Pläne für Finanztransaktionssteuer:Merkel und Sarkozy verschrecken die Börsen

Deutschland und Frankreich wollen Europas Wirtschaft neu ordnen und die Märkte beruhigen - doch die reagieren nervös auf die Vorschläge von Sarkozy und Merkel. Der Dax rutscht deutlich ins Minus. Besonders die Papiere der Börsenbetreiber selbst brechen ein. Anleger treibt vor allem eine Sorge um.

Oppositionspolitiker werfen Angela Merkel und Präsident Nicolas Sarkozy vor, genau das zu tun, was die Finanzmärkte wollen - doch diese sind gar nicht glücklich mit den Ergebnissen des deutsch-französischen Gipfels: Der Dax verlor am Vormittag zwischenzeitlich 1,6 Prozent.

Börse in Frankfurt/Main

Bronzeskulptur des Bären, Symbol für die Abwärtsbewegung, vor der Frankfurter Börse.

(Foto: dpa)

Besonders allergisch reagieren Anleger auf eine zentrale Forderung von Merkel und Sarkozy: Die geplante Einführung einer Steuer auf Finanztransaktionen, die Spekulation eindämmen soll. Sie belastet vor allem die eigenen Papiere der Handelsplätze. Größter Verlierer am Mittwoch war die Deutsche Börse selbst: Ihre Aktie rutschte in den ersten Handelsminuten mehr als sechs Prozent ins Minus.

Auch der Börsenwert des Londoner Geldmarktes brach um fast vier Prozent ein. An der Wall Street war die Aktie der NYSE Euronext schon nach der Ankündigung aus Paris massiv eingebrochen. Sie schloss mit 8,4 Prozent im Minus. Die NYSE Euronext betreibt Börsen in den USA und Europa. Sie soll bald mit der Deutschen Börse fusionieren.

Ein Börsenteilnehmer verwies unter Berufung auf Analysten darauf, dass die NYSE Euronext schätzungsweise ein Drittel und die Deutsche Börse sogar rund 80 Prozent ihrer Nettoerlöse mit Transaktionen innerhalb Europas erzielten. Auf diese Geschäfte hätte eine europäische Transaktionssteuer, einst lediglich eine Forderung von Globalisierungsgegnern, massiven Einfluss. Ein anderer Experte verwies jedoch darauf, dass die Steuer in der Vergangenheit schon oft diskutiert, aber nie realisiert wurde.

Auf ihrem Treffen in Paris hatten die deutsche Kanzlerin und der französische Präsident sich geeinigt, eine europäische Wirtschaftsregierung zu schaffen, die Finanz- und Wirtschaftspolitik der Staaten besser koordinieren soll. Außerdem wollen Merkel und Sarkozy die Euro-Staaten dazu bringen, Schuldenbremsen für die nationalen Haushalte einzuführen.

"Es gibt zwar langfristige Lösungsvorschläge, aber kurzfristig ist das Merkel-Sarkozy-Treffen eine Enttäuschung", erklärte ein Börsianer.

Auch die Gemeinschaftswährung gab nach: Am Morgen kostete der Euro 1,4340 Dollar, am Dienstagabend waren es noch 1,4409 Dollar gewesen.

Händler halten die Resultate des Pariser Treffens für unzureichend. "Das deutsch-französische Treffen hat keine einzige klare Lösung gebracht", sagte ein Trader von der Bank Hachijuni in Tokio. "Das führt zu Euro-Verkäufen an den Märkten."

Auch Analysten der Commerzbank bezweifeln, dass die Vorschläge der beiden Politiker den Euro substanziell stärken werden. In ihrem Morgenkommentar schrieben sie: "Die Ergebnisse sind mau und dürften dem Euro kaum Rückenwind bringen."

In der deutschen Politik fielen die Reaktionen unterschiedlch aus: Erwartungsgemäß lobten Regierungspolitiker wie Peter Altmaier (CDU), Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, die Vorschläge von Merkel und Sarkozy als "äußerst starkes politisches Ergebnis". Für Grünen-Chefin Claudia Roth sind sie dagegen "Etikettenschwindel".

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