Süddeutsche Zeitung

Ratgeber zum Erbe:Huch, Opa hat ein Schwarzgeld-Konto

Ein Erbe anzutreten, kann ein finanzielles Abenteuer sein. Vor allem, wenn der Verstorbene Schulden oder unversteuertes Geld hinterlässt - denn dann muss der Erbe aufpassen, dass er nicht selbst zum Steuerhinterzieher wird.

Von Markus Zydra

In der Literatur müssen sie immer wieder herhalten als Symbol für den schnellen und überraschenden Geldsegen: Der Erbonkel oder die Erbtante aus Amerika, deren Ableben der überraschten Verwandtschaft ein kleines Vermögen bescheren kann.

Doch gerade bei überraschenden Hinterlassenschaften sollten die Erben vorsichtig sein. Wenn die Hinterbliebenen das Erbe einmal angenommen haben, dann gibt es kaum mehr ein Zurück, auch nicht, wenn der Nachlass aus einem riesigen Schuldenberg besteht. Wie kann man sich dagegen wappnen?

Grundsätzlich gilt: Man kann ein Erbe ausschlagen und zwar innerhalb von sechs Wochen nach Kenntnis des Erbfalles. Wenn der Erbe oder der Erblasser im Ausland leben, dann beträgt die Frist sechs Monate. "Besonders wenn sich Erblasser und Erbe nicht sehr nahe standen, kann es schwierig sein, innerhalb der Frist herauszufinden, ob der Nachlass überschuldet ist", sagt Sonja Klein, Steuerrechtsexpertin bei Baker & McKenzie in Frankfurt. "Der Erbe sollte die persönlichen Unterlagen und Dokumente des Verstorbenen durchgehen. Da findet man meist die relevanten Bankunterlagen."

Vermögen in nie gekanntem Umfang

Die Deutschen sind in den vergangenen Jahren immer reicher geworden. "Allein das Geldvermögen hat sich in den letzten 15 Jahren verdoppelt. Es summiert sich auf 4,8 Billionen Euro, dazu kommen Immobilien im Nettowert von 3,7 Billionen Euro", so Zahlen des Deutschen Instituts für Altersvorsorge. Davon werden in Deutschland jährlich rund 250 Milliarden Euro vererbt.

Der Betrag wird Schätzungen zufolge zum Ende des Jahrzehnts auf jährlich 330 Milliarden Euro klettern. Insgesamt sollen bis 2020 etwa 2,6 Billionen Euro an die Nachkommen gehen, das entspricht mehr als einem Viertel des Gesamtvermögens der deutschen Privathaushalte. Die Wohlstandsgeneration vermacht Vermögen in nie gekanntem Umfang.

Gleichzeitig nimmt aber auch die Anzahl der Fälle zu, in denen Verstorbene hohe Schulden hinterlassen. "Über das Nachlassgericht sollte sich der Erbe den Erbschein besorgen. Das legitimiert ihn, von Banken Auskunft zu erhalten, ob der Verstorbene dort Konten unterhielt", empfiehlt Steuerexpertin Klein. Allerdings könne man aufgrund der Vielzahl an Banken nicht alle Institute anschreiben. Deshalb sollte man am Heimatort des Verstorbenen beginnen und dann auf Basis der gefundenen Unterlagen weiterforschen.

"Es ist mitunter eine Detektivarbeit. Handelt es sich bei überschuldeten Nachlässen um solche, die aufgrund von Konsumentenkrediten, aufgelaufenen Zinszahlungen und ähnlichem entstanden sind, melden sich hier die Banken von selbst, wenn die Raten nicht mehr bezahlt werden." Schwieriger sei es bei Online-Konten, aber auch da müsse es irgendwo ein Schreiben oder eine EC-Karte geben.

Ein großes Problem für die Erben entsteht, wenn der Erblasser Schwarzgeld in einem anderen Land besaß. Die meisten geheimen Konten im Ausland gehören Senioren, denn die Steuerflucht galt lange als Kavaliersdelikt. Sie wurde in den 1990er Jahren von hiesigen Banken sogar unterstützt. Das hinterzogene Geld floss vor allem in die Schweiz, nach Österreich und Liechtenstein. Anleger und Unternehmen verstecken im Ausland immer noch 400 Milliarden Euro vor dem Fiskus, schätzt die Deutsche Steuergewerkschaft.

Wenn Kinder erst nach dem Tod des Vaters von dem Schwarzgeld erfahren, müssen sie aktiv werden. "Der Erbe muss das den Finanzbehörden melden und die hinterzogenen Steuern für die Vergangenheit nachzahlen", so Klein. Bei Erbengemeinschaften sei das mitunter schwierig, wenn einzelne Erben den Status Quo beibehalten wollen. "Dadurch wird der Erbe dann selbst zum Steuerhinterzieher", sagt Klein. Häufig kommt es aber auch schon zu Lebzeiten zum Generationenkonflikt, wenn der Senior das Geld nicht weiß waschen möchte, weil er das mögliche Strafverfahren scheut - Kinder auf der anderen Seite aber kein Schwarzgeld erben wollen.

Frühzeitig ein Testament machen

Aber es gibt ja auch genügend legale Vermögen, die man vorausschauend und steuerschonend vererben kann. Es gibt zwar Freibeträge, aber je ferner die verwandtschaftliche Beziehung, desto geringer die Freibeträge. "Ehepartner können einander Vermögen zu Lebzeiten steuerfrei verschenken, und zwar bis zu einem Freibetrag von 500.000 Euro, weitere 500.000 Euro können dann nach Ablauf von zehn Jahren verschenkt werden - und so weiter", sagt Steuerexpertin Klein.

Kinder könnten von ihren Eltern zu je 400.000 Euro alle zehn Jahre beschenkt werden - und zwar von beiden Elternteilen, wodurch der Gesamtfreibetrag bei Kindern auf 800.000 Euro ansteige. "Wenn der Erbe in Privatinsolvenz ist, dann fließt die Schenkung zur Deckung der Schulden an die Gläubiger im Rahmen der insolvenzrechtlichen Verwertung", erklärt Sonja Klein.

Experten raten allen Bürgern, die Vermögen aufgebaut haben, frühzeitig ein Testament zu machen. Wenn das versäumt wird, tritt die gesetzliche Erbfolge ein, bei der es für den noch lebenden Ehepartner zu unliebsamen Überraschungen kommen kann. Eheleute sollten sich deshalb gegenseitig als Alleinerben einsetzen.

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SZ vom 03.01.2014
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