Pleite der Windkraftfirma:Bafin nickte 2013 Prokon-Prospekt ab

Windenergie im Sonnenuntergang

Windenergieanlagen auf einem Feld im Landkreis Oder-Spree nahe Sieversdorf (Brandenburg)

(Foto: dpa)

Prokon war der Finanzaufsicht wegen problematischer Bankgeschäfte aufgefallen. Trotzdem genehmigte die Bafin einen Prospekt der Windkraftfirma, die in Schieflage geraten ist. Die Behörde sagt, sie habe nur Dienst nach Vorschrift gemacht.

Von Markus Zydra

Das Schriftstück trägt das Datum vom 16. Mai 2013. Carsten Rodbertus, der Gründer des bankrotten Windkraftpark-Investors Prokon, macht deutschen Privatanlegern noch einmal ein Angebot. Im Prospekt der Prokon Regenerative Energien GmbH wird beschrieben, wofür man das Geld verwenden möchte. "Keine wesentlichen Umstände sind ausgelassen", heißt es in der Verantwortlichkeitserklärung, die Geschäftsführer Rodbertus und zwei Kollegen unterschrieben haben.

Die Finanzaufsicht Bafin prüfte das und genehmigte daraufhin den Prospekt ohne jede Beanstandung. Womöglich hat es sich die Behörde hier ein wenig zu einfach gemacht. "Die Bafin hätte die Genehmigung des Prospekts verweigern können", sagt Ulrich G. Schroeter, Professor für Bürgerliches Recht an der Universität Mannheim der Süddeutschen Zeitung.

Zu einem vollständigen Prospekt gehört auch, dass Finanzfirmen darüber aufklären, ob sie in der Vergangenheit schon einmal Ärger mit der Bafin hatten, und Prokon hatte im Jahr 2009 Ärger mit der Behörde. Der Windkraftbetreiber hatte ohne Banklizenz unerlaubt Bankgeschäfte betrieben. Die Bafin ordnete daraufhin die Rückabwicklung dieser Geschäfte an. Im Prospekt findet sich kein Wort davon - ganz im Gegenteil. Auf Seite 43 berichtet Prokon den Anlegern allen Ernstes, dass "keine früheren Aufhebungen einer Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften durch die Bafin" vorgelegen hätten.

In der Tat: Die Bafin hat Prokon keine Lizenz entzogen. Das ging auch gar nicht, weil Prokon ja auch nie eine Banklizenz beantragt und erhalten hatte. "Aber Prokon hat ohne Lizenz unerlaubte Bankgeschäfte getätigt, was aus Anlegersicht ähnlich ist", sagt Jurist Schroeter.

Die Frage, was nun in einen Prospekt gehört und was nicht, führt ein in die Untiefen der Juristerei. Die Bafin sagt, sie habe sich an das Gesetz gehalten. Die Genehmigung für den Prospekt hätte erteilt werden müssen, weil das eine (der eingereichte Prospekt von 2013) und das andere (der Verwaltungsakt gegen Prokon aus dem Jahr 2009) formal nichts miteinander zu tun hätten.

"Der Prospekt fordert Angaben zum Emittenten der Produkte, also im Fall des Prospektes vom 16. Mai 2013 Angaben zur Prokon Regenerative Energien GmbH", so die Bafin in einer schriftlichen Stellungnahme. Doch sei diese Prokon Regenerative Energien GmbH " nicht zu verwechseln mit der Prokon Regenerative Energien GmbH & Co. KG, die in der Vergangenheit unerlaubte Bankgeschäfte machte. "

"Der Prospekt war im Rechtssinn nicht vollständig"

Ein kurzes "Co.KG" im Abspann des Emittentennamens genügt, und schon greift das Gesetz nicht mehr? Experte Schroeter ist da anderer Meinung. Der Jurist verweist auf § 12 Absatz 1 der erst 2012 durch das Graumarktgesetz entsprechend verschärften Vermögensanlagen-Verkaufsprospektverordnung.

Demnach müssten auch bestimmte Informationen zur Geschäftsführung im Prospekt publiziert werden, "damit die Anleger sich ein Bild über die Seriosität und Zuverlässigkeit der Personen machen können, die für den Emittenten handeln und denen sie daher ihr Geld anvertrauen." Dazu gehöre, so Schroeter, als Mindestangabe auch die Information darüber, ob die Bafin einer von denselben Geschäftsführern geleiteten Gesellschaft früher eine Banklizenz entzogen hat.

Carsten Rodbertus ist gesetzlicher Vertreter und Geschäftsführer der gesamten Prokon Unternehmensgruppe. "Vieles spricht dafür, dass der Prospekt ohne diese Angabe zu den Prokon-Geschäftsführern nicht im Rechtssinne vollständig war", sagt Schroeter. "Stimmt man dem zu, hätte der Prospekt so nicht veröffentlicht werden dürfen, zumal die Bafin ja Kenntnis über den Vorfall hatte."

Prokon hat im Januar einen vorläufigen Insolvenzantrag gestellt. Betroffen sind rund 75 000 Privatanleger, die den hohen Zinsversprechen geglaubt haben. Über Genussrechte haben die Anleger insgesamt 1,4 Milliarden Euro in Windkraftanlagen investiert.Der Fall sorgte dafür, dass die Bundesregierung nun die Vorschriften für den grauen Kapitalmarkt weiter verschärfen möchte. Die Bafin soll mehr Eingriffsrechte erhalten.

Die Finanzaufsicht ist in den letzten Wochen scharf kritisiert worden. Der Behörde wurde vorgeworfen, Anleger nicht rechtzeitig gewarnt zu haben. Immerhin war es kein Kavaliersdelikt, als Prokon unerlaubt Bankgeschäfte tätigte. Anleger hätte dieser Rechtsverstoß wohl nachdenklich gemacht.

Allerdings darf die Bafin verdächtige Finanzfirmen nicht öffentlich an den Pranger stellen. Sie muss ansonsten fürchten, seitens der betroffenen Firma auf Schadensersatz verklagt zu werden. Entsprechend zurückhaltend agiert die Behörde beim Thema Verbraucherschutz. Auch im Betrugsfall S&K hatte die Bafin schon 2010 eine Auseinandersetzung mit der Immobilienfinanzfirma, auch damals drang davon kein Wort an die Öffentlichkeit.

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