommt.

Brüderle: "Angenehm überrascht"

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle und Bundesbank-Präsident Axel Weber haben sich hochzufrieden mit den Ergebnissen des G20-Ministertreffens im südkoreanischen Gyeongju geäußert. "Ich bin angenehm überrascht", sagte Brüderle nach Ende des Treffens. "Es ist mehr auf den Weg gebracht worden, als wir auf der Herreise erwartet haben", sagte er. Weber sagte, die Regulatoren im Finanz-Stabilitätsrat (FSB) seien "ein gutes Stück vorangekommen", was die Finanzmarktregulierung angehe. "Wir sind wirklich auf der Schlussgerade als Regulatoren beim Eigenkapital, bei der Liquidität", sagte er. Nun müssten die Regeln, wie Basel III, zeitnah von den Gesetzgebern umgesetzt werden. Nur so komme es zu mehr Finanzstabilität.

Als Erfolg wertete Brüderle insbesondere die überraschende Einigung auf eine IWF-Reform in der G20. Es gehe hier immerhin um die größte Reform des IWF seit dessen Errichtung vor mehr als 60 Jahren. Ebenfalls positiv wertete es Brüderle, dass der Vorschlag von US-Finanzminister Timothy Geithner abgewiesen wurde, klare Zeit- und Volumenvorgaben für den Abbau von Überschüssen in der Leistungsbilanz zu unterbreiten. Das sei in der G20 nicht übernommen worden. Brüderle warnte mit Blick auf die US-Position, diese Probleme mit "planwirtschaftlichen Elementen" lösen zu wollen. Das habe Geithner mit dem Vorschlag von Zahlen- und Zeitvorgaben "quasi" getan. Nötig sei aber, die Probleme durch marktwirtschaftliche Prozesse zu lösen.

Bundesbank-Präsident Weber zeigte sich zufrieden mit den Fortschritten auf dem Weg hin zu mehr Stabilität und Krisenbeständigkeit im Bankenbereich. Es gebe aber noch zwei Bereiche, die der Lösung harrten. Es gehe einmal um das Problem der großen systemrelevanten globalen Finanzinstitute. Hier müssten noch Mechanismen gefunden werden, wie man sich gegen von diesen ausgehenden Risiken schütze. Bis spätestens Sommer, "je früher desto besser", sollen vom FSB hier konkrete Vorschläge kommen. Bis dann soll auch die Liste der Institute genannt werden, die als solche globale systemrelevante Institute gelten. Für Deutschland gebe es "einen ganz klaren Kandidaten" dafür, sagte Weber, offenbar in Anspielung auf die Deutsche Bank. Als zweites stehe noch eine Regulierung der "Schattenbanken" an. Es müsse mehr Licht in diesen Bereich gebracht werden, um mehr Stabilität zu schaffen.

Hauptaufgabe des Treffens in Gyeongju war die Vorbereitung des G20-Gipfels der Staats- und Regierungschefs in Seoul in gut zwei Wochen. Mit schärferen Eigenkapitalanforderungen für Banken soll dort ein weiteres Element der Finanzmarktreformen beschlossen werden, mit denen die Weltwirtschaft weniger anfällig für Finanzkrisen wie die letzte werden soll. Daneben wird es erneut um ein globales finanzielles Sicherheitsnetz für krisengefährdete Länder gehen, um den Streit über unterbewertete Währungen in der Welt, wie den chinesischen Yuan und den Dollar, sowie um mehr Balance in der Weltwirtschaft.

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