Japan: Reaktion der Finanzmärkte:Aufruhr an den Börsen

In Tokio brechen die Aktienmärkte ein, obwohl die Notenbank das Finanzsystem mit Geld überschüttet. An den deutschen Börsen sind die Reaktionen verhalten, hässliche Einbußen gibt es allerdings bei Versicherungsaktien und den Titeln der Energieversorger.

Nach der Erdbebenkatastrophe in Japan haben an der Frankfurter Börse die Aktienkurse im frühen Geschäft deutlich verloren. Der Dax büßte zum Auftakt knapp anderthalb Prozent auf 6877 Punkte ein.

People are reflected in a screen displaying stock prices in Tokyo

Der Nikkei-Index verliert sechs Prozent.

(Foto: REUTERS)

Die Aktien der deutschen Energieversorger und Betreiber von Atomkraftwerken RWE und Eon gaben jeweils um etwa drei Prozent nach. Unter Druck standen auch die Aktien der Versicherer Allianz und Munich Re, die ebenfalls mehr als drei Prozent absackten.

Die Erdbebenkatastrophe in Japan dürfte nach einer ersten Schätzung der Großbank Credit Suisse einen wirtschaftlichen Schaden zwischen 170 und 180 Milliarden Dollar verursacht haben. Damit würde sich der Schaden auf knapp 40 Prozent dessen belaufen, was das Erdbeben in Kobe im Jahr 1995 angerichtet hatte, schrieb der Chefvolkswirt von Credit Suisse Japan, Hiromichi Shirakawa, in einem Marktkommentar.

In den von dem Beben und der nachfolgenden Flutwelle betroffenen Gebieten gebe es weniger Bürogebäude, Fabriken und Autobahnen als in Kobe. Die seinerzeit in Kobe entstandenen wirtschaftlichen Schäden hatte das Land erstaunlich schnell wieder aufgeholt: Der Wiederaufbau wirkt dabei wie ein riesiges Konjunkturprogramm.

In Japan verlor der Nikkei gut sechs Prozent auf 9620. Die Aktien der Betreiberfirma mehrerer havarierter Reaktoren, Tepco, wurde wegen einer Fülle von Verkaufsaufträgen vom Handel ausgesetzt. "Investoren verkaufen aggressiv, weil sie kein Risiko eingehen wollen", sagte der Berater Hiroshi Arano von Mizuho Asset Management. Man könne den Umfang des Ausverkaufs nicht absehen.

Von den Kursrückgängen waren insbesondere Hersteller von Autos und Elektronik sowie Betreiber von Ölraffinerien betroffen. Viele Unternehmen mussten wegen der Zerstörungen die Produktion in wichtigen Fabriken einstellen. So blieben alle Toyota-Werke in Japan am Montag geschlossen. Die Aktie gab um 7,9 Prozent nach. Honda-Papiere lagen ebenfalls mit 7,9 Prozent im Minus. Sony-Aktien gaben um 9,3 Prozent nach.

Japans Zentralbank pumpt viel Geld in den Markt

Die japanische Zentralbank weitete ihre Unterstützung zur Beruhigung der Finanzmärkte noch einmal aus. Die Bank of Japan (BoJ) werde nunmehr die Rekordsumme von 18 Billionen Yen (rund 157 Milliarden Euro) in den Geldmarkt pumpen, berichtete die Nachrichtenagentur Kyodo.

Die Bank will damit Befürchtungen entgegenwirken, dass Banken und andere Finanzinstitutionen nach dem schweren Erdbeben in ernste wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten könnten. Am Morgen hatte die Notenbank bereits sieben Billionen Yen zur Verfügung gestellt. Später erhöhte sie die Finanzspritze auf 15 Billionen, dann noch einmal auf 18 Billionen Yen. Laut Kyodo stehen dem Geldmarkt davon 15 Billionen Yen sofort zur Verfügung, weitere drei Billionen Yen sollen am Mittwoch folgen.

Toyota lässt Produktion weiter ruhen

Zuletzt hatte die BoJ die Märkte im Mai mit einer Finanzspritze gestützt. Damals wollte sie nach den durch die griechische Schuldenkrise ausgelösten Spannungen für Beruhigung sorgen.

Unterdessen lässt der weltgrößte Autobauer Toyota die Produktion in allen japanischen Werken bis mindestens Mittwoch ruhen. Der Konzern hatte bereits am Wochenende einen Produktionsstopp für Anfang der Woche angekündigt. Wie viele Autos Toyota wegen des Stopps erst verspätet bauen kann, war zunächst unklar. Wie jeder andere Autobauer ist das Unternehmen auf eine nahtlose Kette seiner Zulieferer angewiesen, um produzieren zu können.

Aus Sorge vor einer deutlichen Abschwächung des Wirtschaftswachstums in Japan sinken die Ölpreise weiter. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete am Morgen im asiatischen Handel 112,06 US-Dollar und damit 1,78 Dollar weniger als am Freitag. Ein Barrel der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) büßte 1,34 Dollar auf 99,82 Dollar ein. Händler begründeten die sinkenden Notierungen mit den befürchteten Folgen des Erdbebens und des Tsunamis vom Freitag auf die Wirtschaft der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt.

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