Süddeutsche Zeitung

Ökostrom:Die Schattenseite

Explodierende Strompreise befeuern eine heftige Debatte über erneuerbare Energien. Immer dringender stellt sich die Frage: Wie teuer dürfen Umbau der Energiewirtschaft und Klimaschutz werden?

Markus Balser

Es ist ein winziger Betrag, der am Freitag dem ganzen Land schlagartig klarmachte, welch gewaltige Veränderungen der Umbau der deutschen Energielandschaft anstößt: Um 1,5 Cent wird die Ökostromumlage für 2011 erhöht. Damit steigen die Kosten für die Förderung erneuerbarer Energien auf 13 Milliarden Euro - neuer Rekord. Die Folge: Millionen Deutsche zahlen künftig mehr für Strom.

Was Deutschlands Netzbetreiber bekannt gaben, befeuert eine heftige Debatte über Kosten und Nutzen erneuerbarer Energien. Denn der Strompreis wird angesichts der milliardenschweren Förderung für Ökostromproduzenten nicht zum letzten Mal steigen. Der Ausbau von Wind- und Sonnenstrom geht weiter. Und die Folgen der Gebäudesanierung für mehr Energieeffizienz werden in den nächsten Jahren Millionen Mieter treffen. Immer dringender stellt sich die Frage: Wie teuer dürfen Umbau der Energiewirtschaft und Klimaschutz werden?

Wer sich über steigende Strompreise durch die Ökoabgabe ärgert, muss sich zunächst die Verhältnisse auf dem Energiemarkt genauer ansehen: Denn über Jahrzehnte subventionierten die Deutschen vor allem die alten, schmutzigen Energieträger. Milliarden an Steuergeldern fließen noch immer in die Steinkohle. Auch Atomstrom wäre deutlich teurer, müssten Kraftwerksbetreiber alle Kosten und Risiken selbst tragen. Ein weiterer Effekt treibt die Strompreise: Bislang sind Verbraucher noch nie für die wahren Kosten des Stroms aufgekommen.

Denn in ihren Rechnungen wurde der ökologische Preis des Energieverbrauchs weitgehend ignoriert. Das ändert sich. Die Verfeuerung von Kohle, Gas und Öl führt zu gewaltigen Umweltschäden, deren Beseitigung viele Milliarden kostet. Über Emissionszertifikate werden die Folgen künftig ihren Preis bekommen. Kosten, die bei erneuerbaren Energien erst gar nicht anfallen werden. Schon deshalb gehört den grünen Energien die Zukunft. Sie müssen gefördert werden, damit sich Technologien durchsetzen, günstiger und damit reif für den Einsatz auf dem Massenmarkt werden.

Allerdings schadet Überförderung in einzelnen Bereichen dem Image der gesamten Branche. Dass ausgerechnet Solaranlagen mit bescheidenem Energieertrag zur Kostenexplosion in Deutschland führen, setzt dem Vertrauen in neue Technologien zu. Um Schaden abzuwenden, muss die Solarbranche nun zeigen, dass sie billiger produzieren kann als bisher. Die Politik wird um eine Reform der Förderung nicht herumkommen.

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Quelle:
SZ vom 16.10.2010/hgn
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