Photovoltaik:Die Sonne pachten

Solarstrom - Solar-Anlage auf einem Dach

Eine Solaranlage können Hausbesitzer auch mieten. Das macht den Einstieg in die Nutzung erneuerbarer Energien günstiger.

(Foto: dpa)

Unternehmen bieten Solaranlagen zur Miete an. Hausbesitzer sparen so Anfangsinvestition, Wartung und Reparaturen. Doch diese Leistungen haben ihren Preis.

Von Ralph Diermann

Als Familie Ulatowski vor einigen Jahren ihr Einfamilienhaus in Pinneberg in Schleswig-Holstein um einen Anbau erweiterte, sollten gleich auch Solarmodule auf das Dach und dazu ein Batteriespeicher in den Keller. Doch das Budget war knapp. "Wir hatten bereits einen großen Kredit für den Bau aufgenommen. Daher wollten wir nicht zusätzlich noch Geld für die Photovoltaik-Anlage leihen", sagt Iris Ulatowski. Stattdessen entschied sich die Familie dafür, die Technik zu mieten. Das Hamburger Unternehmen DZ-4 plante und installierte das Solarsystem, kümmert sich um Reparaturen und überwacht die Leistung der Anlage. Dafür bezahlt die Familie der Firma eine monatliche Pacht. Den erzeugten Strom verbraucht sie selbst oder speist ihn gegen eine Vergütung ins öffentliche Netz ein. "Das Mietmodell ist sehr komfortabel. Das war besonders bei der Installation angenehm, weil wir mit dem Anbau ohnehin viel um die Ohren hatten", erklärt Ulatowski.

Miete statt Kauf: Bei der Photovoltaik ist das bisher noch ein ungewöhnliches Konzept. Doch seit einigen Jahren steigen immer mehr Unternehmen in das Geschäft ein. Allen voran Stadtwerke - meist mithilfe von Dienstleistern wie Greenergetic oder Trianel, die für sie die Abwicklung übernehmen. Da mit dem Stromverkauf immer weniger Geld zu verdienen ist, wollen die Versorger so neue Umsatzquellen erschließen und zugleich etwas für ihr Image tun. Viele von ihnen bieten die Anlagenmiete bundesweit an. Mancherorts werben auch lokale Installationsbetriebe mit diesem Modell um Kunden. Dazu kommen spezialisierte Anbieter wie DZ-4. Die wachsende Zahl der Angebote zeigt, dass Energiebranche und Handwerker hier ein interessantes Geschäftsfeld sehen. "Wir sind mit dem Absatz unseres Photovoltaik-Angebotes sehr zufrieden und erhalten aktuell jeden Tag unterzeichnete Verträge", erklärt etwa Christoph Steinhauer vom Darmstädter Versorger Entega.

