Neue Lotterie in der Slowakei:Mit dem Einkaufsbeleg zum Hauptgewinn

Es ist eine ungewöhnliche Aktion der slowakischen Regierung: Einkaufsbelege sollen künftig den Steuerbetrug eindämmen und zur Ehrlichkeit erziehen. 10.000 Euro winken als Hauptgewinn.

Von Cathrin Kahlweit

Das Experiment, das die Regierung der Slowakei mit ihren Bürgern veranstalten will, vereint die Lust am Spiel mit Pädagogik. Es soll Geld in die staatlichen Kassen bringen, vor allem aber zur Steuerehrlichkeit erziehen. Vom 1. September an kann jeder Bürger seine Einkaufsquittungen sammeln und ab Mitte des Monats bei der staatlichen Lotteriegesellschaft Tipos einreichen. Ende September nimmt er damit erstmals an einer Auslosung teil. Je mehr Belege, desto mehr Chancen.

Alle zwei Wochen werden die Gewinner gezogen, 10.000 Euro winken als Hauptgewinn, weitere neun Gewinner teilen sich nochmals die gleiche Summe. Und nicht nur das: In einer zweiten Ziehung, sozusagen einer zweiten Chance, werden Sachgewinne wie Autos ausgelost, überdies soll es Regionalziehungen in den acht Landesteilen geben.

Für die Einwohner eines Staates, in dem das Durchschnittseinkommen bei 800 Euro und die Durchschnittrente bei 300 Euro liegen, sind das nette Aussichten. Alles, was die Bürger dafür tun müssen, ist beim Einkauf nach einem Kassenbeleg fragen, die 17-stellige Nummer, die darauf verzeichnet ist, per SMS, E-Mail oder auf einem Schein in der Lottoannahmestelle registrieren lassen - und schon können sie auf der Siegerstraße sein.

Mit dem Einkaufsbeleg zum Hauptgewinn

Das Ziel des Erziehungsprojekts liegt auf der Hand: Jährlich, hat das Finanzministerium in Bratislava ausgerechnet, entgehen dem Staat allein zwei Milliarden Euro an Mehrwertsteuer, etwa durch Schwarzarbeit. Ein Ministeriumssprecher rechnet vor, dass ein Anteil von 150 Millionen an diesen entgangenen Steuerzahlungen aus gefälschten oder gar nicht ausgestellten Quittungen resultierten, weil Fachgeschäfte, Kneipen oder Supermärkte einen Teil ihrer Einnahmen gern unter den Tisch fallen ließen.

Durch die Quittungs-Lotterie sollen die Bürger dazu gebracht werden, immer nach einem Zahlungsbeleg zu fragen. Finanzminister Peter Kazimir sagt, man wolle die "Öffentlichkeit motivieren, Quittungen zu verlangen und nachzuprüfen". Aber auch der Staat will seine Pappenheimer in Zukunft unter Druck setzen: Der Beleg, den die Lotteriegesellschaft jeweils ausgelost, wird in dem Geschäft, das ihn ausgestellt hat, auf seine Richtigkeit überprüft.

Bürger und Presse sind skeptisch: Die Registrierung mittels einer 17-stelligen Kassennummer sei zu kompliziert, der Kauf eines Lottoscheins gehe schneller. Und außerdem sähen die Leute sowieso nicht ein, warum sie Quittungen verlangen sollten; die meisten profitierten ja selbst von Schwarzarbeit und gezinkten Kassen. Überdies sei unklar, was der Plan dem Staat an zusätzlichen Einnahmen bringe, während die Lotteriegesellschaft auf den Kosten sitzen bleibe.

In Georgien sei ein ähnlicher Versuch mangels Bürgerinteresse abgeblasen worden, schreibt die Zeitung Sme, was Radko Kuruc vom Finanzministerium dementiert. Die neue Regierung in Tiflis habe die Lotterie vielmehr trotz Erfolgs eingestellt. Immerhin: In Taiwan erfreut sich das Gewinnspiel großer Beliebtheit. Im ersten Jahr nach seiner Einführung habe es 76 Prozent mehr Umsatzsteuer eingebracht gespült, allerdings sei das 1951 gewesen, meldet der Slovak Spectator trocken. Und: In Asien sei die Spielsucht viel weiter verbreitet.

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