Süddeutsche Zeitung

Pädagogische Architektur:"Wir müssen Flächen intelligenter nutzen"

Der Unterricht verändert sich, und deshalb muss sich auch der Schulbau ändern, meint Architektin Barbara Pampe.

Interview von Simone Gröneweg

Der Betreuungsaufwand wächst, der Unterricht verändert sich. Auch der Schulbau müsse sich wandeln, meint Barbara Pampe. Sie leitet den Projektbereich Pädagogische Architektur bei der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft.

Was braucht ein Schulgebäude?

Barbara Pampe: Auf den ersten Blick scheint die Antwort einfach zu sein. Eine Schule benötigt Klassenräume, ein Lehrerzimmer sowie einen Pausenhof, um nur einige Aspekte zu nennen. Details dazu haben Länder und Kommunen in ihren Richtlinien festgelegt.

Das klingt recht bürokratisch.

Das ist es auch. Man hat Schulen hierzulande vor allem anhand von Raumlisten geplant, die abgearbeitet werden. Auf neue Anforderungen haben die Verantwortlichen oft dahingehend reagiert, dass sie den Bauten einfach weitere Räume hinzufügten. Pädagogen und Architekten verhandelten im Extremfall nur über das Nötigste. Es wurde vielleicht darüber gesprochen, welche Räume man benötigt. Welche Aktivitäten dort stattfinden sollten, war kein Thema. Dieses Prinzip stellt aber keine adäquate Lösung dar.

Was muss sich ändern?

Schulbau kostet viel Geld. Es reicht nicht, nur zusätzliche Räume zu bauen. Wir müssen Flächen vor allem intelligenter nutzen. Früher dominierte der Frontalunterricht, die Schüler saßen in der Klasse und haben vor allem zugehört. Das hat sich jedoch geändert. Die Unterrichtsformen sind anders, die Digitalisierung verändert vieles, an den Schulen wird zunehmend der Ganztages-Unterricht eingeführt. Auf einen solchen Wandel müssen die Gebäude ausgelegt sein.

Wie schafft man das?

Steht der Nachbarraum leer, sollte die Nachbarklasse ihn zum Beispiel auch nutzen können. Darum sollte es ein Sichtfenster oder zumindest eine Verbindungstür zwischen den Räumen geben. Wir müssen Schule einfach neu denken. Das fängt bei den Klasseneinteilungen an. Irgendwann wurde festgelegt, dass ungefähr 30 Schülerinnen und Schüler sowie eine Lehrkraft zu einer Klasse gehören. Heute gibt es ganz verschiedene, auch größere Klassenverbände mit zum Beispiel 60 Kindern und mehreren Lehrern, die dann im Team arbeiten.

Man muss Schulen also individueller und mit mehr Weitblick planen?

Darum plädieren wir dafür, die sogenannte Phase Null beim Schulbau einzuführen. Bei anderen Bauten - etwa Krankenhäusern - wird das gemacht. Die gemeinsame Planung von Pädagogen, Architekten und Verwaltung bringt viele Vorteile. Die Schulgemeinschaft muss sich entscheiden, wofür die Schule steht und was sie leisten soll. Dadurch wird klar, welche Anforderungen der Bau erfüllen muss. Hinzu kommt, dass die Schulgemeinschaft sich später besser mit dem Gebäude identifiziert. Und nicht nur die Lehrer und Lehrerinnen, sondern auch Eltern, Schüler, Hausmeister oder Lernbegleiter können mit ihrem Wissen dazu beitragen, dass man Schulen besser plant.

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Quelle:
SZ vom 31.03.2018
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