Steuern und andere Hürden

Auch wenn viele Anbieter selbst von einem Mietmodell sprechen, handelt es sich bei den Solarsystemen doch juristisch gesehen um eine Pacht. Denn die Hausbesitzer betreiben die Anlage zu gewerblichen Zwecken - sie speisen den erzeugten Strom, den sie nicht selbst nutzen können, ins Netz und erhalten dafür eine Vergütung. Daraus folgen einige rechtliche Auflagen, die sich aber meist nicht von denen bei einem Kauf unterscheiden. So sind die Pächter verpflichtet, die Anlage beim Finanzamt anzumelden. Die damit erzielten Einnahmen müssen dann später ebenso wie die Ausgaben bei der jährlichen Steuererklärung angegeben werden. Auf gewerbliche Erträge wird Umsatzsteuer fällig. Die Betreiber ein- oder zweifamilienhaustypischer Anlagen können diese jedoch vermeiden, indem sie die sogenannte Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen. Sie müssen dann keine Umsatzsteuer abführen, können im Gegenzug allerdings auch nicht die Mehrwertsteuer steuerlich geltend machen, die sie an die Verpächter zahlen. Zudem bekommen sie die Vergütung für den eingespeisten Strom ohne Mehrwertsteuer ausgezahlt. Darüber hinaus müssen die Betreiber - ob sie nun Pächter oder Käufer sind - ihre Anlage im Online-Portal der Bundesnetzagentur anmelden. Nur dann haben sie Anspruch auf eine Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz. Zudem sind Hausbesitzer verpflichtet, die Anlage ihrem Gebäude- und Feuerversicherer zu melden. Tun sie das nicht, besteht die Gefahr, dass sich die Unternehmen weigern, etwaige Dachschäden zu begleichen. Enthält das Service-Paket der Verpächter keine Allgefahren- und keine Haftpflichtversicherung für die Solaranlage, sollten die Hausbesitzer diese selbst abschließen. Thomas Wennmacher von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen rät, die Pachtverträge vor Abschluss sehr sorgfältig zu prüfen. "Insbesondere die Haftungsaspekte sind hier wichtig. Wer haftet für was? Wer muss was wie schnell reparieren? Wie ist es um den Schadensersatz oder die Kündigungsrechte bestellt? Das sind Punkte, die Hausbesitzer genau unter die Lupe nehmen sollten." Ebenso sollten sie sich damit befassen, wie das Zutrittsrecht des Verpächters auf das Dach vertraglich geregelt ist. Wennmacher weist darauf hin, dass manche Anbieter eine Grunddienstbarkeit in das Grundbuch eintragen wollen, um sich so für die Vertragslaufzeit einen Rechtsanspruch auf das Dach zu verschaffen. "Wenn man sein Haus verkaufen will, kann das relevant werden, weil es unter Umständen die Attraktivität der Immobilie mindert", erklärt der Experte. "Interessenten sollten sich auf keinen Fall darauf einlassen. Den Anspruch auf das Dach kann man auch anders vertraglich regeln."

"Die Mietmodelle bedeuten für Hausbesitzer eine Art Rundum-sorglos-Paket", sagt Carsten Tschamber, Geschäftsführer der Branchenvereinigung Solar Cluster Baden-Württemberg. Die Anbieter planen und finanzieren die Anlage, suchen die Module und andere Komponenten aus und beauftragen einen Installateur. Ist das Solarsystem am Netz, übernehmen sie die Wartung und den Austausch von Anlagenteilen, falls diese kaputt gehen. Manche Vermieter behalten darüber hinaus auch die Ertragsdaten der Anlage im Blick. So lässt sich frühzeitig erkennen, wenn einzelne Module an Leistung verlieren, sodass sie ausgetauscht werden können.

Laut einer Beispielrechnung für ein konkretes Gebäude bezahlen Kunden von DZ-4 für eine Standardanlage mit sechs Kilowatt Leistung ohne Speicher samt Services wie Wartung, Reparaturen und Fernüberwachung sowie Versicherungen knapp 77 Euro brutto im Monat. Bei anderen Immobilien kann die Summe etwas abweichen. Der Vertrag läuft über 15 Jahre, der Mietpreis bleibt dabei konstant. Anschließend können die Kunden den Kontrakt im Jahrestakt zu gleichen Bedingungen verlängern oder aber die Anlage zum Restwert abkaufen. Verlängern sie den Vertrag, geht die Anlage nach insgesamt 25 Jahren in ihr Eigentum über. Die Module werden danach in der Regel noch einige Zeit weiter Strom erzeugen, wenn auch mit stetig schwindender Leistung: Gratisenergie also für die Bewohner. Sollte ein Hausbesitzer seine Immobilie verkaufen, könne er den Mietvertrag dem Käufer übertragen, erklärt DZ-4-Geschäftsführer Florian Berghausen. "Zudem hat der Eigentümer ein Sonderkündigungsrecht. Er kann uns die Anlage zum Restwert abnehmen und sie mit dem Haus verkaufen." Andere Unternehmen bieten ihren Kunden ähnliche Konditionen.

