Private Gläubiger und Griechenland:"Das Banken-Paket könnte funktionieren"

Es ist eine Idee aus Paris: 30 Jahre soll der Schuldenstaat Griechenland Zeit haben, seine Kredite bei den Privatbanken abzustottern. Diesen Vorschlag haben die Banken mit der französischen Regierung ausgehandelt. Karl Socher von der Universität Innsbruck erklärt, ob der Plan tragfähig ist - für Europas Banken und für Griechenland.

Bastian Brinkmann

Die französischen Banken haben ein Modell vorgelegt, wie sich private Gläubiger an der Griechenland-Rettung beteiligen wollen. Die Banken sichern zu, die Hälfte der auslaufenden Kredite wieder an Griechenland zu geben. Das Land hat 30 Jahre Zeit, sie abzuzahlen, und muss dafür rund fünf Prozent Zinsen zahlen. Um die neuen Zahlungen abzusichern, wollen die Banken 20 Prozent der auslaufenden Summen in einen Garantiefonds einzahlen.

Private Gläubiger und Griechenland: Karl Socher.

Karl Socher.

(Foto: privat)

Karl Socher ist emeritierter Professor an der Universität Innsbruck. Nach dem Studium in Österreich und an den US-Unis Harvard und Stanford arbeitete er bei der Deutschen Bundesbank, später als Berater für Österreichs Finanzminister. Seit 1973 lehrt er in Innsbruck.

sueddeutsche.de: Ist die Pariser Initiative ein gutes Modell?

Karl Socher: Bisher sind nur Eckdaten des Plans bekannt, aber die bewerte ich grundsätzlich positiv. Das Ganze ähnelt den Brady-Bonds, die in den achtziger Jahren zur Bewältigung der Schuldenkrise in Südamerika herausgegeben wurden. Sie haben auch die schlechten Kredite für die Banken durch staatlich garantierte Papiere ersetzt. Griechenland kann so Zeit gewinnen, um sich wirklich zu sanieren. Die Zeit von 30 Jahren halte ich aber für etwas zu lang, denn wenn der Sanierungsplan funktioniert, müsste sich Griechenland in drei, vier, fünf Jahren wieder am Kapitalmarkt versorgen können. Aber da stehen auch noch Verhandlungen bevor.

sueddeutsche.de: Das Modell wurde in Paris erdacht, von der Regierung und den französischen Banken. Dabei halten auch deutsche Banken viele Griechenland-Anleihen. Warum kommt der Lösungsvorschlag aus Frankreich?

Socher: Die französischen Banken sind am meisten in Griechenland involviert und sie standen auch unter Druck, weil der Konkurs immer auf dem Tisch lag. Sie waren also bereits, etwas zu geben. Ich bin mir außerdem sicher, dass ähnliche Modelle auch schon länger erwogen wurden. Nur dürfen Politiker nicht alles offen aussprechen. Wenn man Griechenland direkt sagen würde, dass man sie immer retten würde, würde das Land wohl nicht mehr so sparen. Das wäre ein falscher Anreiz.

sueddeutsche.de: Ist der Zinssatz von rund fünf Prozent angemessen?

Socher: Es wird schwieriger für die Griechen, als wenn der Satz auf dem Niveau von guten deutschen Staatsanleihen liegen würde. Aber er liegt unter dem, was der Staat am Kapitalmarkt sonst zahlen müsste. Würde Griechenland zu billig Hilfe bekommen, wäre das auch ein falscher Anreiz.

sueddeutsche.de: Wo sind die Nachteile des Projekts?

Socher: Die Banken wollen nur 50 Prozent in Griechenland reinvestieren - da bleibt immerhin die Hälfte übrig. Die Summe, die Griechenland bald zurückzahlen muss, ist allerdings nicht so hoch. Doch dann kommt es darauf an, wie die Ratingagenturen das bewerten. Die Anleihen dürfen kein Konkursfall werden. Aber deswegen soll es diesen Fonds geben, der die neuen Kredite der Banken an Griechenland garantiert. Daher könnte man annehmen, dass die Papiere in den Bilanzen weiter voll gewertet werden.

sueddeutsche: An der Schuldenkrise haben schon einige gut verdient, wer sich beispielsweise günstig mit Anleihen eingedeckt hat, die nun voll bedient werden. Würden griechische Papiere mit dem französischen Modell weniger spekulativ?

Socher: Ja, weil die Papiere beim französischen Modell durch den Garantiefonds weniger riskant werden. Vorher ist ein kompletter oder teilweier Zahlungsausfall wahrscheinlicher gewesen.

sueddeutsche.de: Wenn sich die privaten Banken in Europa und die Politik auf das französische Modell verständigen: Reicht das, um Griechenland zu retten?

Socher: Es könnte funktionieren - unter einer Bedingung: Das Sparpaket muss gelingen. Dann kann sich das Land stabilisieren, damit in wenigen Jahren die Budgets nicht mehr durch die Schulden zusätzlich stark belastet werden. Wichtig ist auch, dass in Griechenland Löhne und Preise relativ zu den anderen starken Euroländern wie Deutschland sinken, damit die Wettbewerbsfähigkeit wiederhergestllt wird.

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