Süddeutsche Zeitung

Österreich:Kaufen, was geht

Häuser und Wohnungen in Österreich sind begehrt, auch bei deutschen Investoren. Konjunkturprogramme und der Trend zum Home-Office treiben die Nachfrage. Die Preise steigen daher weiter - und das mitten in der Krise.

Von Marianne Körber

Österreich wurde von der Pandemie hart getroffen. Die Zentralbank in Wien berichtete an diesem Dienstag von einem außenwirtschaftlichen Schock, von Vorsicht bei Unternehmern, Anlegern und Banken. Privatleute nehmen weniger Konsumentenkredite auf, sparen lieber für schlechte Zeiten. Doch eines bleibt: das große Interesse an Immobilien. "Vom Immobilienerwerb ließen sich viele Österreicher auch durch die Covid-19-Pandemie nicht abbringen", heißt es bei der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB). Von Januar bis Ende September wurden neue Wohnbaukredite im Volumen von 17,2 Milliarden Euro aufgenommen, plus 16 Prozent.

Den Run auf Wohngebäude bestätigt jetzt auch der Immobiliendienstleister Catella. "Der Wohnimmobilienmarkt Österreich zeigt sich von der Pandemie gänzlich unbeeindruckt", berichtet Catella-Experte Thomas Beyerle. Das ermögliche "eine wohltuende Pause von den zahlreichen Krisen-News, die uns gerade weltweit erreichen". Zwar sieht auch der Chef von Catella Research Risikofaktoren, gibt sich aber dennoch zuversichtlich. Seinen "Grundoptimismus" für die Branche begründet Beyerle unter anderem mit den milliardenschweren Hilfsprogrammen von Österreichs Regierung (38 Milliarden Euro, etwa zehn Prozent der Wirtschaftsleistung) und mit der steigenden Nachfrage nach "sicheren" Wohninvestments. Die positive Entwicklung werde zudem gestützt durch das niedrige Zinsumfeld, den anhaltenden Investitionsdruck und den Mangel an alternativen Kapitalanlagen. Außerdem profitiere die Assetklasse Wohnen möglicherweise auch von einer stärkeren Ausbreitung des Home-Office.

Nicht nur die Österreicher stecken ihr Geld in Immobilien, auch internationale Investoren tun es; sie haben bei den gewerblichen Wohninvestments inzwischen einen Anteil von 45 Prozent. Anders ausgedrückt: Fast jede zweite Großtransaktion auf dem österreichischen Wohnungsmarkt wird von ausländischen Investoren getätigt, ein Rekord. Und näher hingeschaut, zeigt sich: Etwa drei Viertel dieser professionellen ausländischen Anleger stammen aus Deutschland.

Der Bereich Wohnen gilt in Österreich wie in Deutschland als Krisenprofiteur, stellen die Catella-Experten fest. Sie erwarten daher, dass Investoren, die in mehreren Bereichen tätig sind, vermehrt Kapital umschichten werden. Statt Hotels, Büros und Einzelhandelsimmobilien könnten sie nun Wohnimmobilien kaufen.

Bei den Preisen geht der Trend weiter nach oben. Im zweiten, stark von Corona betroffenen Quartal gab es laut OeNB bei Wohnimmobilien einen Preisauftrieb von 5,2 Prozent. Im dritten Quartal sogar von 9,5 Prozent. Das zeige die anhaltend hohe Nachfrage nach Wohnimmobilien. Apropos Nachfrage: Einfamilienhäuser sind offenbar besonders begehrt; in den drei Quartalen bis Ende September stiegen die Preise gegenüber dem Vorjahr um 13,8 Prozent. Die Entwicklung wird teilweise mit der Pandemie erklärt.

Der Kauf von Wohnungen und Häusern zwischen Bregenz und Wien, Linz und Klagenfurt bleibt also eine teure Angelegenheit. Ein paar Beispiele im Neubaubereich:

In Wien kostete der Quadratmeter im dritten Quartal 5442 Euro (Angebotspreise im Mittelwert), in Salzburg 7516 Euro und in Innsbruck sogar 7535 Euro.

Einerseits Krise, andererseits Boom? Das ist nicht unbedingt ein Widerspruch, wie sich hier zeigt. Und Geld ist offenbar da, bei Profi-Anlegern wie auch bei vielen Privatleuten. Bei der Zentralbank heißt es: "Private Haushalte konnten ihr Geldvermögen im Umfeld der Pandemie ausbauen. Die Veranlagung fiel im ersten Halbjahr 2020 mit knapp 13,5 Milliarden Euro sogar besonders hoch aus."

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Quelle:
SZ vom 14.11.2020
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