"Warum sollte ich eine andere Partei an meiner Solaranlage mitverdienen lassen?"

Doch lohnt sich das Modell? Oder wäre eine einmalige Investition rentabler? Schließlich sind Solaranlagen mittlerweile günstig - eine Sechs-Kilowatt-Anlage ist heute schon für knapp 9000 Euro zu haben. Tschamber hält die Miete daher finanziell für weniger attraktiv ist als einen Kauf. "Über die gesamte Pachtdauer gesehen ist dieses Modell vergleichsweise teuer, da sich die Anbieter Leistungen wie Wartung und Monitoring natürlich bezahlen lassen", sagt der Solarexperte. Zwar biete die Miete den Haushalten einen gewissen Komfort. Doch allzu groß sei der Aufwand nicht, wenn sie selbst einen Installateur beauftragten. Dieser könne auch Wartung und Reparaturen übernehmen. Die Überwachung der Anlage sei ebenfalls keine Herausforderung. "Man muss sich nur die Abrechnung der Netzbetreiber über die eingespeiste Strommenge anschauen, um zu sehen, ob die Anlage noch richtig arbeitet", erklärt Tschamber.

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Wer eine Solaranlage pachtet, braucht sich um Aufbau und Wartung nicht kümmern.

(Foto: Getty Images)

Auch Thomas Wennmacher von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen rät zum Kauf. "Warum sollte ich eine andere Partei an der Solaranlage auf meinem Dach mitverdienen lassen? Dafür gibt es keinen Grund. Komfort und Sicherheit sind in der Regel keine Argumente, denn Installation und Betrieb der Anlagen sind heute einfach", sagt der Verbraucherschützer. Er weist zudem darauf hin, dass man sich bei einer Pacht für eine lange Zeit bindet. "Das sollte man sich gut überlegen", sagt Wennmacher. Auch, weil derzeit immer wieder neue Geschäftsmodelle für Haushalte entwickelt werden, die gleichermaßen Strom verbrauchen und erzeugen. Insbesondere Speicher geben Anlagenbetreibern die Möglichkeit, zusätzlich Geld zu verdienen - etwa, indem sie mit ihren Batterien helfen, das Stromnetz zu stabilisieren. "Ist die Vertragslaufzeit sehr lang, können sie nicht von solchen Modellen profitieren", erklärt der Experte.

Kommt ein Kauf aber nicht infrage, ist die Miete durchaus eine lukrative Alternative. Denn schließlich ist der Strom aus einer gemieteten Solaranlage in der Regel deutlich günstiger als der, den die Versorger liefern. Je mehr Sonnenenergie die Haushalte also selbst verbrauchen, statt sie ins öffentliche Netz zu speisen, desto rentabler sind die Module auf ihrem Dach - egal, ob sie gemietet oder gekauft sind.

Neben der Miete einer Solaranlage haben Immobilienbesitzer noch eine weitere Möglichkeit, aus der Photovoltaik Kapital zu schlagen, ohne selbst zu investieren: Sie können ihre Dächer an Parteien vermieten, die dort dann auf eigene Rechnung Solaranlagen betreiben. "Energiegenossenschaften zum Beispiel suchen händeringend nach Flächen, auf denen sie Anlagen installieren können", berichtet Tschamber. Begehrt sind der größeren Fläche wegen vor allem die Dächer von Industrie-, Gewerbe- und Handelsimmobilien. In vielen Regionen Deutschlands haben lokale Energieagenturen, Umweltinitiativen oder kommunale Verwaltungen Online-Börsen für Solardächer ins Leben gerufen, die Dachbesitzer und Investoren zusammenbringen sollen. Musterverträge machen es ihnen einfach, miteinander ins Geschäft zu kommen. Allerdings ist das Angebot an Dächern dort derzeit überschaubar. Kein Wunder - bei Renditen von bis zu zehn Prozent ist es für Immobilienbesitzer attraktiver, selbst eine Anlage zu betreiben.

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