Nach deutlichen Kursabschlägen am Vortag:Dow Jones setzt Talfahrt fort

Nach deutlichen Abschlägen am Vortag setzte der US-Leitindex Dow Jones am Donnerstag seine Talfahrt fort. Der Dax verlor mehr als zwei Prozent.

Die Angst vor einer Ausweitung der US- Hypothekenkrise hat die Börsen auch am Donnerstag wieder weltweit in höchste Anspannung versetzt.

Eine neue Liquiditätsspritze der US-Notenbank und die hohen Ölpreise hätten die Märkte ebenfalls in Atem gehalten, sagten Börsianer.

Die US-Notenbank Fed hatte dem US-Geldmarkt am Mittwoch erneut sieben Milliarden Dollar zugeteilt. Seit dem 9. August addieren sich diese Interventionen damit auf ein Volumen von 71 Milliarden Dollar.

Die Fed will verhindern, dass Liquiditätsengpässe die Zinsen am Geldmarkt über den Richtwert von zurzeit 5,25 Prozent heben. Diesen Zinssatz der Federal Funds Rate berechnen die Banken, wenn sie einem anderen Institut kurzfristig Kredite bereitstellen.

Unterdessen steigt an den Finanzmärkten die Erwartung, dass die US-Notenbank im September zum ersten Mal seit mehr als vier Jahren eine Zinssenkung beschließen könnte. Angesichts der anhaltenden Turbulenzen werde der Fed nichts anderes übrig bleiben, sagte der Chefvolkswirt von economy.Com, Mark Zandi.

Asien tief in der Verlustzone

In Asien steuerten die Aktienmärkte erneut tief in die Verlustzone. An den Börsen in Manila brach der Index um sechs Prozent ein, in Taipeh waren es 4,56 Prozent, in Seoul ließen Panikverkäufe die Börse gar um 6,9 Prozent abstürzen, so stark wie seit fünf Jahren nicht mehr.

Der Nikkei-Index für 225 führende Werte der Tokioter Börse gab um 1,99 Prozent nach. In Shanghai verlor der Index 2,14 Punkte. In Sydney fing sich die Börse nach anfänglichen Verlust von fünf Prozent und ging mit einem Minus von 1,5 Prozent aus dem Handel.

In New York hatte der Dow-Jones-Index am Mittwoch erstmals seit Ende April unter der Marke von 13.000 Punkten geschlossen. Am Donnerstag verlor der amerikanische Leitindex bis zum Mittag fast zwei Prozent.

An der deutschen Börse schloss der Leitindex Dax mit 7270 Punkten - ein Minus von 2,4 Prozent. Schlimmer traf es den MDax und den TecDax, die 4,4 beziehungsweise 4,5 Prozent einbüßten.

Deutlich stärker als in Deutschland waren die Blue Chips in London und Paris betroffen. Der britische Leitindex FTSE-100 verlor 2,6 Prozent auf 5950 Zähler, während der französische CAC-40 knapp zwei Prozent auf 5340 Punkte einbüßte. Beide Indizes hatten am Mittag allerdings bereits mit über drei Prozent im Minus gelegen.

Signal vom Terminmarkt

Am Terminmarkt erreichte der Dax-Future um die Mittagszeit ein neues Tagestief, was einem Händler zufolge zeitweise Verkaufsdruck auslöste.

Am Nachmittag könnten Konjunkturdaten aus den USA zu den Baubeginnen und -genehmigungen für Bewegung sorgen, sagte der Experte.

Unter den 30 Dax-Werten verzeichnete die Aktie der Deutsche Börse selbst mit einem Minus von fast 7 Prozent den stärksten Einbruch.

Die Aktien von Volkswagen (VW) büßten 1,71 Prozent auf 144,27 Euro ein und entwickelten sich damit noch besser als der Gesamtmarkt. Der Autobauer prüft einem Pressebericht zufolge eine Verlagerung seines US-Firmensitzes in Detroit. "Unsere Kunden sind nicht in Detroit, sie sind in New York, Washington oder San Francisco", sagte ein Manager der Financial Times Deutschland.

