Porsche und der Hexensabbat:Tag der Abrechnung

Ein Tag, an dem alles möglich ist: An der Börse laufen Optionspapiere aus. Im ungünstigsten Fall könnte Porsche nach diesem Freitag Milliarden verlieren. Der Sportwagenbauer, der sich mit der Übernahme von VW übernommen hat, kommt nicht zur Ruhe.

Markus Zydra und Klaus Ott

Es gibt Tage, an denen wirklich alles möglich ist. Dieser Freitag, so meinen viele Finanzexperten seit Wochen, gehöre dazu. Im Laufe des Börsenhandels könnte Porsche im schlimmsten Fall Milliarden Euro verlieren, weil man sich bei der geplanten VW-Übernahme durch komplexe Optionsgeschäfte verzockt hat. "Es kann aber auch gar nichts passieren", sagt Oliver Roth, Aktienhändler bei Close Brothers Seydler.

Porsche, ddp

Hexensabbat an der Börse: Wenn am Freitag Optionspapiere auslaufen, könnte es für Porsche brenzlig werden.

(Foto: Foto: ddp)

Porsche scheint sich seiner Sache hingegen sehr sicher zu sein. "Die Optionsgeschäfte, insbesondere die am 19. Juni auslaufenden, begründen kein Risiko für Porsche", heißt es in einem Argumentationspapier, das der Konzern bei Politikern streut, um auf diese Weise das Milliardendarlehen der staatlichen KfW-Bankengruppe zu erhalten. "Die auslaufenden Optionen könnten für einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag verlängert werden", heißt es in dem Schreiben weiter.

Porsche schiebt das Problem also erst mal in die Zukunft? "Das ist sehr gut möglich", sagt Christian Breitsprecher, Automobilanalyst der Privatbank Sal. Oppenheim. "Die Banken haben kein Interesse daran, Porsche im schlimmsten Fall pleitegehen zu lassen." In dem Schreiben erklärt der Sportwagenhersteller zudem erstmals in aller Deutlichkeit, dass derzeit eine "weitere Aufstockung der Beteiligung an VW definitiv ausgeschlossen ist".

Komplexes Paket

Porsche hatte sich seit Frühjahr 2008 über Optionsgeschäfte mit Banken 20 Prozent an VW gesichert. Der Sportwagenhersteller, dem bereits 50 Prozent an VW gehörten, besitzt damit das Recht, zu einem bestimmten Zeitpunkt die VW-Aktien von den Instituten zu kaufen (Call-Option).

Jedoch weiß niemand im Markt, wann die Option ausläuft, auch der Kaufpreis ist unbekannt. Die Optionsgeschäfte wurden nicht über die Börse, sondern direkt zwischen den Banken und Porsche vereinbart. Porsche soll, und das belegt, wie komplex das ganze Paket ist, den Kauf dieser Call-Optionen durch den Verkauf von Put-Optionen an die Banken finanziert haben.

Die Institute erwarben gegen eine Prämie das Recht, Porsche zu einem bestimmten Zeitpunkt die VW-Aktien verkaufen zu dürfen. Dies diente der Absicherung der Bank und brachte Porsche hohe Gebühreneinnahmen. "Auf ewig können diese Optionen aber auch nicht verlängert werden", sagt Breitsprecher, der den möglichen Verlust für Porsche durch die Put-Optionen auf 3,5 Milliarden Euro schätzt.

An diesem Freitag ist Abrechnungstag für börsengehandelte Optionen. Diese Papiere laufen alle drei Monate an einem Freitag aus. Hexensabbat nennt sich das im Börsenjargon. "Rund 640.000 Verkaufsoptionen auf VW laufen aus", sagt Roth. Notiert VW wie derzeit bei 235 Euro und hält die Bank eine Put-Option, mit der sie dem Geschäftspartner die VW-Aktie zu 240 Euro verkaufen darf, dann macht sie fünf Euro Gewinn. Sieht die Put-Option einen Preis von 230 Euro vor, dann gibt es einen Verlust von fünf Euro. "Also versuchen Börsianer am Hexensabbat, durch gezielte Käufe und Verkäufe den Aktienkurs in die gewünschte Richtung zu bewegen, was die Turbulenz erklärt", sagt Roth.

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