Süddeutsche Zeitung

Prämienerhöhung:Autoversicherung wird deutlich teurer

In den letzten Jahren lieferten sich die Autoversicherer immer im Herbst einen heftigen Preiskampf um neue Kunden. Diesmal fällt die Rabattschlacht aus: Zum ersten Mal seit sieben Jahren erhöhen die Anbieter die Prämien. Dennoch sollte bei der Wahl des richtigen Tarifs nicht der Preis das Hauptkriterium sein.

Alina Fichter

Menschen mit Autoversicherungen sind, das kann man durchaus so sagen, ziemlich verwöhnt worden in den vergangenen Jahren, zumindest was die Preise angeht: die Policen wurden immer billiger. Ganz anders, als man es etwa von Autos oder den Kraftstoffen gewöhnt ist. Umso bitterer wirkt da die Nachricht, dass damit nun endgültig Schluss sein soll; die Tarife, so heißt es, werden in diesem Jahr drastisch steigen: "In der Kraftfahrtversicherung ist nach sieben Jahren die Trendwende vollzogen", sagte ein Sprecher des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Die Ära der Tiefstpreise sei zu Ende.

Nun ist es zwar nicht das erste Mal, dass die Unternehmen drohen, die Prämien anzuheben, um endlich aus den Miesen zu kommen - für sie sind Kfz-Policen ein Zuschussgeschäft; allein im vergangenen Jahr verloren sie damit 1,5 Milliarden Euro. Aber diesmal scheinen sie Ernst zu machen: Bereits in den ersten sechs Monaten dieses Jahres stiegen die Beiträge vergleichsweise stark an: Im Schnitt um fast sechs Prozent wurden die Prämien von 168 Vollkasko-Tarifen angehoben, errechneten die auf Autoversicherer spezialisierte Unternehmensberatung Nafi. Demnach haben von den untersuchten 80 Unternehmen 45 ihre Tarife umgestellt. Besonders Direktversicherer verlangten deutlich mehr von ihren Kunden. "Vieles spricht für eine Trendumkehr", sagt auch Christoph Schmitt, Versicherungsanalyst bei Fitch Ratings.

Von den neuen Tarifen sind erst einmal vor allem Menschen betroffen, die sich jetzt ein Auto kaufen und es gleich anmelden und versichern. Über die Hälfte der Neuverträge wird allerdings zum Jahreswechsel abgeschlossen; Kfz-Policen können, anders als die meisten anderen Versicherungen, jährlich gekündigt werden. Durch Vergleichsportale im Internet ist es relativ einfach, günstige Angebote zu finden. Jedes Jahr nutzen Millionen Fahrzeughalter die Möglichkeit zu wechseln und suchen sich eine billigere Police. Stichtag ist der 30. November, bis dahin muss das Kündigungsschreiben bei der Gesellschaft eingegangen sein.

Seit 2005 ist die durchschnittliche Prämie um 15 Prozent gefallen

Kurz vorher, Anfang Herbst, beginnt ein erbitterter Preiskampf zwischen den Unternehmen. Den Startschuss dafür gibt der GDV im September, wenn er seine Statistik zu Unfallhäufigkeit bestimmter Typ- und Regionalklassen veröffentlicht. Es war die Allianz, die 2004 damit begonnen hatte, ihre Konkurrenten zu unterbieten, um Marktanteile zu gewinnen. Seitdem liefern sich die Versicherer regelrechte Rabattschlachten in der Hoffnung, neue Kunden zu gewinnen.

Seit 2005 ist die durchschnittliche Kfz-Prämie laut ADAC um rund 15 Prozent gefallen. "Innerhalb von zwei Monaten können Versicherer entweder ein gutes Geschäft machen - oder sehr viel verlieren", sagt Ivana Höltring, Geschäftsführerin von Nafi. Ein beliebter Trick der Anbieter ist es, im Frühling die Preise etwas anzuheben, nur um sie im Herbst wieder senken zu können.

Dieses Jahr scheint alles anders. "2011 fallen die Steigerungen deutlich stärker aus. Und die Preise dürften auch im Herbst höher bleiben, als es in den Vorjahren der Fall war", so Höltring. Der GDV rechnet ebenfalls damit, dass die Prämien 2011 dauerhaft steigen werden, um durchschnittlich 3,4 Prozent. Denn immer mehr Unternehmen stoßen offenbar bei dem Preiskampf an ihre Grenzen; manche fürchten gar, wie Ineas und Ladycar zu enden. Die Direktversicherer hatten ihre Beiträge zu knapp kalkuliert und waren im Sommer pleitegegangen.

Wie viel Kunden zahlen, hängt von Wohnort, Fahrzeugmodell und Alter ab - und, natürlich, von der Wahl des Tarifs. Verbraucherschützer Thorsten Rudnik warnt davor, den Preis zum Hauptkriterium des Versicherungstarifs zu machen: "Kunden sollten sich die Vertragsbedingungen genau ansehen", sagt er. Unverzichtbar sei, dass die Deckungssumme bei der Haftpflichtversicherung mindestens 100 Millionen Euro betrage. Zudem müsse darauf geachtet werden, dass die sogenannte grobe Fahrlässigkeit mitversichert sei; dies bedeutet, dass die Versicherung auch dann zahlt, wenn der Fahrer über eine rote Ampel fährt und dabei einen Schaden verursacht.

Zudem ist es sinnvoll, vor Abschluss der Police genau zu überlegen, wo und wie man sein Auto nutzen wird. Wer auf dem Land wohnt, sollte auf eine Wildschadenklausel achten, durch die Schäden abgedeckt sind, die bei Zusammenstößen mit Tieren entstehen. Für Menschen, die gerne reisen, kann zudem eine sogenannte Mallorca-Police sinnvoll sein; der vereinbarte Haftpflichtschutz gilt dann auch für ein im Ausland gemietetes Auto.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1131455
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 16.08.2011/olkl
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.