Reden wir über Geld (21): Franz Konz:"Die Finanzbeamten quälen uns"

Steuertipp-Autor Franz Konz über seine Rache am deutschen Staat, Erlebnisse im Gefängnis und warum er seine Bestseller nicht mehr selbst schreibt.

Thomas Öchsner

Die Haustür von Deutschlands bekanntestem Steuer-Ratgeber öffnet Ehefrau Narine. Während Franz Konz, 82, Autor des Bestsellers "1000 ganz legale Steuertricks", noch ein bisschen auf sich warten lässt, führt seine um mehr als die Hälfte jüngere Gattin in den Garten der Villa. Frauenskulpturen aus weißem, italienischen Marmor, ein Teich mit Goldfischen und japanischen Koi, Kräuter- und Gemüsebeete. Ein Wasserfall plätschert - auf Knopfdruck per Fernbedienung. "Mein Mann", sagt Narine Konz, "füttert nicht so viel wie ich. Er will nicht, dass die Fische fett werden." Und da ist er auch schon. Franz Konz, braungebrannt, in Trainingshose und Sweatshirt. Ein kleiner straffer Mann mit festem Händedruck. Konz hat mehrere Seiten Notizen in winziger Handschrift mitgebracht.

Reden wir über Geld (21): Franz Konz: "Lasst euch nicht düpieren!", rät Steuer-Guru Franz Konz den Deutschen.

"Lasst euch nicht düpieren!", rät Steuer-Guru Franz Konz den Deutschen.

(Foto: Foto: dpa)

SZ: Was ist Ihr Lieblingssteuertipp?

Franz Konz: Der ist ganz einfach. Ich rate den Millionen Singles da draußen im Lande: Heiratet, dann spart ihr einen Haufen Steuern und schmeißt dem gierigen Staat kein Geld zur großen Verschwendung in den Rachen. Ich bin dafür ein noch besseres Beispiel als Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder. Mit 80 habe ich zum fünften Mal geheiratet.

SZ: Heiraten, nur mit Ehevertrag?

Konz: Die Tendenz geht doch dahin, ich sage mal zeitgebunden zu heiraten. Die Ehen sind oft von eher kurzfristiger Natur. Der Partner ist - wie sagt man da?

SZ: Lebensabschnittspartner...

Konz: Lebensabschnittspartner, genau. Das setzt sich mehr und mehr durch. Deshalb mein Rat: Wer den Lebensabschnittspartner heiratet, sollte einen Ehevertrag abschließen, damit sich keiner am Ende des Lebensabschnitts benachteiligt fühlt.

SZ: Haben Sie schon einmal einen Steuertipp bereut?

Konz: Überhaupt nicht.

SZ: Aber es funktionieren doch nicht alle Ihrer Steuertricks. Nehmen wir mal Randziffer 289. Da empfehlen Sie Arbeitnehmern, die Kosten für einen Anzug geltend zu machen, den man sich auf dem Parkplatz seines Arbeitgebers bei einem Sturz auf dem Eis zerrissen hat. Da lacht doch mein Finanzbeamter nur, wenn ich mit so etwas komme.

Konz: Probieren sollten Sie das schon, Sie sollten es nur nicht übertreiben. Wer dreimal hintereinander einen neuen Anzug absetzen will, weil er den alten an der Schreibtischkante beschädigt hat, wird natürlich scheitern.

SZ: Es ist also Phantasie gefragt.

Konz: Phantasie und Geschick. Natürlich sollte ein Steuerzahler nicht mit meinen, nicht immer sehr freundlichen Worten aus den Büchern einen Antrag beim Finanzamt stellen. Leider sind aber die meisten Deutschen zu obrigkeitshörig. Die akzeptieren das, was das Finanzamt ihnen mitteilt, wie das Amen in der Kirche. Da kann ich nur sagen: Lasst euch nicht düpieren! Legt Einspruch ein! Der kostet euch nichts. Lasst euch nicht alles gefallen! (Er haut mit der Hand auf den Tisch) Ich bin dafür, die Beamten auf Teufel komm raus zu beschäftigen. Die müssen keine Zeit mehr haben, uns zu quälen, zu kujonieren und uns das Leben schwer zu machen.

