Süddeutsche Zeitung

Postbank: Kritik an Beratung:Bausparvertrag für Rentner

Die Postbank soll Senioren unnütze Bausparverträge aufgeschwatzt haben. Geld gibt es im Extremfall erst, wenn die Kunden das biblische Alter von 100 Jahren überschritten haben.

Massive Kritik an der Beratungspraxis der Postbank: Sie soll einem Bericht der Zeitschrift Finanztest zufolge mit mangelhaft geschultem Personal Bausparverträge an Senioren verkauft haben, die zu ihren Lebzeiten wohl nicht mehr in den Genuss einer Ausschüttung kommen werden. Das Magazin beruft sich in seinem Bericht auf Erfahrungen mit derzeitigen sowie ehemaligen Mitarbeitern. Demnach würden schlecht ausgebildete Berater Kunden unabhängig von deren Bedarf Verträge verkaufen.

Der Bericht führt Fallbeispiele von Senioren an, die bei der zur Postbank gehörenden BHW-Bausparkasse Verträge abgeschlossen hatten. Viele der älteren Kunden dürften eine Zuteilung nicht mehr erleben. Von den genannten Fällen müssten drei Kundinnen dazu "weit über 100 Jahre alt" werden, heißt es in Finanztest. Eine Postbank-Sprecherin sagte zu sueddeutsche.de: "Diese Fallbeschreibungen sind aber so allgemein gehalten, dass wir darauf nicht reagieren können." Daher gebe es bei der Postbank keine Konsequezen aus dem Test. "Ich bedaure, dass wir nicht gezielter über die konkreten Fälle informiert wurden. So können wir dem nicht nachgehen", betonte die Sprecherin.

Kein Seminar, keine Prüfung

Den Vorwurf einer mangelnden Ausbildung wies sie zurück. Neue Mitarbeiter im sogenannten mobilen Vertrieb müssten eine 15-monatige Schulung machen. "Am Ende steht eine offizielle Prüfung nach den Standards des Bundesverbandes der privaten Bausparkassen." Die Prüfung sei für die Berater jedoch erst seit einiger Zeit verpflichtend, sagte die Sprecherin. Garantieren könne sie nicht für alle 4000 Berater, die die Kunden zuhause besuchen.

Ein früherer Mitarbeiter der Postbank-Finanzberatung sagte Finanztest jedoch, er habe kein Seminar besucht und auch keine Prüfung gemacht. Auch Fortbildungen gebe es so gut wie nie. Neue Mitarbeiter bekämen schon beim Basisseminar Kundenlisten, damit sie gleich Termine vereinbaren könnten.

Zur Vermittlung von Bausparverträgen an Senioren erklärte ein anderer Postbank-Sprecher, dies sei weder ein Fehler noch ein Mangel. "Eine Stigmatisierung aufgrund des Alters eines Kunden halten wir nicht für vertretbar", erklärte er. Im Einzelfall könne es zudem sinnvoll sein, mehrere Bausparverträge abzuschließen und diese unterschiedlich zu besparen. Da die Verträge vererbbar seien, sei es denkbar, dass Ältere zugunsten ihrer Enkel sparten.

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sueddeutsche.de/AFP/tjon/mel/tob
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