Reden wir über Geld mit Hermann Bühlbecker:"Viele Politiker essen gerne Süßes"

Hermann Bühlbecker gilt als Deutschlands Keks-König. Seine Produkte vermarktet er auch über Kontakte zu Weltstars und Politikern. Ein Gespräch über Prominenten-Partys sowie die Frage, welches Gebäck Staatsmänner wie Clinton oder Sarkozy am liebsten essen.

Alexander Hagelüken und Steffen Uhlmann

Gestern New York, heute Abend zur Zentrale in Aachen. Beim Zwischenstopp in einer kargen Lounge des Berliner Flughafens Tegel redet Hermann Bühlbecker (Lambertz-Gruppe) über sein ungewöhnliches Geschäftsmodell. Der 61-Jährige stellt nicht einfach nur mit seiner Firma Kekse, Printen, Mozartkugeln und anderes Backwerk her. Er vermarktet seine Produkte über Partys und Wohltätigkeitsveranstaltungen, über Kontakte zu Promis in aller Welt - von Bill Clinton über Mario Adorf bis zu Shawne Borer-Fielding (der Ex-Botschaftergattin und Fast-Miss-America). In all den Jahren hat sich Bühlbecker zur Nummer zwei der deutschen Keksbranche hochgebacken.

Westerwelle eröffnet Anuga

Keks-König Hermann Bühlbecker probiert gemeinsam mit Guido Westerwelle ein paar Plätzchen.

(Foto: dpa)

SZ: Herr Bühlbecker, reden wir über Geld. Es gibt schlechte Nachrichten: Im vergangenen Jahr waren Sie noch auf Platz 260 in der Liste der 500 reichsten Deutschen, jetzt taucht Ihr Name nicht mehr auf. Was ist passiert?

Bühlbecker: Nichts, ich lebe. Die Leute vom Manager Magazin haben offensichtlich keine verwertbaren Daten über mich gefunden, und das war diesmal auch nicht unbeabsichtigt.

SZ: Ärgert Sie das?

Bühlbecker: Nein. Was mich ärgerte, waren die warmen Tage im September. Damit wurde der Start in die Saison erheblich beeinträchtigt.

SZ: Wieso?

Bühlbecker: Wenn es im September und Oktober warm ist, kaufen die Leute weniger Dominosteine oder Lebkuchen. Früher waren das reine Weihnachtsprodukte, heute sind das auch Herbstprodukte, und die brauchen eine kühle Stimmung. Aber ganz so schlimm war es dann doch nicht. Die kühlen Tage sind ja jetzt gekommen.

SZ: Dabei haben Sie die Preise für saisonale Backwaren gleich mal um zehn Prozent erhöht. Merkt das kein Kunde?

Bühlbecker: Sie haben sich schlecht informiert. Die Preise wurden um bis zu zehn Prozent erhöht. Die Erhöhung lag bei den meisten Artikeln deutlich unter zehn Prozent. Wenn die wichtigsten Rohstoffe, wie Zucker, Mehl, Butter, Kakao, und auch Verpackungen seit zwei Jahren in die Höhe gehen, müssen wir nachziehen.

SZ: Weil es sich sonst nicht rechnet für die Keksbranche? Die Umsatzrendite fällt angeblich mit höchstens einem halben Prozent schon jetzt gering aus.

Bühlbecker: Den Prozentsatz kann ich nicht bestätigen, aber der Druck ist immens. Der Wettbewerb ist groß, und der Handel bemüht sich, im Interesse des Verbrauchers, die Ladenverkaufspreise so tief wie möglich zu halten.

SZ: Wohin rinnt das Geld, das bei über einer halben Milliarde Euro Umsatz übrig bleibt?

Bühlbecker: Alles, was wir erwirtschaften fließt ins Unternehmen, in unsre sechs Fabriken, in unsre Firma in Polen und in unsre neue Gesellschaft in den USA. Mit über 60 Prozent Eigenkapital haben wir eine solide Basis für einen Heimatmarkt, der Vor- und Nachteile hat.

SZ: Welche?

Bühlbecker: Süßwaren sind bei uns lange nicht so krisenanfällig wie andere Produkte, aber sie geben kaum noch großes Wachstum her. Darum wachsen wir fast ausschließlich international, vor allem in Osteuropa und Amerika. Wir haben jetzt bei großen Handelsketten in den USA den Fuß in der Tür.

SZ: Für einen Keksfabrikanten sind Sie sehr schlank. Wie geht das?