SZ: Das klingt ziemlich böse. Woher kommt Ihre Wut auf den Steuerstaat?

Konz: Es kann schon sein, dass da noch eine Verletzung tief in mir steckt. Schließlich hat mich der Staat völlig zu Unrecht ein Jahr ins Gefängnis geworfen. Und meine Erfahrungen als Finanzbeamter waren auch nicht die besten.

SZ: Erzählen Sie bitte mehr davon.

Konz: Nach dem Zweiten Weltkrieg war ich Betriebsprüfer im Finanzamt Wassenberg in der Nähe von Mönchengladbach. Der Vorsteher des Amtes war ein alter Nazi. Der rief mich ins Zimmer und sagte: "Herr Konz, Sie haben heute eine Betriebsprüfung bei einem Jüd". Dieser Jude war wahrscheinlich einer der ersten, der sich wieder nach Deutschland getraut hat. Er hatte sich ein kleines Gemischtwarengeschäft aufgebaut. Und dann sagte dieser Vorgesetzte zu mir: "Konz, Sie wissen, was da zu tun ist" (er zeigt mit dem Daumen nach unten).

Lesen Sie im zweiten Teil, wie sich Franz Konz im Gefängnis Freunde gemacht hat und wie er eine Obergrenze von zehn Prozent bei der Einkommensteuer finanzieren würde.

"Die Finanzbeamten quälen uns"

SZ: Warum sind Sie überhaupt Finanzbeamter geworden?

Konz: Das wollten meine Eltern. Auf der Reichsfinanzschule Pörtschach wurden wir als Nazis und Kanonenfutter für den Krieg erzogen. Morgens wurde Steuerrecht gepaukt, nachmittags ging es hinaus zu Geländespielen. Später habe ich gemerkt, dass ich als Beamter völlig fehl am Platz bin. Nach oben ducken, nach unten treten, das war nichts für mich.

SZ: Und dann haben Sie auf Ihre schöne Pension verzichtet, als Steuerberater Ihre Ratgeber geschrieben und sind ziemlich schnell in den Knast gewandert - wegen Aufforderung zur Steuerhinterziehung und Ungehorsam gegenüber dem Staat. Wie kam es dazu?

Konz: Denen haben meine Bücher nicht gepasst. Das erste Buch hieß: "Steuerermäßigungsmöglichkeiten für die katholische und evangelische Geistlichkeit" - ich hatte damals Mitleid mit den Pfarrern, die konnten ja nicht einmal ihre Hausgehilfin absetzen. Es folgten "Steuertipps für Angestellte, Beamte und Arbeiter". Beide Bücher waren ein Erfolg. Aber dem Staatsanwalt, auch ein alter Nazi, passte meine wenig unterwürfig-burschikose Schreibweise nicht. Ich sehe den noch vor mir, wie er mich bei den Vernehmungen zum Schuldigen machen wollte. Der war so besessen, dass er sich mit dem Füllfederhalter in die Kopfhaut stieß, um auf neue Gedanken zu kommen. Der wollte mich fertigmachen. Und das hat er ja auch geschafft. Mehrmals haben sie meine Wohnung durchsucht, die Schränke ausgeräumt, den Fußboden aufgerissen und die Kundendaten mitgenommen, angeblich um nach meiner geheimen Buchführung zu suchen. Aber immerhin bin ich bei einer Freiheitsstrafe von 17 Monaten nach einem Jahr aus dem Gefängnis herausgekommen. Wegen guter Führung.

SZ: Wegen guter Führung?

Konz: Na ja, ich habe nicht nur für einen Heiratsschwindler Liebesbriefe geschrieben, sondern auch dem Gefängnisdirektor Steuertipps gegeben (er greift zu zwei Hanteln, stemmt sie nach oben) Ich muss noch Sport machen, ich kam heute morgen nicht dazu.

