Süddeutsche Zeitung

Mobilfunk:Weniger Abzocke per Handy

Von wegen Spar-Abo! Bei Internetgeschäften übers Handy kann es schnell teuer werden. Jetzt wollen die Mobilfunkanbieter Transparenz schaffen.

Susanne Klaiber

Verführerisch sehen sie aus, diese Gewinne auf der Internetseite: ein schickes Auto, ein Haufen Geldscheine. Schnell den gewünschten Gewinn auswählen, sich aufs Handy einen Code schicken lassen, Code auf der Seite eingeben, und los geht's.

Was genau losgeht? Das steht im Kleingedruckten, dezent in Grau auf Blau: ein Abo für knapp fünf Euro die Woche, das über die Handyrechnung abgebucht wird und es erlaubt, am Gewinnspiel teilzunehmen. Es ist ein teures Vergnügen - und nur eines von vielen. Nach dem gleichen Muster bieten Firmen Ergebnisse von IQ-Tests an, verkaufen Handyspiele und Klingeltöne.

Da sich Beschwerden über solche oft unabsichtlich abgeschlossenen Geschäfte bei den Mobilfunkanbietern häufen, wollen die vier großen - Vodafone, Telekom, O2 und E-Plus - den Kunden jetzt mehr Sicherheit bieten: Sie richten nach eigenen Angaben ein System ein, das alle Firmen verwenden müssen, die das so genannte Instrument des Web-Billing nutzen wollen, also im Internet etwas anbieten, das über die Handyrechnung bezahlt wird.

Das neue System soll einerseits Missbrauch durch Dritte verhindern und andererseits den Nutzern die Kosten deutlicher machen. "Damit können die Fälle von Abzocke, Betrug und Intransparenz eingedämmt werden", sagt ein Telekom-Sprecher.

Der Nutzer sucht wie bisher im Internet nach Angeboten, geht etwa auf die Seite eines Klingeltonanbieters. Wenn er aber den Ton bestellt, läuft alles über das neue System. Beim jeweiligen Anbieter öffnen sich standardisierte Fenster: Der Nutzer tippt darin seine Handynummer ein und bekommt eine SMS mit einem Code auf dieses Handy geschickt - ähnlich der TAN beim E-Banking. Diesen Code muss er dann auf der Internetseite angeben, um sich zu legitimieren.

So soll verhindert werden, dass jemand eine fremde Handynummer eingibt und Kosten verursacht. Außerdem muss deutlich gezeigt werden, was der Nutzer bestellt, was es kostet und wie er ein Abo kündigen kann, bevor er den Kauf bestätigt.

Für Karin Thomas-Martin, Spezialistin für Telekommunikation der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, ist Letzteres der eigentliche Fortschritt: "Das TAN-System gibt es schon lange, aber die Anbieter etwa von Gewinnspielen haben ihre Vertragsbedingungen und Kosten häufig nicht deutlich gestaltet." Sie seien oft unauffällig im Fließtext untergebracht gewesen.

Hunderte von Anbietern müssen überprüft werden

Das Problem ist den Firmen schon lange bekannt. Bereits vor Jahren haben die Mobilfunk- und Diensteanbieter sie einen Verhaltenskodex aufgestellt, "aber nach unseren Beobachtungen war er wenig wirksam", sagt Thomas-Martin. Mit dem neuen System setzen die Mobilfunkanbieter also nur etwas um, "was lange überfällig ist".

Allerdings sieht die Expertin Verbesserungsbedarf: In der Bestätigungs-SMS nach Abschluss des Geschäfts solle der Preis noch einmal erwähnt werden. Bei Abos wünscht sie sich bei jeder Abbuchung wieder ein Hinweis darauf - so, wie es E-Plus bereits praktiziere. Die alten Probleme mit dem Billing sind offenbar auch dem Justizministerium nicht verborgen geblieben. Es bereitet ein Gesetz vor, das den Kunden besser vor Überraschungen schützen soll

Die Mobilfunkanbieter beteuern, sich schon bisher um eine Lösung bemüht zu haben: Mit strengeren Vorschriften an die Diensteanbieter, mit der Sperrung dubioser Angebote, mit Kulanz gegenüber entsetzten Kunden. Doch es sei schwer, Hunderte Anbieter, mit denen man Verträge geschlossen habe, zu überprüfen. "Es gab welche, die ihr Angebot erst nach unseren Anforderungen gestaltet und dann heimlich wieder etwas geändert haben. So etwas zu überwachen, ist unglaublich aufwendig. Oder unmöglich", sagte ein Vodafone-Sprecher.

Ab wann das Web-Billing über das neue System abgewickelt wird, ist noch unklar. Bei der Telekom denkt man über einen Termin in den kommenden Wochen nach. Zu einem späteren Zeitpunkt soll dann laut O2 auch das Wap-Billing über dieses System laufen. Damit werden Abrechnungen von Inhalten im mobilen Internet abgewickelt. Derzeit genügen schon wenige Klicks aufs Smartphone, um etwas zu bestellen.

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Quelle:
SZ vom 28.01.2011/ema/mel
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