Postbank:Wir sind keine Melkkühe

Sie wollten gerade nicht bei einer Frankfurter Großbank sein: Wie es Postbank-Kunden finden, wenn Deutschen-Bank-Chef Josef Ackermann ihr Institut kauft.

Michael Kuntz

Die Aussicht, die Deutsche Bank könnte sich die Postbank komplett einverleiben, ist eine schlechte Nachricht für etliche alte Postbank-Kunden. Denn ihnen widerfährt, was sie nie wollten: Sie landen bei der Deutschen Bank.

HV Postbank AG

Mit einem klaren und kundenfreundlichen Modell entwickelte die Postbank einst zum Geldunternehmen mit den meisten Privatkunden in Deutschland.

(Foto: dpa)

Das Geschäftsmodell der früheren Postsparkasse war über Jahrzehnte simpel gestrickt. Es gab ein Sparbuch und ein Girokonto - das genügte. Für viele Menschen war das quasi die Grundversorgung in Geldangelegenheiten. Wer als Arbeitnehmer nur ein Gehaltskonto brauchte, war damit gut bedient. Überziehen war nicht vorgesehen, wurde aber in schwierigen Lebensphasen durchaus geduldet, erinnert sich ein ehemaliger Student selbst nach Jahrzehnten dankbar.

Unternehmen hatten grundsätzlich neben dem Konto bei der Hausbank noch eines bei der Post, weil das für die Überweisung kleinerer Beträge lange unschlagbar günstig war. Und als Falschparken noch billig war, ließen sich die fünf Mark nicht billiger zur Ordnungsbehörde befördern als per Postüberweisung.

Harte Lobbyarbeit

Mit diesem klaren und kundenfreundlichen Modell entwickelte sich das seinerzeit noch staatliche Institut zum Geldunternehmen mit den meisten Privatkunden in Deutschland. Es war sogar beim elektronischen Zahlungsverkehr so gut, dass es als Dienstleister auch für andere Banken tätig werden durfte. Doch dann führte eine Lobbyarbeit von privaten Geschäftsbanken und öffentlichen Sparkassen erst zur Aufweichung und schließlich zur Abschaffung der offenbar zu sehr an den Interessen ihrer Kunden orientierten Geschäftspolitik der Postbank.

Man hatte den Kundenstamm der Post als melkfähiges Datenmaterial für lukrative Geschäfte entdeckt. Es folgten Börsengänge, und das vorläufige Ende dieser Entwicklung ist bekannt: Die Deutsche Bank hält an der Postbank eine Beteiligung und nach einem Kraftakt am Kapitalmarkt vielleicht bald die Mehrheit aller Anteile.

Die über viele Jahrzehnte sozial geprägte Geldpost landet also ausgerechnet bei dem Institut, das sich gern auf ertragsstarkes Investmentbanking konzentrierte. Die private Kundschaft wurde erst aussortiert in die Bank 24, dann zurückgeholt, letztlich vergrault. Als tückisch erwies sich die Methode, die angeblich so geschätzten Kunden bereits an Automaten vor der Filiale abzufertigen. Nun besteht offenbar großer Handlungsbedarf, und die Klientel der Postbank soll zu den anspruchsvollen Renditezielen der Ackermann-Bank beitragen.

Auch Postbank-Kunden werden wohl mit den branchenüblichen Belästigungen durch Berater rechnen müssen, die auf sportliche Ertragsziele verpflichtet worden sind. So wie bei anderen Geldhäusern auch, werden Verkaufskräfte hemmungslos 87-jährige Witwen "schütteln" und ihnen Produkte mit 15 Jahren Laufzeit empfehlen, die vor allem eines bringen: Provision.

Das sind keine tollen Aussichten für den Postbank-Kunden klassischen Typs. Wer von ihnen an Flucht aus den Armen der Deutschen Bank denkt, stellt ziemlich schnell fest, dass es nicht so einfach ist, eine moderne, kostengünstige Bank zu finden, der man nicht alles, sondern eine gewisse Kundenorientiertheit zutraut.

In den Umkleidekabinen der Fitness-Studios, an den Stammtischen, den Mojito-Bars und in einschlägigen Internet-Foren werden vor allem zwei Adressen genannt. Aber selbst diese können nicht so richtig überzeugen. Da ist einerseits die SEB mit dem kostenlosen Girokonto. Nachteil: Die schwedische Bank verkaufte ihre deutschen Privatkunden unlängst an eine spanische Bank. Als anderer heißer Tipp wird die DKB genannt. Nachteil: Das Geldhaus ist ein Unternehmen der BayernLB - sie ist der Privatkunden-Ableger einer Skandalbank.

Tja, da es ohne Girokonto nicht geht, muss man dem Berater halt einfach sagen, wenn man keine Lust hat, sich mit ihm zu unterhalten. Notfalls hilft die Drohung mit der Tagesanleihe des Bundes - auch wenn deren Zinsen gerade mager sind.

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