SZ: Und nach der Entlassung waren Sie erst einmal pleite?

Konz: Pleite? Meine Familie war ruiniert. Ich musste das Urteil des Gerichts in allen Zeitungen auf meine Kosten veröffentlichen. Das waren 170.000 Mark. Mein Vater musste auf sein Haus eine Hypothek aufnehmen. Jahrelang wollte kein Verlag mehr meine Bücher drucken. Ich bin der am meisten beschlagnahmte Autor im Nachkriegs-Deutschland.

SZ: Und jetzt rächen Sie sich weiter mit Ihren Steuer-Ratgebern?

Konz: Kann schon sein, dass das meine kleine Rache ist an einem Staat, der sich mir gegenüber nicht als Rechtsstaat gezeigt hat. So bin ich jetzt eben der Brutus der Finanzbeamten geworden.

SZ: Andere sagen auch der Pate der Trickser und Täuscher. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Ihre 1000 ganz legalen Steuertricks einmal als "Zusammenfassung aller Steuerschlupflöcher" bezeichnet. Fühlen Sie sich geehrt?

Konz: Und wie. Der Staat ist zum Räuber geworden, der die Menschen arm macht und auspresst. Ich aber habe dazu beigetragen, dem kleinen Mann ein bisschen Steuerbefriedigung zu verschaffen. Der sollte auch mal Freude daran haben, dass er dem Finanzamt ein paar hundert Euro abquetschen konnte.

SZ: Sind Steuertricks nicht eher etwas für Reiche und Besserverdiener, die sowieso schon mehr haben?

Konz: Natürlich ist es der Mittelstand, der von den legalen Steuerschlupflöchern am meisten profitiert. Aber auch der kleine Steuerzahler zahlt, sagen wir mal, 20 Prozent Steuern. Für ihn ist es doch auch ganz schön, wenn er zum Beispiel die Pendlerpauschale erhöhen kann, durch einen bequemeren und etwas längeren Umweg zur Arbeit.

SZ: Wäre es nicht besser, Sie selbst arbeitslos zu machen, alle Steuerschlupflöcher abzuschaffen und dafür die Einkommensteuer zu senken?

Konz: Klar, aber Professor Paul Kirchhof, der uns aus dem Steuerwirrwarr befreien wollte, hat die Merkel doch fallengelassen wie eine heiße Kartoffel. Ich plädiere seit 30 Jahren für eine Obergrenze von zehn Prozent bei der Einkommensteuer.

SZ: Zehn Prozent? Wie soll das gehen?

Konz: Wenn der Bürger das Gefühl hat, ich werde gerecht besteuert und der Staat schröpft mich nicht, wird er die zehn Prozent sogar gerne zahlen.

Lesen Sie im dritten Teil, warum Franz Konz Verständnis für die Steuerflucht des Rennfahrers Michael Schumacher hat und wer der wahre Autor seiner Steuer-Ratgeber ist.

"Die Finanzbeamten quälen uns"

SZ: Das kann schon sein, das Steueraufkommen wird aber nicht reichen, um zum Beispiel neue Schulen zu bauen.

Konz: Doch, wenn wir Schluss machen mit der Steuerverschwendung. Wir geben für Wahnsinn, wie für neue Kriegsschiffe, irrsinnige Summen aus. Der Bundesrechnungshof ermittelt jedes Jahr viele Milliarden an Steuergeld, das verschwendet wird. Und das ist nur die kleine Spitze eines Eisbergs. Der Bundesrechnungshof kann ja nicht jedem Beamten auf die Finger sehen.

SZ: Wieso soll ein Facharbeiter mit zwei Kindern genauso viel zahlen wie ein Profifußballer? Sollten die Millionäre nicht mehr zahlen?

Konz: Jeder soll gleichmäßig besteuert werden: zehn Prozent. Wenn wir den Millionären und Milliardären mehr übrig lassen, werden die auch mehr investieren oder für soziale Zwecke ausgeben.

