Parkplätze:Viel in Bewegung

"Park(ing) Day" in München, 2018

Platz für Autos oder Platz zum Spielen? Park(ing) Day in München.

(Foto: Catherina Hess)

Wohin mit dem Fahrzeug? Die Frage könnte in Zukunft leichter zu beantworten sein, denn digitale Dienste sollen die Stellplatzsuche in den dicht bebauten Städten beschleunigen und auch komfortabler machen.

Von Lars Klaaßen

Der "Los Angeles Garden" hat auf der Internationalen Gartenausstellung in Berlin 2017 bei den einen Unverständnis hervorgerufen, bei den anderen sarkastische Heiterkeit. Denn der "Garten" bestand aus einer acht mal neun Meter kleinen umzäunten Rasenfläche mit sechs künstlichen Palmen und zwei Sitzbänken - ein winziger Alibigarten umschlossen von Asphalt und parkenden Fahrzeugen. Der Künstler Martin Kaltwasser demonstrierte mit dem detailgetreuen Nachbau der Minigarteninsel des Bergamot Station Car Park die Verdrängung von Natur zugunsten einer urbanen Automobil-Monokultur.

Demonstrationen mit gleichem Impetus fanden weltweit auch wieder im September statt. Seit 2005 wird am dritten Freitag des Monats der "Park(ing) Day" begangen. Dann verwandeln Stadtbewohner die Parkplätze vor ihren Haustüren in kleine Parks. Was die einen in vielen Fahrrunden um die Blocks suchen, ist für die anderen verschwendeter Stadtraum, den sie zumindest für diesen einen Tag schöner machen und auf genussvollere Weise nutzen wollen - Rollrasen statt Radkappen.

Der Umgang mit Kraftfahrzeugen und Parkplätzen ist bei genauerem Hinsehen enorm verschwenderisch: Im Durchschnitt wird ein Pkw pro Tag nur eine Stunde genutzt, 23 Stunden steht er nutzlos herum. Die Folgen bekommen Autofahrer vor allem in den Ballungsräumen zu spüren. In deutschen Großstädten verbringen sie 40 bis 70 Stunden jährlich mit der Suche nach einem freien Parkplatz, das entspricht fünf bis acht Urlaubstagen.

"Die Lebensqualität in den Städten lässt sich nur steigern, Wohnquartiere werden nur attraktiver, wenn Flächen in Zukunft gerechter allen Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmern zur Verfügung stehen", sagt Anne Klein-Hitpaß, Projektleiterin Städtische Mobilität bei der Initiative Agora Verkehrswende. "Das bedeutet, dass der motorisierte Individualverkehr, insbesondere der ruhende Verkehr, in Zukunft auf Raumansprüche wird verzichten müssen." Im September hat die Initiative das Rechtsgutachten "Öffentlicher Raum ist mehr wert" veröffentlicht. Darin werden die Handlungsspielräume der Kommunen untersucht, mit denen dieses Ziel erreicht werden kann.

Parkausweise für Bewohner dürfen in Deutschland nicht teurer als 30,70 Euro sein - pro Jahr

"Städte können bereits heute die Flächennutzung gezielt steuern", betont Klein-Hitpaß. Eine zentrale Rolle spiele dabei das Parkraummanagement, aber auch die Förderung von Mobilitätsdienstleistungen, die Alternativen zum privaten Auto schafften, wie Carsharing mit seinen nachgewiesenen Entlastungseffekten. "Zugleich aber schränkt das Bundes-, teilweise das Landesrecht den Handlungsspielraum der kommunalen Entscheidungsträger allzu stark ein." So dürfen laut Bundesgesetz Bewohnerparkausweise in Deutschland nicht teurer als 30,70 Euro sein - pro Jahr. Zum Vergleich: Für den gleichen Zeitraum kostet in Stockholm ein Bewohnerparkausweis 827 Euro.

Eine Chance für effizienteres Parkraummanagement sieht Klein-Hitpaß durch die Digitalisierung: "Da tun sich neue Möglichkeiten auf, aber es kommt darauf an, sie intelligent einzusetzen." Apps etwa, die die Parkplatzsuche vereinfachen, könnten eine weitere Zunahme des motorisierten Verkehrs forcieren. "Und selbstfahrende Autos, die noch dichter aneinanderparken, bescheren uns nicht mehr Platz in den Innenstädten."

"Digitalisierung hat das Parkraummanagement bereits in den vergangenen Jahren stark verändert", sagt Philippe Op de Beeck, Chef der die Apcoa Parking Group. Das Unternehmen bewirtschaftet mit 5000 Mitarbeitern etwa 1,4 Millionen Einzelstellplätze an 9000 Standorten in 13 europäischen Ländern. "Je knapper Parkraum in den Städten wird, desto wichtiger wird es, den Weg zum nächsten Parkplatz zu finden - dafür bieten digitale Dienste die nötigen Instrumente." Das Unternehmen hat in diesem Jahr seine neue App Apcoa Flow für die europäischen Länder auf den Markt gebracht. Die Nutzer können damit zunächst in 200 Parkhäusern in Deutschland ohne Ticket ein- und ausfahren sowie bargeldlos bezahlen. Die App findet das nächstgelegene Parkhaus am finalen Reiseziel und navigiert den Fahrer dorthin. Die Garage erkennt das Fahrzeug per RFID-Chip berührungslos, und die Schranken öffnen automatisch. Das Ziehen eines Parktickets sowie der Gang zum Kassenautomaten entfallen damit. In die App kann auch eine Reihe weiterer Dienste integriert werden. Apcoa führt Gespräche mit Anbietern für Carsharingdienste, Mietwagenfirmen, Betreibern von E-Ladestationen und Paketlieferdiensten. "Die Erweiterung des Parkraummanagements um solche Services erhöht den Wert der Immobilien, in denen sie angeboten werden können", betont Op de Beeck. "Neben Stellplätzen in zentralen Lagen rücken vor allem die Randgebiete der Ballungsräume in den Fokus, wo Park & Ride als Schnittstelle zwischen ÖPNV und Pkw an Bedeutung weiter zunehmen wird."

In Stockholm, wo Parkraum ein wesentlich knapperes und kostspieligeres Gut ist als in hiesigen Metropolen, hat Apcoa über seinen Partner Parkling mit digitaler Technik gepunktet. Parklings neue Technologie für Straßenparkplätze wurde von der schwedischen Hauptstadt mit einem Innovationspreis ausgezeichnet. Der Wettbewerb hatte zum Ziel, das Potenzial neuer Technologien zur Überwachung von On-Street-Parkplätzen zu ermitteln. Parkende Fahrzeuge und Parkverstöße werden dort nun erfasst und identifiziert, die öffentliche Parkplatzbeschilderung digitalisiert. Darüber hinaus bietet Parkling in Stockholm seine App für Autofahrer an, die auch in Berlin zur Verfügung steht. Die App hilft mit einer Karte bei der Suche nach einem freien Parkplatz.

Wer schneller einen Parkplatz findet, schont seine Nerven und die Umwelt. Denn eine kürzere Suche bedeutet auch weniger Verkehr. In der Innenstadt von Wien wurde die durchschnittliche Zeit der Parkplatzsuche laut Agora Verkehrswende auf ein Drittel reduziert - von neun auf drei Minuten. "Zu den Maßnahmen", so Klein-Hitpaß, "zählten neben der Parkraumbewirtschaftung auch die Förderung von Fuß- und Radverkehr sowie ein 365-Euro-Jahresticket für den ÖPNV."

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