Neuer Besitzer?:Drin bleiben

Balkonien

Berliner Mietshaus: Einfach so durch die Bude rennen ist nicht möglich.

(Foto: Soeren Stache/dpa)

Um Gewinn zu machen, werden in Ballungsräumen gern Miet- in Eigentumswohnungen umgewandelt und dann verkauft. Für Mieter muss das kein Grund sein, die Koffer zu packen.

Von Stephanie Hoenig

Wenn Mieter erfahren, dass ihr Mehrfamilienhaus in Eigentumswohnungen aufgeteilt wird, macht sich oft Verunsicherung breit. Muss ich bald ausziehen, wie viel Zeit habe ich noch? Und wie sieht es mit einem Vorkaufsrecht für den Mieter aus - aber zu welchem Preis? Wird der neue Eigentümer Druck machen und eine Eigenbedarfskündigung aussprechen?

"Die Angst, die Wohnung an den Käufer zu verlieren, ist unbegründet", beruhigt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund in Berlin. "Für die im Haus oder in der Wohnung lebenden Mieter ändert sich durch den Verkauf erst einmal praktisch nichts." Und weiter: "Der Hausbesitzer kann wegen einer geplanten Umwandlung nicht kündigen. Der Käufer der Wohnung tritt in den alten, bestehenden Mietvertrag ein", sagt Ropertz, und zwar mit allen Pflichten und Rechten.

Der neue Eigentümer könne nicht verlangen, dass Mieter einen neuen Mietvertrag abschließen. "Wenn der Käufer ein Investor ist, wird er sich wahrscheinlich über einen vorhandenen, solventen Mieter freuen." Denn dadurch seien seine Mieteinnahmen gesichert. Wenn der Mieter pünktlich seine Miete zahle und sich auch sonst nichts zuschulden kommen lasse, habe er nichts zu befürchten, betont Ropertz.

"Der neue Vermieter hat zwar kein besonderes Kündigungsrecht", erklärt auch Gerold Happ von Eigentümerverband Haus & Grund in Berlin. Der neue Vermieter könne aber auf Grundlage der gesetzlich anerkannten Gründe kündigen. Dazu gehöre neben der Hinderung an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung auch der Eigenbedarf. Wenn der Käufer diesen für sich, seine Familienangehörigen oder sonstige zum Hausstand gehörende Personen penibel nachweise, stehe einer Kündigung des Mieters nichts im Weg.

Mieter haben einen langen Kündigungsschutz und ein Vorkaufsrecht

"Aber auch bei nachgewiesenem Eigenbedarf genießen Mieter einer umgewandelten Eigentumswohnung einen erweiterten Kündigungsschutz", erläutert Ropertz. Denn der Gesetzgeber habe zu den normalen gesetzlichen Kündigungsfristen eine Kündigungssperrfrist erlassen. Sie betrage bundesweit mindestens drei Jahre. Zudem beginne die Kündigungssperrfrist erst zu laufen, wenn der neue Eigentümer im Grundbuch eingetragen sei. "In Gebieten mit erhöhter Wohnungsnot kann sich diese Kündigungssperrfrist in speziell von den Landesregierungen ausgewiesenen Rechtsverordnungen auf fünf bis zehn Jahre verlängern", sagt Happ. In Hamburg, München sowie in Teilen Berlins beispielsweise liege sie derzeit bei zehn Jahren. "Erst nach der Sperrzeit beginnen die regulären Kündigungsfristen", erklärt Ropertz. Deshalb sollte man sich vor dem Kauf einer Wohnung über die Länge der Kündigungssperrfrist bei der Gemeinde oder Stadtverwaltung schlaumachen. Sonst laufe man Gefahr, eine Wohnung zu besitzen, in die man möglicherweise über zehn Jahre nicht einziehen könne. Nach dem Ablauf der Kündigungssperrfrist und der Kündigungsfrist stehe dem Mieter noch ein Widerspruchsrecht nach den Sozialklauseln zu. Werde die Wohnung während der Kündigungssperrfrist an einen Dritten verkauft, laufe die Sperrfrist weiter.

Zudem hat der Mieter ein Vorkaufsrecht. "Es gilt gegen landläufige Meinung aber nur, wenn eine Mietwohnung zum ersten Mal in eine Eigentumswohnung umgewandelt wird", sagt Rechtsanwältin Beate Heilmann, Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwaltverein in Berlin. Wenn lediglich das Haus den Eigentümer wechsle oder wenn ein Mieter schon in eine Eigentumswohnung eingezogen ist, gelte das nicht. Das Vorkaufsrecht greife auch nicht, wenn der Vermieter die Wohnung an einen Familien- oder Haushaltsangehörigen veräußere oder die Wohnung verschenken wolle.

"Der Mieter muss die umgewandelte Wohnung nicht zu dem Preis kaufen, den ihm der Vermieter nennt", sagt Ropertz. "Die Mieter haben das Recht, mit ihrer Kaufentscheidung zu warten, bis ein notarieller Kaufvertrag zwischen dem Wohnungsverkäufer und einem möglichen Käufer vorliegt". In diesen Vertrag könne der Mieter zu den Bedingungen des ausgehandelten notariellen Kaufvertrages einsteigen, auch mit der Pflicht, eine Courtage an den Makler zu zahlen, der den Vertrag vermittelt hat. "Der Mieter hat zwei Monate Zeit für seine Entscheidung", erklärt Happ.

"Ob ein Mieter die in Eigentum umgewandelte Wohnung selber kauft, sollte er von seinen individuellen Lebensumständen abhängig machen", rät der Finanzexperte Jörg Sahr von der Stiftung Warentest in Berlin. Die extrem niedrigen Zinsen für Hypothekendarlehen seien zwar verlockend. Aber es sollte schon ein Grundstock an Eigenkapital vorhanden sein - möglichst 20 Prozent des Kaufpreises, sagt Sahr. Und das Einkommen müsse ausreichen, um die laufenden Kreditbelastungen zu tragen und zusätzlich eine Rücklage für Instandhaltungskosten zu bilden.

Will der Mieter die Wohnung nicht kaufen, muss er Besichtigungen erlauben. "Generell hat der Vermieter ein Begehungsrecht der Wohnung, allerdings nur mit einer ausreichenden und angemessenen Vorankündigung und Terminabsprache", sagt Happ. Der Mieter habe aber das Hausrecht. Er könne verlangen, dass Besucher die Schuhe ausziehen oder der Vermieter Plastik-Schuhüberzieher zur Verfügung stelle: "Kein Mieter muss dulden, dass Wohnungsinteressenten bei schlechtem Wetter über die Perserteppiche gehen."

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