Rauchmelder:Gefährliche Fälschungen mit Gütesiegel

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Wer bei Aldi oder im Praktiker-Baumarkt einen preiswerten Rauchmelder gekauft hat, sollte sich das Gerät genau ansehen: Es könnten Plagiate sein, die gar nicht auf Rauch reagieren.

Von Finn Mayer-Kuckuk

München - Wer bei Aldi oder im Praktiker-Baumarkt einen preiswerten Rauchmelder gekauft hat, sollte sich das Gerät genau ansehen. Aldi-Rauchmelder vom Typ SD-191H mit der Artikelbezeichnung 97.562 sind nach Angaben des Originalherstellers Fälschungen und reagieren nicht auf Rauch.

Aldi-Süd hat ab dem 9. September mehr als 370.000 der Plagiate zum Preis von 3,99 Euro verkauft.

Praktiker soll echte und gefälschte Geräte im Regal nebeneinander angeboten haben. Ein Sprecher der Baumarktkette betonte, noch sei nicht erwiesen, dass die Produkte untauglich seien. Falls aber unabhängige Tests gegenteiliges bewiesen, würden sie zurückgerufen. Bei Praktiker kosteten die Melder 2,99 Euro und trugen die Artikelnummer 70.001.

Nach Informationen des deutschen Anwalts der Originalherstellerfirma Eyston aus Hongkong hat eine Handelsgesellschaft in Mönchengladbach die Fälschungen in China regelrecht in Auftrag gegeben. "Das scheint ein Fall international organisierter Wirtschaftskriminalität zu sein", sagte Rechtsanwalt Friedrich Klinkert von der Frankfurter Filiale der internationalen Kanzlei Jones Day der SZ.

Obwohl Aldi Süd dazu aufgerufen hat, die Ware zurückzubringen, hängen vermutlich noch knapp 300.000 untaugliche Rauchmelder in deutschen Haushalten. Auf der Homepage von Aldi Süd heißt es, die Discountkette habe die Rauchmelder von der Firma VG - Verkauf von Gebrauchsgütern GmbH - bezogen. Die Rauchmelder "waren nach den nationalen und international gängigen Normen überprüft und zertifiziert.

Dennoch kann nicht mit absoluter Sicherheit gewährleistet werden, dass die Geräte bei Rauchentwicklung zuverlässig funktionieren", heißt es dort. Anwalt Klinkert sagt dagegen: "Die Geräte funktionierten gar nicht." Alle Zertifikate seien falsch, auch das deutsche VDS-Siegel und das CE-Norm-Zeichen. Die Imitate schmückten sich zudem mit einem Testurteil der Stiftung Warentest, das sich auf das Original beziehe. Es gebe Grund zu dem Verdacht, dass womöglich mehrere Millionen Plagiate verkauft wurden.

Deutsche Feuerversicherer werden dennoch weiter einspringen - auch wenn der angeblich geprüfte Rauchmelder untauglich war und daher das Haus abgebrannt ist. "Wenn jemand in gutem Glauben einen Rauchmelder mit Prüfsiegel gekauft hat, handelt er nicht grob fahrlässig", so Engelbert Faßbender von der DEVK. Wer zuhause nachsehen will, ob sein Rauchmelder echt ist, hat zurzeit nur eine Möglichkeit: das Gerät öffnen. Eyston zufolge finde sich innen ein eingeprägtes Herstellungsdatum - bei allen Fälschungen der 10. Mai 2004.

Ende August hatte Eyston, eigenen Angaben zufolge weltweit viertgrößter Hersteller von Rauchmeldern, Hinweise erhalten, dass Imitationen ihrer Produkte nach Europa geliefert werden. Anwälte von Jones Day kauften nach eigenen Angaben bei Aldi die angeblichen Eyston-Melder und schickten sie zu ihrem Auftraggeber nach Hongkong, wo Spezialisten sie als Fälschung entlarvten. Eyston erwirkte dann eine Rückrufaktion durch Aldi Süd.

Am 10. November durchsuchte die Polizei Büros der VG-Handelsgesellschaft in Hungen, die als Zwischenhändler diente. Die Rechnungen für die - nach Angabe der Anwälte - in Deutschland geplanten Produktfälschungen waren von einer Firma in China ausgestellt.Eine Schiffsladung mit über 400.000 weiteren Geräten hat die deutsche Polizei abfangen können. Die Plagiate liegen jetzt in einer Lagerhalle beim Zoll von Rotterdam.

Nach Bekanntwerden des Skandals ist der Markt für preiswerte Rauchmelder nach Angabe von Handelsketten zusammengebrochen. Sprecher der Firma Eyston sagen, das Hongkonger Unternehmen erwarte einen erheblichen Image-Schaden in Deutschland.

Die VdS Schadenverhütung GmbH, die Prüfgesellschaft der deutschen Versicherer, hat Anfang Dezember die fotoelektrischen Rauchmelder aus Testkäufen - auch bei Praktiker - in ihren Labors überprüft und festgestellt, dass sie zum Teil nicht bei der vorgegeben Rauchdichte oder gar nicht anschlagen.

Fotoelektrische Rauchmelder erkennen Rauch am Streulicht, das ohne Rauch eine Fotodiode nicht trifft. Auch das Licht von Autoscheinwerfern ist von der Seite erst bei Nebel richtig erkennbar.

"Wir haben die betroffenen Baumärkte unterrichtet", sagt Norbert Bernigau von VdS. Die Fälschungen beschädigten das Image des Rauchmelders als Lebensretter. Es bestehe jedoch kein Grund zur Panik: Die Plagiate sind vermutlich erst seit September auf dem Markt. Die VdS forderte alle Hersteller von Rauchmeldern mit Prüfsiegel auf, ihre Vertriebswege offen zu legen. Damit soll nachvollziehbar werden, welche Zwischenhändler echte Geräte weiterverkauften und wo die Fälschungen herkommen.

© SZ vom 8.12.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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