Ökonomen zur US-Hypothekenkrise:Angst vor Börsen-Crash unbegründet

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Um eine weltweite Finanzkrise zu verhindern, haben die Notenbanken Milliarden in das Bankensystem gepumpt. Ökonomen sehen jedoch keinen Grund zur Panik. Einige halten sogar einen Aufschwung für möglich.

Der Währungsfonds (IWF) hat die Tumulte auf den weltweiten Finanzmärkten wegen der US-Immobilienkrise als "beherrschbar" eingestuft. Die Weltwirtschaft sei trotz der aktuellen Kreditkrise weiter auf Wachstumskurs.

Die Organisation äußerte die Einschätzung, dass die Auswirkungen der Turbulenzen kontrollierbar seien. Die Fundamentaldaten deuteten weiter daraufhin, dass das starke Wachstum der Weltwirtschaft andauere.

Ein Vertreter der größten US-Handelsbank Bank of America bezeichnete die möglichen Folgen der Hypothekenkrise in den USA für Deutschland und Europa als gering. "Die Konjunktur in Deutschland und Europa kann 2008 sogar an Schwung gewinnen", sagte Holger Schmieding, Chefvolkswirt Europa der Bank of America, in einem Interview der Wirtschaftswoche.

Eine gegenwärtige Schwäche der Europa-Konjunktur liege vor allem am starken Euro und der strafferen Zinspolitik der Europäischen Zentralbank. Die - ausgelöst durch die Korrektur bei den US-Risikohypotheken - "realistischer bewerteten Kreditrisiken haben da wenig Einfluss".

Auch der Chef der Wirtschaftsweisen, Bert Rürup, hält den Aufschwung in Deutschland durch die Krise an den Finanzmärkten derzeit für nicht gefährdet. "Noch sehe ich keine gravierenden Auswirkungen auf die robuste Konjunktur in Deutschland", sagte Rürup der Berliner Zeitung.

Keine unmittelbaren Gefahren

Die Krise werde auf die Finanzmärkte beschränkt bleiben, zumal sich die EZB außerordentlich klug verhalte und den Markt ausreichend mit Liquidität versorge. "Der Aufschwung sollte deswegen intakt bleiben", sagte Rürup.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie zeigte sich ebenfalls optimistisch: "Der Konjunktur in Deutschland und Europa drohen durch die US-Immobilien-Krise an den Aktienmärkten keine unmittelbaren Gefahren", sagte BDI-Volkswirt Reinhard Kudiß der Zeitung.

Allerdings seien die Risiken größer geworden: "Insbesondere dann, wenn der private Verbrauch in Amerika als tragende Säule der dortigen Konjunktur einen Dämpfer erhalten sollte, würde das Konjunkturklima hierzulande eingetrübt."

Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, beschwichtigte Sorgen vor einem baldigen Börsen-Crash. "Ich glaube nicht, dass die Wende an den Aktienmärkten jetzt bereits da ist. Es ist immer noch sehr viel Geld im Markt, für das rentable Anlagen gesucht werden", sagte Walter der Hannoverschen Neuen Presse.

Es gebe ein historisch niedriges Kurs-Gewinn-Verhältnis vor allem an den europäischen Börsen. "Ich kann mir unter diesen Umständen nicht vorstellen, dass wir nach einer Marktberuhigung nicht wieder Zuflüsse in die liquiden Aktienmärkte bekommen werden."

Rund um den Globus hatten die Notenbanken kurz vor dem Wochenende Milliardensummen in das Bankensystem gepumpt, um die tief verunsicherten Anleger zu beruhigen. Die Angst vor einer Verschärfung der Kreditkrise veranlasste die Europäische Zentralbank (EZB), die US-Notenbank Fed sowie die Währungshüter in Tokio und Sydney zu zusätzlichen Liquiditätsspritzen.

Auswirkungen auf Banken befürchtet

Innerhalb von 48 Stunden wurden so mehr als 230 Milliarden Euro in den Finanzkreislauf gebracht und damit so viel wie noch nie seit den Anschlägen vom 11. September 2001.

Der Auslöser für die jüngste Nervosität an den Märkten kam aus Frankreich: Am Donnerstag hatte die Großbank BNP Paribas in Folge der US-Hypothekenkrise drei Fonds über 1,6 Milliarden Euro nach massiven Wertverlusten eingefroren.

Damit sind vorerst keine Ein- und Auszahlungen mehr möglich. Anleger fürchten, dass sich die am US-Markt für schlechter besicherte Hypothekenkredite ausgebrochene Liquiditätskrise auf andere Bereiche ausdehnen und die Banken in Finanzierungsnöte bringen könnte.

Die Kreditkrise in den USA soll laut einem Pressebericht auch bei der weltgrößten Bank Citigroup tiefe Spuren hinterlassen. Wie die Financial Times unter Berufung auf gut unterrichtete Kreise berichtete, hat die US-Großbank in den vergangenen Wochen mehr als 500 Millionen Dollar im "Kreditgeschäft" verloren. Ein Firmensprecher war zunächst nicht für einen Kommentar erreichbar.

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