Bühlbecker: Bewegung, Tennis mindestens einmal in der Woche. Ich habe früher einige Jahre in der höchsten deutschen Klasse gespielt. In meiner Jugend war ich als Mittelrheinmeister mit Jürgen Fassbender in einem Team.

SZ: Warum sind Sie nicht wie Fassbender Profi geworden?

Bühlbecker: Ich wollte studieren, aber beides ging nicht. Trotzdem hab' ich weiter Tennis gespielt. Mein erstes Auto kaufte ich von meinem Geld als Tennistrainer, und mein Studium habe ich mir mit den Tennisprämien finanziert. Das war für mich bislang die angenehmste Art, Geld zu verdienen.

"Ich mache das wie ein Weintester"

SZ: Besser als die Süßwaren? Wie viel von ihren Produkten essen Sie am Tag?

Bühlbecker: Ich greife vielleicht ein Dutzend Mal täglich zu, auch zu unserem besonderen Vitalkeks. Aber ich mache das wie ein Weintester . . .

SZ: . . . Sie gurgeln nur und spucken wieder aus? Wie geht das mit Keksen?

Bühlbecker: Nein, nein, ich esse sie schon richtig, denn ich muss den Geschmack prüfen, aber ich esse nicht auf.

SZ: Sind Sie der oberste Verkoster?

Bühlbecker: Das Bestimmen neuer Geschmacksrichtungen überlasse ich unseren Experten. Aber probieren muss ich schon, wenn wir in Neues investieren.

SZ: Auf Ihren Veranstaltungen tuscheln Sie mit Promis aller Art.

Bühlbecker: Tuscheln? Ich weiß nicht, was Sie meinen. Ich kommuniziere mit meinen Gästen, auch den prominenten, aber das meiste . . .

SZ: . . . ist unverfängliches Gelaber, wie das so ist auf solchen Partys, oder?

Bühlbecker: Es ist wie immer im Leben, bei manchen Leuten bleibt es bei einem netten Hallo, zu manchen anderen entwickelt sich eine tiefe Freundschaft.

SZ: Mit wem meinen Sie, befreundet zu sein?

Bühlbecker: Sicherlich mit Chris de Burgh und dessen Tochter Rosanna, vielleicht auch mit Elton John, sicher mit Nastassja Kinski. Sie meldet sich schon seit Jahren, wenn in Aachen das größte Reitturnier der Welt stattfindet.

SZ: Und dann kommt sie?

Bühlbecker: Und bleibt gern ein paar Wochen, manchmal noch länger. Aber es kommen auch andere zu meinen Events, mit denen ich gut bekannt, aber nicht befreundet bin. Ich bin vorsichtig mit dem Wort Freundschaft. Es wird gerade in Promi-Kreisen inflationär gebraucht.

SZ: Vor allem, wenn man dabei sein will und vom Veranstalter nicht eingeladen oder vergessen worden ist.

Bühlbecker: (lacht) Oh, da könnte ich einige Geschichten erzählen - von den Anrufen, wenige Tage vor meinen Events. Wer da nicht alles noch kommen will und plötzlich seine Freundschaft zu mir entdeckt.

SZ: Wie kriegen Sie bekannte Namen?

Bühlbecker: Durch jahrelange persönliche Kontakte. Fragen Sie etwa Mario Adorf oder Dita von Teese, die als besonders schwierig gilt. Sie kommen mir zuliebe und sagen das auch ins Mikrofon.

SZ: Darum gehen Sie auch selbst zu vielen Veranstaltungen und Partys, oder? Wie hat das angefangen?

Bühlbecker: Mitte der neunziger Jahre nahm mich eine deutsche Schauspielerin mit nach Cannes zu den Filmfestspielen. Dort war ich unter anderem auf der Aids-Gala von Liz Taylor, habe mich mit ihr unterhalten und bin danach Mitglied des Kuratoriums geworden.

SZ: Was ist denn die interessanteste Party Europas?

Bühlbecker: Neben der Aids Gala vor allen Dingen der White Tie & Tiara Ball von Elton John in London. Da trifft man Sharon Stone, Lady Gaga, Lakshmi Mittal, Roger Federer, aber auch Mitglieder des englischen Königshauses.

SZ: Und welche anderen deutschen Unternehmer außer Ihnen?

Bühlbecker: Gesehen habe ich nicht viele.

SZ: Sie sehen aus wie der Omar Sharif der Zuckerbäcker. Wie viel von Ihrer Freizeit geht für die ganzen Veranstaltungen drauf?

