Reaktionen auf Griechenland-Gipfel:"Damit ist das Problem gelöst"

Erleichterung und Eigenlob: Bankenchef Ackermann und seine Kollegen müssen 50 Milliarden Euro zum neuen Griechenland-Hilfspaket beisteuern - damit ist der Fall für ihn erledigt. Mit der Beteiligung privater Gläubiger hat sich Kanzlerin Merkel durchgesetzt - dafür lässt sie sich loben. Oppositionschef Gabriel widerspricht: Das Paket reiche nicht, um Griechenland zu entschulden. Der Kampf um die Deutungshoheit ist voll entbrannt.

Auch die Banken müssen für Griechenland zahlen, und ihr oberster Vertreter möchte das als Opfer verstanden wissen: "Ja, das trifft uns hart", sagte Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann nach der Einigung auf dem Euro-Krisengipfel in Brüssel. Ackermann hatte als Vorsitzender des internationalen Bankenverbands Institute for International Finance (IIF) an dem Treffen teilgenommen. Die Abschreibungen, die die Banken auf griechische Positionen vornehmen, belaufen sich nach seinen Worten auf 21 Prozent.

European Leaders Meet To Resolve The EU Debt Crisis

Ende gut, alles gut? Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou (li.) beim Shakehands mit EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und Kommissionspräsident José Manuel Barroso (re.) beim Krisengipfel in Brüssel.

(Foto: Bloomberg)

Trotz des Obolus, den seine Branche entrichten muss: Ackermann sprach von einem guten Kompromiss zwischen den Interessen Griechenlands, des Steuerzahlers und der Investoren. Das reduziere die Gefahr einer Ausbreitung der Schuldenkrise auf weitere Länder. Ackermann sagte: "Damit sollte das griechische Problem gelöst sein."

Die privaten Gläubiger Griechenlands - Banken, Versicherungen und Fonds - sollen sich bis 2014 mit knapp 50 Milliarden Euro an der Rettung Griechenlands beteiligen, bis 2019 insgesamt mit "schätzungsweise 106 Milliarden Euro" laut Abschlusserklärung. Zum einen sollen sie freiwillig ihre griechischen Staatsanleihen in neue Anleihen umtauschen. Zum anderen ist geplant, dass der Rettungsfonds EFSF Schulden unter ihrem Nennwert von privaten Gläubigern zurückkauft.

Das überschuldete Griechenland bekommt von Eurostaaten und Internationalem Währungsfonds ein zweites Hilfspaket im Umfang von insgesamt 109 Milliarden Euro. Zum ersten Mal ziehen zudem Banken und Versicherungen mit einem eigenen Beitrag von zusätzlich 37 Milliarden Euro mit. Das beschloss der Euro-Krisengipfel am Donnerstag in Brüssel. Damit summieren sich die seit dem vorigen Jahr eingeräumten internationalen Hilfen auf insgesamt knapp 260 Milliarden Euro. Zu dem Maßnahmenbündel für Athen gehören günstigere Zinsen und längere Laufzeiten für Kredite.

Vor allem Jean-Claude Trichet, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), versucht den Privatsektor zu beruhigen. Er will den Banken nun die Angst davor nehmen, auch bei künftigen Schuldenkrisen mitzahlen zu müssen. Griechenland sei ein Sonderfall, bei dem private Gläubiger in die Hilfen einbezogen würden. Die Staats- und Regierungschefs hätten sich aber dazu verpflichtet, dass es dabei bleibe. Außerdem hätten sie 35 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, um griechische Staatsanleihen abzusichern, falls die Ratingagenturen einen Teilausfall erklären sollten. Zur Frage, ob Griechenlands Schuld bereits jetzt zum Teil ausgefallen sei, sagte Trichet. "Nein, an diesem Punkt nicht. Ich will nicht vorgreifen. Wir werden sehen, was passiert."

Denn um Griechenland zu retten, brechen die Euro-Staaten ein Tabu: Sie akzeptieren den vorübergehenden Zahlungsausfall Griechenlands. Weil die privaten Gläubiger miteinbezogen werden, dürften die Agenturen Griechenland für "teilweise zahlungsunfähig" erklären. Die Staatschefs hoffen, dass diese Pleite auf wenige Tage beschränkt bleibt.

Kein Befreiungsschlag

Dass die privaten Gläubiger überhaupt auf Teile ihrer Ansprüche verzichten, ist vor allem der Bundeskanzlerin zuzuschreiben. Angela Merkel hatte sich mit ihrem Finanzminister Wolfgang Schäuble seit Wochen dafür eingesetzt. Dementsprechend lobte die Kanzlerin jetzt sich selbst und ihre europäischen Kollegen: "Europa hat sich handlungsfähig gezeigt. Was wir Deutschen für einen stabilen Euro aufwenden, bekommen wir um ein Vielfaches zurück", ließ sich Merkel von Regierungssprecher Steffen Seibert zitieren. Doch sei dies kein Befreiungsschlag, Griechenland habe noch einen langen Prozess vor sich.

Beeindruckt von der Kanzlerin äußerte sich der östereichische Bundeskanzler Werner Faymann: "Ich sage das sehr respektvoll, dass auch die deutsche Bundeskanzlerin hier aus meiner Sicht einen großen Anteil trägt - aber natürlich auch die anderen", sagte er nach dem Gipfel. Ausdrücklich nannte Faymann die umstrittene Beteiligung privater Finanzunternehmen, mit der sich Merkel weitgehend durchgesetzt habe.

Weniger beeindruckt von Merkel sind Spitzenpolitiker der Opposition. Sie kritisieren die Gipfel-Beschlüsse. Griechenland benötige einen "echten Schuldenschnitt", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel im ZDF. "Was sie jetzt machen, längere Laufzeiten und niedrigere Zinsen, wird nur bedeuten, dass wir wieder Kredite ermöglichen. Aber es wird nichts daran ändern, dass die Griechen nicht in der Lage sind, diesen gigantischen Schuldenberg abzutragen."

Der Vorsitzende der Linkspartei, Klaus Ernst, kritisierte im ZDF die vorgesehene freiwillige Beteiligung der Banken an der Griechenland-Rettung. "Dort bräuchten wir eine eindeutige gesetzliche Regelung, dass der Bankensektor, der bisher an diesem ganzen Monopolyspiel verdient hat, wirklich zur Zahlung verpflichtet wird."

Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger lobte die von den Euro-Staaten vereinbarte Senkung der Zinsen für Griechenland. "Das ist für mich der entscheidende Punkt: Wenn öffentliche und private Gläubiger Griechenland die Kredite für Zinsen von nur noch 3,5 Prozent geben, ist das ein großer Fortschritt", sagte Bofinger der Rheinischen Post.

Die Regierung in Athen rechnet nun mit einer Reduzierung der Staatsschulden in Höhe von rund 350 Milliarden Euro um 26 Milliarden Euro bis zum Ende des Jahres 2014. "Das verschafft Griechenland und der Eurozone eine Atempause", sagte der griechische Regierungschef Giorgos Papandreou zum Abschluss der Beratungen. Nun könne Griechenland früher als erwartet an die Finanzmärkte zurückkehren, um selbst Kredite aufzunehmen. Papandreou hat auch nach dem Krisengipfel noch sehr viel Arbeit vor sich.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: