Razzia gegen Anlagebetrüger:Das wird schwer für die Justiz

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen einen ehemaligen Funktionär der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger: ein guter Warnschuss für die Szene. Hoffentlich fühlen sich nun Anleger generell davor gewarnt, Tipps der ganz heißen Art zu vertrauen.

Alexander Hagelüken

Es ist die Hoffnung auf außergewöhnliche Gewinne. Auf viel mehr Rendite, als sie ein normaler Aktienfonds oder typische Anteile an deutschen Konzernen bieten. Diese Hoffnung bewegt Anleger, all die Börsenbriefe zu studieren, Erzeugnisse, die meist zwei Eigenschaften teilen: geringe Auflagen und ganz heiße Tipps. Als wüssten die Herausgeber dieser Briefe wirklich, wie dauerhaft weit höhere Gewinne zu erzielen sind als sonst am Aktienmarkt.

Razzia bei der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e. V.

DIe Polizei hat auch die Räume der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger durchsucht.

(Foto: dpa)

Wer diese Tipp-Szene eine Weile beobachtet hat, konnte ihr schon lange misstrauen. Nun verdächtigt die Justiz einige Akteure, Anleger in großem Stil abkassiert zu haben.

Fachleute warnen schon seit geraumer Zeit vor Investments in Pennystocks, Billigaktien kleinster Firmen, gerne aus dem Ausland, deren Kurs sich schon durch ein paar gezielte Aktionen beeinflussen lässt. Wer sein Geld in Papiere aus dem kaum kontrollierten Börsenhandel steckt, sieht es mit gewisser Wahrscheinlichkeit nicht wieder.

Die aktuellen Ermittlungen der Münchner Staatsanwaltschaft gehen über die üblichen Zwielichtigkeiten mit Pennystocks weit hinaus. Diesmal geht es um mögliche Manipulationen bei Wirecard oder Conergy, kleinen, doch seriösen Firmen aus dem Finanz- und Energiesektor. Eine Schummelei bei solchen Aktien hat eine neue Qualität. Anders als bei Pennystocks muss der Anleger bei solchen Werten nicht damit rechnen, Manipulationen ausgesetzt zu sein. Und schon gar nicht, wenn ein einstiger Funktionär der renommierten Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) womöglich darin verwickelt ist.

Um einem generellen Misstrauen in die Anlageform Aktie vorzubeugen, ist es richtig, dass die Münchner Justiz mit großem Aufwand in dieser Sache ermittelt. Die lange Dauer der Untersuchung zeigt schon, wie schwierig die Aufgabe ist. Wenn ein Börsenbrief eine Aktie hochjubelt oder herunterschreibt, ist dies häufig durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Nachzuweisen, dass ein Tippgeber sich zuvor mit den Papieren eingedeckt hat, die er so wunderbar preist, fällt nicht leicht. Wie auch immer die Ermittlungen ausgehen: Ein Warnschuss für die Szene sind sie auf jeden Fall. Hoffentlich fühlen sich auch Anleger generell davor gewarnt, Tipps der ganz heißen Art zu vertrauen.

Peinlich ist ganze Sache für die Anlegerorganisation SdK, von der gleich zwei ehemalige Funktionsträger betroffen sein könnten. Wer Investoren zu schützen vorgibt, muss frei von dem Verdacht sein, dass er sie ausrauben will.

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