Bühlbecker: Nahezu 100 Prozent. Ich fliege etwa 150 000 Meilen im Jahr.

SZ: Aber nur mit Bussi, Bussi ist noch niemand reich geworden.

Bühlbecker: Das hab' ich mal gesagt, oder? Das stimmt! Das Wichtigste ist die Qualität unserer Produkte. Darauf kann man dann Marketingstrategien entwickeln. Wir bevorzugen nicht die klassische Werbung, sondern wir schaffen kreative Anlässe, über die dann gerne berichtet wird.

"Das ist wirklich unbezahlbare PR"

SZ: Und so backen Sie die Hochzeitstorte von Ivana Trump ...

Bühlbecker: ...und die Fernsehsender berichten, wie eine so große Torte hergestellt und nach Amerika transportiert wird. Das ist wirklich unbezahlbare PR.

SZ: Lässt sich einer wie Bill Clinton von Ihnen einfach als Krümelmonster einspannen?

Bühlbecker: Nein, nie! Hinter meinem Engagement bei seiner Global Initiative in New York mit mehr als 50 Staatschefs und Unternehmern wie Carlos Slim und Schauspielern wie Brad Pitt steht der Wille, Gutes zu tun für Menschen, die nicht auf der Sonnenseite stehen.

SZ: Sie kennen inzwischen den ehemaligen US-Präsidenten Clinton, Bill Gates oder den Milliardär Carlos Slim. Kennen die Ihre Printen?

Bühlbecker: Ja, sie kennen unsere Produkte. Clinton und viele Politiker, wie zum Beispiel Ex-Außenminister Colin Powell, essen grundsätzlich gerne Süßes. Auch der französische Staatspräsident Sarkozy schrieb mir - wie viele andere Staatspräsidenten auch - einen persönlichen Brief, nachdem er unsere Gebäcktruhe erhalten hatte.

SZ: Diese Promi-Schiene kann auch gefährlich werden. Etwa zur falschen Zeit zu viele Fotos von Ihnen mit Verona Pooth, deren Mann pleiteging und wegen Bestechung vor Gericht stand.

Bühlbecker: Mit Verona Pooth und ihrem Mann fühlen wir uns seit vielen Jahren freundschaftlich verbunden. Das ist daher für mich kein Thema. Aber grundsätzlich muss man immer darauf achten, bei wem man wie lange stehen bleibt, da man damit rechnen muss, dass Fotos gemacht werden.

SZ: Spielen Sie mit Prominenten Tennis?

Bühlbecker: Öfters, zum Beispiel mit George Soros. Steven Schwarzman von der Private-Equity-Firma Blackstone ruft immer an, wenn er im Sommer in St. Tropez ist. Der spielt sehr aggressiv . . .

SZ: . . . wie er Geschäfte macht. Wer siegt?

Bühlbeckers PR-Agent: Herr Bühlbecker.

SZ: Deutscher Mittelständler schlägt Heuschrecke. Großartig.

Bühlbecker: Das ist mir zu persönlich. Ich vermarkte nicht mich als Privatperson, sondern ich stehe immer für mein Unternehmen - die Marke.

SZ: Aber dafür nutzen Sie alle Kanäle.

Bühlbecker: Wir verfügen über ein großes Netzwerk in den Bereichen Politik und Wirtschaft. Auch dem Bundespräsidenten sind wir bekannt. Für viele Menschen bieten wir abwechslungsreiche Veranstaltungen. Nur ist das nicht das eigentliche Leben.

SZ: Was ist das eigentliche Leben?

Bühlbecker: Das ist der schnöde Kampf eines Mittelständlers, die eigene Firma am Markt zu halten. Diesen Kampf führe ich seit 1977, als ich mit 27 Jahren das Familienunternehmen übernommen habe.

SZ: Wie war das?

Bühlbecker: Damals war die Firma relativ klein und bei 16 Millionen D-Mark Umsatz hoch verschuldet. Onkel, Tante und Mutter waren sich als Gesellschafter einer OHG nicht immer einig. Ich wollte zu diesem Zeitpunkt noch nicht ins Unternehmen. Aber mein Onkel meinte: "Wenn du jetzt nicht kommst, brauchst du gar nicht mehr zu kommen. Wir sind dann nicht mehr am Markt." Ich erinnere mich immer an den schweren Anfang und bin auch heute nach jeder Abend-Veranstaltung wieder morgens früh am Schreibtisch.

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