Allerdings wurde auch bekannt, dass sich im Poker um eine Lkw-Allianz zwischen MAN, Scania und VW einem Bericht des Wall Street Journal Europe zufolge keine Fortschritte abzeichnen.

Große Verluste bei MidCaps

Auch bei den Werten der zweiten Reihe gab es große Kursverluste: Im MDax verloren Titel von Lanxess 6,43 Prozent auf 33,90 Euro. Der Chemiekonzern ist im zweiten Quartal wegen Abschreibungen in Millionenhöhe unerwartet tief in die Verlustzone gerutscht.

Umsatz und Ebitda des Chemiekonzerns fielen zwar etwas besser als vom Markt erwartet aus, nach Steuern kam es jedoch wegen einmaliger Kosten zu einem Verlust - dies habe einem Händler zufolge den Kurs belastet.

Lesen Sie auf der zweiten Seite, wie US-Finanzminister Henry Paulson die Talfahrt an den Börsen bewertet

Dow Jones setzt Talfahrt fort

Die Aktien des Frankfurter Flughafenbetreibers Fraport sanken um 4,65 Prozent auf 48,14 Euro. JP Morgan hat die Einschätzung der Titel des Flughafenbetreibers von "Overweight" auf "Neutral" zurückgenommen und das Kursziel von 59,90 auf 53,00 Euro gesenkt.

Die Titel des Finanzdienstleisters AWD fielen um 3,56 Prozent auf 25,47 Euro. Die Citigroup hat das Ziel des Hannoveraner Unternehmens von 33,00 auf 28,50 Euro gesenkt und die Papiere mit "Hold" bestätigt.

Aareal Bank gegen den Trend fest

Papiere der Aareal Bank setzten sich hingegen mit einem Plus von 1,90 Prozent auf 32,73 Euro an die Indexspitze. Das Institut hat die Beteiligung an der Immobilien Scout GmbH veräußert und ihre Ergebnisprognose für das laufende Jahr angehoben. Analyst Michael Dunst von der Commerzbank bestätigte seine Einstufung mit "Buy" beim Kursziel 43 Euro.

Der Verkauf des 66,2-prozentigen Anteils an Immobilien Scout an ein von der australischen Macquarie Bank und der Publishing and Broadcasting Ltd aus Sydney geführtes Konsortium werde sich mit einem zusätzlichen Nettogewinn von etwa 140 Millionen Euro in der Bilanz zeigen, sagte der Experte. Auch andere Marktteilnehmer nahmen die Meldung freundlich auf.

Im technologielastigen TecDax rutschten die Anteile von wirecard trotz erhöhter Prognose in einem sehr schwachen Markt um 10,81 Prozent auf 8,66 Euro. Für das zweite Quartal bestätigte wirecard die vorläufigen Geschäftszahlen und erhöhte seine EBIT-Prognose von 50 Prozent auf mehr als 60 Prozent. Nach durchschnittlicher Analysteneinschätzung solle das EBIT im Geschäftsjahr 2007 jedoch um über 80 Prozent steigen, sagte ein Händler.

US-Finanzminister mit Konjunktursorgen

Nach Ansicht von US-Finanzminister Henry Paulson werden die Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten das Wachstum der USA belasten.

Gleichwohl seien das Finanzsystem und die Wirtschaft der Vereinigten Staaten stark genug, um die Verluste zu verkraften, sagte Paulson dem Wall Street Journal.

Auch die globale Wirtschaft sei in einem sehr gutem Zustand. Die Turbulenzen an den Finanzmärkten entsprächen einer Neubewertung von Risiken, die nicht überraschend gekommen sei, sagte Paulson.

Die Neubewertung sei "unvermeidlich" gewesen. Wenngleich es wahrscheinlich sei, dass die Marktturbulenzen noch einige Zeit andauerten, sollte nichts unternommen werden, um Marktteilnehmer vor Verlusten zu schützen oder diese gegen Risiken abzusichern.

Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger befürchtet von der US- Hypothekenkrise keine Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum in Deutschland. Da in Deutschland die Kreditentwicklung extrem schwach sei, werde es auch kein richtiges Kreditproblem geben, sagte Bofinger im Deutschlandradio Kultur. Er befürwortete eine stärkere internationale Banken-Regulierung.

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