Private Krankenkassen:Luxusgut Gesundheit

Etliche Privatversicherte müssen sich auf böse Post einstellen: Die Kassen erhöhen die Beiträge. Besonders betroffen: die "Schnäppchentarife".

Caspar Dohmen

Die Kunden der privaten Krankenversicherung müssen im kommenden Jahr mehr für ihre Police bezahlen. Um durchschnittlich vier bis zehn Prozent wollen die Versicherer die Prämien anheben. Im Einzelfall könnten die Preiserhöhungen noch deutlich höher ausfallen. Derzeit verschicken die Unternehmen die Bescheide an die Kunden.

Krankenkassen, Prämienerhöhung, dpa

Die Versicherungen geben die gestiegenen Honorare der Ärzte als einen der Gründe für die Prämienerhöhung an.

(Foto: Foto: dpa)

"Die Prämien werden deutlicher steigen als im vergangenen Jahr", sagte der Geschäftsführer der Ratingagentur Assekurata Rainer Will am Mittwoch der Süddeutschen Zeitung. Für viele privat Krankenversicherte ist das gleichbedeutend mit teils drastischen Preiserhöhungen: Um durchschnittlich drei bis zehn Prozent wollten Gesellschaften ihre Beiträge erhöhen, heißt es in Branchenkreisen. So steigen beim Branchenführer Debeka die Prämien laut Unternehmensangaben um mehr als fünf Prozent. Der zur Ergo-Gruppe gehörende Branchenzweite DKV wollte keine Zahl nennen, bevor er seine Kunden in der nächsten Woche informiert.

Tarife individuell kalkuliert

Nur wenige der 51 Anbieter würden jedoch moderat anpassen, heißt es in der Branche. Dazu dürfte die Allianz zählen, die laut eigenen Angaben um weniger als drei Prozent erhöhen will.

Etwa jeder zehnte Bundesbürger, vor allem Beamte und Besserverdienende, sind in Deutschland Kunden einer privaten Kasse. Alle anderen Bürger sind bei einer der 180 gesetzlichen Krankenkassen versichert. Für einzelne Privatversicherte könnten die Prämien sogar um deutlich mehr als ein Zehntel klettern, da die Versicherer nur Durchschnittswerte für ihre Tarife angeben. Tatsächlich bieten sie viele Tarife an.

Teurer werden dürften vor allem die sogenannten "Schnäppchentarife", mit denen einige Versicherer junge und gesunde Menschen ködern. Solche Tarife seien meist knapp kalkuliert und deswegen stiegen die Prämien dann häufig nach einigen Jahren an, heißt es in der Branche. Private Krankenversicherer kalkulieren anders als gesetzliche Kassen die Tarife individuell.

Anpassung an verlängerte Lebenserwartung

Zuletzt waren die Preiserhöhungen bei den privaten Krankenversicherern noch moderat ausgefallen. Zwar hat die Finanzaufsicht Bafin für den gesamten Markt noch keine Zahl für das Jahr 2009 veröffentlicht. Doch die Ratingagentur Assekurata ermittelt einen Wert, der sich als Indikator eignet: Sie kommt auf einen Anstieg von durchschnittlich drei Prozent bei den 13 Unternehmen, welche sie bewertet. Schaut man zurück auf die vergangenen sechs Jahre, dann erhöhten die Arag und die Signal ihre Prämien am stärksten.

Für die jetzige Preiserhöhung bei den privaten Kassen gibt es einige Ursachen, besonders jedoch die gestiegenen ambulanten Behandlungskosten. Sie haben sich laut dem Verband der privaten Krankenversicherer schon im Jahr 2008 um knapp sieben Prozent verteuert, vor allem als Folge neuer Diagnose- und Behandlungsverfahren, neuer Geräte und Medikamente.

So waren die Krankheitskosten schon 2008 um 5,9 Prozent bei den privat Versicherten gestiegen. Und im laufenden Jahr seien die Rechnungen der Ärzte und Krankenhäuser erneut höher ausgefallen, heißt es in Branchenkreisen. "Jetzt ist die Zeit des Bezahlens", sagt Manfred Poweleit, Herausgeber des Branchendienstes Map-Report und verweist auch auf die gestiegenen Honorare der Ärzte in Praxen und höhere Löhne für Mediziner in Krankenhäusern.

Große Sorgen mit Abwanderung

Bei den privaten Kassen kommen zwei weitere Faktoren hinzu, weswegen sie ihre Preise erhöhen. So müssen die Versicherer ihre Tarife regelmäßig an die verlängerte Lebenserwartung der Menschen anpassen und berücksichtigen, dass dadurch die Behandlungskosten steigen. Zudem verteuern sich die Tarife, wenn weniger Versicherte kündigen als ein Unternehmen kalkuliert hat.

Bei jedem Weggang behalten die Versicherer einen Teil der für den Kunden gebildeten Reserven ein. Langfristig macht der Branche die Abwanderung der Kunden allerdings große Sorgen. Laut Map-Report sinkt bei jedem dritten Anbieter die Zahl der privat Versicherten seit Jahren. Zu den Verlierern zählen auch die Branchenschwergewichte Allianz, DKV und Signal. Weniger Versicherte bedeuten sinkende Gewinne. Auch die niedrigen Kapitalmarktzinsen schlagen negativ durch.

So erzielten die Versicherer 2008 im Schnitt auf die Anlage der Kundengelder eine Nettorendite von 3,53 Prozent. Im Vorjahr waren es noch 4,75 Prozent. Somit dürfte die Bereitschaft der Anbieter sinken, den Spielraum zu nutzen, den sie bei der Weitergabe höherer Kosten an Kunden durchaus haben. Dafür gibt es einen Reservetopf.

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