SZ: Dann haben Sie auch Verständnis für Deutsche wie den Ex-Rennfahrer Michael Schumacher, der in der Schweiz Steuern minimiert.

Konz: Das größte Verständnis.

SZ: Dafür habe ich überhaupt kein Verständnis.

Konz: Ich habe kein Verständnis für Heuchler. Sie heucheln, lassen Sie sich das gesagt sein. (Er klopft energisch auf den Tisch.) Sie würden auch in die Schweiz ziehen, wenn Sie anstelle von Michael Schumacher wären.

SZ: Ich will aber nicht in die Schweiz. Der Schumacher soll ordentlich seine Steuern in Deutschland zahlen.

Konz: Unsinn. Der wäre doch gerne in seiner Heimat in Kerpen geblieben, wenn der Staat cleverer wäre und so wie die Schweiz weniger Steuern von ihm verlangen würde. Aber wenn er das nicht haben kann, baut er sich eben einen Palast am Genfer See.

SZ: Machen Sie eigentlich Ihre Steuererklärung noch selbst?

Konz:Sicher, aber ich mache es wie jeder höchst ungern. Ich schiebe das immer wieder raus.

SZ: Schreiben Sie auch noch die neuen Auflagen Ihrer Steuer-Ratgeber selbst?

Konz:Jetzt weiß ich nicht, was ich ihnen sagen soll und sagen darf. Die Wahrheit ist, (mehrere Sekunden Schweigen), dass ich seit Jahren für die 1000 ganz legalen Steuertricks höchstens noch das Vorwort aktualisiere. In Wirklichkeit wird dieses Buch inzwischen von Beamten aus der Finanzverwaltung geschrieben.

SZ: Wie bitte?

Konz: Gewiefte Finanzbeamte haben das seit Jahren in der Hand. Sie aktualisieren das Buch und ergänzen es mit neuen Steuertricks. Ich stehe mit meinem Namen dafür gerade. (Das Telefon klingelt, Konz ruft laut "Schaaaaatz!"). Ich habe nicht mehr die Macht über das Buch, und das merkt man dem Buch auch an. Seitdem ich die Augen nicht mehr drüber habe, hat die Auflage nachgelassen. Aber gut, das mag auch daran liegen, dass junge Leute lieber Steuer-Softwareprogramme kaufen.

SZ: Sind Sie froh, damit nichts mehr zu tun zu haben?

Konz:Ehrlich gesagt, ja. Mein großes Thema ist seit 50 Jahren die Gesundheit. Mein Großer Gesundheits-Konz, Wildkräuter-Urmedizin gegen Krebs, Asthma, Rheuma, Fettsucht, Allergie, Multiple Sklerose, Herz- und andere chronische Leiden, ist auch ein Bestseller geworden, obwohl das Buch 68 Euro kostet und es sich eigentlich keiner leisten kann.

SZ: Und was planen Sie als nächstes?

Konz: Meine Autobiographie und ein Buch über die Hausgeburt. Das ist fast fertig und betitelt: "Die evolutionäre schmerzlose Geburt".

SZ: Aha.

Konz: Dieses Buch wird ein Knüller, genauso wie die 1000 ganz legalen Steuertipps, weil ich als erster Mann den Frauen zeige, wie sie wie alle anderen Lebewesen schmerzfrei entbinden können. Ich habe vier Geburten miterlebt, ich weiß, wie das schmerzfrei zu machen ist.

SZ: Und wie soll das gehen?

Konz: Das sollen die schwangeren Frauen im Buch nachlesen.

SZ: Würden Sie - noch einmal jung - wieder Steuer-Ratgeber schreiben?

Konz: Natürlich, wo hätte ich sonst so schnell Millionär werden können? Ich bin damit reich geworden, auch wenn ich nicht mein Geld auf einer Bank in Liechtenstein, sondern in mein Bio-Haus gesteckt habe. Hier sind sogar die Lichtschalter aus Holz. Aber ich bin froh, dass mein Lebenswerk mit den Steuertricks nicht abschließt. Damit möchte ich wirklich nicht ins Grab gehen.

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