Ratenkredit:Warum eine Null-Prozent-Finanzierung riskant sein kann

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Für die Verbraucher ist eine Null-Prozent-Finanzierung dann praktisch, wenn es für sie nicht in Frage kommt, die Ware direkt zu bezahlen.

(Foto: imago/blickwinkel)

Immer mehr Möbelhäuser und Elektromärkte stunden einen Kaufpreis für lange Zeit - ohne Zinsen. Ist das gut?

Von Felicitas Wilke

Thomas Gottschalk bekommt den Mund gar nicht mehr zu, so sehr staunt er als Werbefigur auf dem Foto in den aktuellen Werbeprospekten des "Mega Store". Beim Mitnahmemarkt des Möbelhändlers Segmüller können Kunden ihr neues Sofa oder die Küche in bis zu 72 Monatsraten abbezahlen - und das, ohne für den Ratenkredit Zinsen zu zahlen. Die Null-Prozent-Finanzierung geht in die Verlängerung, nicht nur bei Möbelhäusern. Einzelheiten dazu, was das für die Verbraucher bedeutet.

Wer bietet die Kredite mit langer Laufzeit an?

Vor allem Möbelhändler, aber auch Elektronikmärkte werben in letzter Zeit vermehrt damit, dass Kunden ihre neuen Anschaffungen in vergleichsweise kleinen, zinslosen Raten abbezahlen können. Waren bei der Null-Prozent-Finanzierung bislang eher Zeiträume von zwei Jahren üblich, überbieten sich die Händler jetzt mit besonders langen Laufzeiten: Bei Media-Markt und Saturn gab es vor kurzem ein Sonderangebot über 60 Monate, also fünf Jahre, bei Möbelhäusern wie Segmüller oder Hardeck sogar sechs Jahre.

Worin besteht der Unterschied zu einem konventionellen Ratenkredit?

In der Zinslast. Wenn ein Kunde bei einer Bank einen Konsumentenkredit abschließen würde, um sein Elektrogerät oder Möbelstück zu finanzieren, würden über eine vergleichbare Laufzeit schnell Zinsen in Höhe von sieben Prozent pro Jahr fällig - trotz Niedrigzinsphase. Bei einer Null-Prozent-Finanzierung entfallen diese Kosten. "Für den Kunden ist das schon ein erheblicher Rabatt", sagt Peter Barkow, Geschäftsführer beim Beratungs- und Analysehaus Barkow Consulting. Für die Händler sei ein solches Angebot "eine gute Marketinggeschichte", um Kunden anzuwerben.

Wann lohnt sich ein solches Angebot für die Kunden?

Für die Verbraucher wirkt eine Null-Prozent-Finanzierung zunächst dann praktisch, wenn sie die Ware nicht direkt bezahlen wollen oder können. "Das kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn man gerade einen finanziellen Engpass hat, aber ein bestimmtes Gerät wie eine neue Waschmaschine dringend braucht", sagt Stephanie Heise, Finanzexpertin bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

Allerdings muss eine günstige Finanzierung nicht bedeuten, dass auch der Preis an sich ein Schnäppchen ist. "Die Kunden sollten immer Preise vergleichen und prüfen, ob es die Ware bei anderen Anbietern in bar und ohne Null-Prozent-Finanzierung, aber dafür günstiger gibt", rät Heise.

Wo liegen die Risiken?

Wer eine Null-Prozent-Finanzierung über mehrere Jahre abschließt, hält nicht nur ein neues Smartphone in den Händen, sondern verschuldet sich auch langfristig. "Gerade bei kleineren Raten besteht die Gefahr, dass man sie unterschätzt", gibt Verbraucherschützerin Heise zu bedenken.

Je länger ein Kreditvertrag läuft, desto schwieriger lässt sich abschätzen, ob man die Raten auch in Zukunft immer bedienen kann - oder ob plötzlich noch andere Anschaffungen getätigt werden müssen und eine unerwartete Nachzahlung oder Reparatur die Rate in Gefahr bringt. Hinzu kommt: Bei Smartphones oder Konsolenspielen stelle sich die Frage, ob das Produkt in fünf oder sechs Jahren überhaupt noch funktioniert oder aktuell ist.

Welche Voraussetzungen gelten bei der Null-Prozent-Finanzierung?

Bei manchen Händlern können die Kunden schon kleinere, dreistellige Summen über besonders lange Laufzeiten zinsfrei finanzieren, bei anderen Anbietern gilt das nur für höhere Auftragswerte. Im Kleingedruckten behalten sich die Händler stets vor, den Kredit nur bei ausreichender Bonität abzuschließen.

Bei Media-Markt zum Beispiel können Selbständige und Studenten nur bis zu einem bestimmten Betrag und für eine kürzere Laufzeit einen Kredit abschließen. Oftmals erfolge die Kreditwürdigkeitsprüfung aber nur oberflächlich, warnen Verbraucherschützer. Für die Kunden heißt das: "Sie sollten abwägen, wie oft und wofür Ratenzahlungen eingegangen werden", sagt Heise.

Wer ist Vertragspartner des Kunden?

Zwar kaufen die Verbraucher ihre neue Anschaffung beim Händler, den Kreditvertrag schließen sie aber in aller Regel mit einer Bank ab, die mit dem Händler kooperiert. In vielen Fällen ist das die Targobank, die Santander Bank oder die Consorsbank. Die Kosten für den Ratenkredit machen der Anbieter und das Kreditinstitut untereinander aus.

Der Vorteil für die Banken: Sie gewinnen ohne große Werbeausgaben neue Kunden hinzu, die im besten Fall später auch noch andere Produkte bei ihnen abschließen. Die Verbraucher wiederum sollten wissen, dass es bei einer Null-Prozent-Finanzierung mit zwei Vertragspartnern zu tun haben. Tritt beispielsweise ein Mangel an der gekauften Ware auf, kann das für Kunden bedeuten, dass sie die Raten zunächst weiterzahlen müssen, bis der Sachverhalt mit beiden Vertragspartnern geklärt ist.

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