Nach dem Kursrutsch bei Öl-Aktien:Anleger wetten auf die Opec

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Für die Ölkonzerne ist es mit den Rekordgewinnen erst einmal vorbei: Der Rutsch der Rohölpreise drückt ihre Erträge teils erheblich. Manche Anleger setzen jedoch bereits auf einen Wiederanstieg des Ölpreises und der Ölaktien.

Gerd Zitzelsberger

Des einen Sorgen sind des anderen Hoffnung: Die Autofahrer und Familien mit leeren Heizöltanks sehen mit Unbehagen dem Sondertreffen der Organisation Öl exportierender Staaten (Opec) entgegen, das am Mittwoch in Doha beginnt. Die zehn Opec-Staaten wollen dort eine Produktionskürzung um eine Million Barrel (159 Millionen Liter) pro Tag beschließen und damit den Öl-Preis hochhalten.

Für die großen Ölkonzerne ist die Zeit der Rekordgewinnen erst einmal vorbei. (Foto: Foto: AP)

Stephen Thornder dagegen ist beim Blick auf Doha ganz entspannt. Er ist beim traditionsreichen britischen Investmenthaus Threadneedle verantwortlich für die Prognosen zum Energiesektor. "Es sieht so aus, als werde die Opec einen Boden für den Ölpreis einziehen", sagt er.

Ölaktien als chancenreiche Anlage

Seit Mitte Juli ist der Ölpreis um 25 Prozent abgerutscht. Aber unter das Niveau von 55 bis 60 Dollar pro Barrel - das entspricht dem gegenwärtigen Stand - werde die Ölnotierung nicht rutschen. Dies bedeute, dass viele Öl-Aktien mittlerweile ganz attraktiv bewertet - sprich ein chancenreiche Anlage seien.

Tatsächlich hat der überraschende Rutsch der Ölpreise während der vergangenen Wochen auch die Kurse der Produzenten nach unten gezogen. Verbilligt haben sich aus europäischer Sicht vor allem die beiden großen norwegischen Konzerne Statoil und Norsk Hydro, weil gleichzeitig auch noch die norwegische Krone deutlich abgerutscht ist. Kurs- und Währungsveränderung zusammengerechnet ergeben in diesem Fall ein Minus von 15 und 17 Prozent seit Anfang August.

Auch BP und Shell rutschen ab

Aber auch BP und Shell, die Nummer zwei und drei unter den westlichen Öl-Konzernen, haben 5,4 und 4,6 Prozent eingebüßt. Die britische BG Group hat gleichzeitig fünf Prozent und die brasilianische Petrobras (auch in Euro gerechnet) vier Prozent verloren.

Es gibt aber wichtige Ausnahmen zu diesem Trend: Bei Exxon, dem weltweit größten privaten Ölkonzern, hat die Notierung dem Preisrutsch des Öl getrotzt. Die Anleger setzten darauf, dass eine höhere Förderung die geringere Marge pro Barrel ausgleicht. Und Gasprom hat vor dem Hintergrund der politischen Rückendeckung, die der russische Gasmonopolist im Kreml bekommt, seit Anfang August sogar um gut neun Prozent zugelegt.

Zu den größten Optimisten gehört Dresdner Kleinwort, die Londoner Investmentbank des Allianz-Konzerns: Sie empfiehlt sowohl BP - mit einem Kursziel von 800 Pence - als auch Shell zum Kauf. Ihre Kursziele von 800 und 2300 Pence würden Gewinnen von gut 30 Prozent entsprechen. BP ist auch aus der Sicht der Citigroup ein Kauf - allerdings setzt sie ein weit niedrigeres Kursziel von 675 Pence.

Die US-Investmentbank Morgan dagegen sieht bei den beiden größten westeuropäischen Ölkonzernen auch Risiken. Bei Shell etwa könnte das Fördervolumen enttäuschen, und in Russland sieht sich der britisch-niederländische Konzern mit erheblichen politischen Problemen bei dem 20 Milliarden-Dollar-Projekt Sachalin II konfrontiert.

Auch BP kämpft an vielen Fronten

Auch BP muss derzeit an vielen Fronten kämpfen: Mit dem Rost in Alaska, mit US- Behörden wegen eines Raffinerie-Unglücks oder etwa bei der Reparatur ihrer riesigen Förder-Plattform im Golf von Mexiko. Morgan Stanley stuft deshalb BP nur als "neutral" ein, und bei Shell rät die Bank sogar von Neu-Engagements ab.

Auch Thornder sieht trotz seiner Ölpreis-Prognose bei den ganz großen westlichen Ölfirmen nur wenig Kurspotenzial. Seine Favoriten sind die kleinen Konzerne BG Group und Petrobras. Einer, der Riesen-Konzerne hat aber auch aus Thornders Sicht noch Potenzial: Die russische Gasprom. Sie steht auch bei einer Reihe anderer Analysten auf der Empfehlungsliste.

Manchem Wirtschaftspolitiker dürfte dabei mulmig werden: Je höher der Kurs von Gasprom klettert, desto leichter kann sich der Konzern - und dies ist seine erklärte Absicht - in westliche Energiefirmen einkaufen.

© SZ vom 17.10.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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