Notenbanken:Tiefer als null geht doch

Viele Zentralbanken können den Leitzins nicht mehr weiter herabsetzen. Doch nun ergreifen sie andere Maßnahmen, um die Märkte zu stimulieren. Ein Überblick.

Mit zunehmender Dauer der Finanz- und Wirtschaftskrise geben mehr und mehr Zentralbanken die klassische Geldpolitik auf und schalten um auf umstrittene Alternativen. Die im Fachjargon "quantitative easing" (quantitative Lockerung) genannten Maßnahmen zielen auf eine Ausweitung der Geldmenge ab. Dazu kaufen die Notenbanken in großem Stil Staatspapiere, Unternehmensanleihen oder Aktien. So pumpen sie frisch gedrucktes Geld in ihre Volkswirtschaften.

Geld, dpa

Viele Zentralbanken haben ihre Leitzinsen schon auf nahe null Prozent gesenkt - doch es gibt noch andere Möglichkeiten, die Märkte zu stimulieren.

(Foto: Foto: dpa)

Nachfolgend eine Übersicht über Notenbanken, deren Leitzins nahe null Prozent liegt, und die deshalb über eine alternative Geldpolitik nachdenken oder diese bereits praktizieren:

US-Notenbank Federal Reserve

Fed-Chef Ben Bernanke macht Ernst: Am Mittwoch verkündete er den lang erwarteten Ankauf von Staatsanleihen (bis zu 300 Milliarden Dollar in den kommenden sechs Monaten) durch die Zentralbank. Zusätzlich sollen bereits laufende Programme zur Entlastung der Kredit- und Immobilienmärkte in etwa verdoppelt werden. Zusammen wird durch diese Maßnahmen mehr als eine Billion Dollar in den Wirtschaftskreislauf gepumpt.

Bereits seit vergangenem Herbst kauft die Fed Commercial Papers auf und stützt damit den Markt für die kurzfristige Refinanzierung vieler US-Unternehmen. Das Programm läuft bis Ende Oktober.

Seit Januar kauft die Fed Schuldtitel der drei wichtigsten Immobilienfinanzierer, darunter Fannie Mae und Freddie Mac, an. Zusätzlich erwirbt die Notenbank zur Stützung des Immobilienmarktes, an dem die Finanzkrise 2007 ihren Anfang genommen hatte, weitere hypothekenunterlegte Papiere von bis zu 500 Milliarden Dollar. Darüber hinaus will sie direkt Kredite an Haushalte und kleine Firmen vergeben. Zusätzlich stehen eine Billion Dollar für den Ankauf weiterer Kreditpapiere zur Verfügung, um Darlehen an Studenten zu ermöglichen und Kreditkartenfirmen zu stützen. Diese Programme sind befristet bis Ende Dezember.

Europäische Zentralbank

Die EZB hat noch keine Schritte in Richtung "quantitative easing" angekündigt. Da der Leitzins in der Euro-Zone mit 1,5 Prozent im Vergleich zu den USA relativ weit von der Null-Linie entfernt ist, ist die EZB noch nicht unter so hohem Druck wie andere Notenbanken. Nach dem Coup der Fed steigt dieser jedoch: Analysten erwarten in den kommenden Monaten einen Schwenk in Richtung einer alternativen Geldpolitik. Die Notenbankchefs Deutschlands und Frankreichs, Axel Weber und Christian Noyer, haben erklärt, die EZB prüfe den Ankauf von Commercial Papers. Ungleich schwerer tut sich die EZB beim Ankauf von Staatsanleihen: Die direkte Staatsfinanzierung ist ihr verboten.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, welche Maßnahmen die Notenbanken Japans, Englands und der Schweiz ergreifen.

Die Maßnahmen Zentralbanken Englands, Japans und der Schweiz

Bank of England

Die britische Notenbank (BoE) hat Mitte Februar begonnen, Unternehmensanleihen, Commercial Papers und weitere Papiere in einem Volumen von bis zu 50 Milliarden Pfund anzukaufen. Sie erwirbt mittlerweile zudem den Banken mittel- und langlaufende Staatsanleihen im Volumen von bis zu 75 Milliarden Pfund ab. Finanzminister Alistair Darling hat der Notenbank einen Verfügungsrahmen von 150 Milliarden Pfund für diese Geschäfte eingeräumt. Der Leitzins in Großbritannien, das besonders stark unter der Krise leidet, liegt bei nur noch einem halben Prozent.

Bank of Japan

Japans Zentralbank will den Geschäftsbanken Aktien aus ihren Beständen im Gesamtwert von bis zu einer Billion Yen abkaufen. Dadurch soll die Kapitalbasis der Institute verbessert werden. Verkaufen will die Notenbank die übernommenen Aktien nach derzeitigen Planungen zwischen 2012 und 2018. Die Notenbank kauft auch Bonds an. Jüngst wurde das Volumen dieser Käufe auf umgerechnet 220 Milliarden Euro erhöht. Der Leitzins liegt seit Jahren nahe null Prozent. Japan gilt als wichtiges Vorbild einer Geldpolitik der "quantitativen Lockerung".

Schweizerische Nationalbank

Auch in der Schweiz hat eine neue geldpolitische Zeitrechnung begonnen. Am vorigen Donnerstag senkte auch die Nationalbank (SNB) ihren Leitzins auf praktisch null Prozent und will nun Frankenanleihen privater Schuldner aufkaufen - darunter auch Bankanleihen und Pfandbriefe. Zusätzlich will die SNB am Devisenmarkt intervenieren und die Aufwertung des Frankens gegen den Euro stoppen. Damit soll die stark von Exporten abhängige Wirtschaft vor Schlimmerem bewahrt werden.

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