Milliardenklage:Hoffnung für Lehman-Opfer

Lesezeit: 2 min

Lichtblick in merkbarer Größenordnung: Die US-Pleitebank Lehman Brothers will vor Gericht acht Milliarden Dollar eintreiben. Von dem Geld könnten deutsche Geschädigte profitieren.

Hannah Wilhelm

Eine Klage in den USA gibt Anlegern, die mit Papieren der insolventen amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Geld verloren, neue Hoffnung. Sie könnten unter Umständen einen größeren Teil ihres Verlusts aus der Insolvenzmasse von Lehman Brothers ersetzt bekommen, als ursprünglich zu erwarten war.

Am Dienstag, dem Jahrestag der Lehman-Pleite, protestierten Anleger in Frankfurt: Sie hatten Zertifikate der amerikanischen Investmentbank gekauft und hoffen nun unter anderem, aus dem Insolvenzverfahren in den USA zumindest einen Teil ihres verlorenen Geldes zurückzubekommen. (Foto: Foto: dpa)

Denn die insolvente Bank versucht nun vor einem US-Gericht, insgesamt 8,2 Milliarden Dollar von einer anderen Bank zurückzufordern - Geld, das in die Insolvenzmasse einfließen und damit nicht zuletzt den deutschen Anlegern zugutekommen könnte.

Der Hintergrund: Vor etwas mehr als einem Jahr, am 15. September 2008, ging die US-Investmentbank Lehman Brothers pleite. Seitdem sind die Zertifikate von schätzungsweise bis zu 50.000 deutschen Anlegern nahezu wertlos.

Garantien vergeben

Verkauft hatten sie vor allem die Berater der Citibank, der Dresdner Bank, aber auch der Sparkassen in Frankfurt, Hannover und Hamburg. Die meisten in Deutschland vertriebenen Papiere wurden von dem niederländischen Tochterunternehmen Lehman Brothers Treasury herausgegeben.

Zwar verfügt diese niederländische Lehman-Tochter selbst nur über ein geringes Vermögen. Doch die amerikanische Muttergesellschaft hatte Garantien für die meisten Zertifikate ihrer europäischen Tochter abgegeben - sie steht also mit ihrem Vermögen für die Papiere gerade. Und eben diese Muttergesellschaft macht nun Schlagzeilen mit schweren Vorwürfen gegen den Konkurrenten Barclays.

Denn die britische Bank hatte nach dem Zusammenbruch von Lehman vor einem Jahr in einem schnell arrangierten Geschäft die US-Investmentsparte von Lehman übernommen. Dabei habe sie sich - so der Vorwurf von Lehman - wesentlich mehr Vermögenswerte angeeignet als vom Insolvenzgericht genehmigt. Dadurch habe Barclays zusätzlich 8,2 Milliarden Dollar gewonnen (umgerechnet sind das 5,6 Milliarden Euro). Das steht laut Gerichtsunterlagen in einer Klage, die die Treuhänder von Lehman gegen Barclays angestrengt haben.

Nach Ansicht von Lehman konnten die Briten sich die zusätzlichen Vermögenswerte auch deshalb sichern, weil sie Lehman-Managern lukrative Jobs anboten. Der für die Lehman-Abwicklung zuständige Sachverwalter klagt, Barclays habe sich so Milliarden von Lehman-Kunden illegal angeeignet.

Die Frist läuft

Ein Richter hatte kürzlich einer Untersuchung des Verkaufs zugestimmt. Das Insolvenzgericht in den USA soll nun entscheiden, ob der Verkauf nochmals aufgerollt wird. Eine Anhörung ist für den 15. Oktober angesetzt. Bereits im Juli hatte ein Richter festgestellt, dass in der Eile des Verkaufs Fehler gemacht wurden.

"Sollte es Lehman gelingen, die Milliardensumme einzufordern, dann sind das gute Nachrichten für die deutschen Geschädigten", sagt Carsten Heise, Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Denn damit sei mehr Geld in der Insolvenzmasse - aus der auch die deutschen Anleger entschädigt würden. "Acht Milliarden Dollar, das ist durchaus eine Größenordnung, die merkbar sein wird."

Umso wichtiger ist es, dass Betroffene nun ihre Ansprüche im US-Insolvenzverfahren geltend machen. Die Frist dafür läuft noch bis zum 2. November 2009. Einen entsprechenden Antrag, genannt Proof-of-Claim-Formular, können Anleger unter www.lehman-docket.com abrufen.

Die Adresse in New York, an die es geschickt werden muss, steht auf dem Formular. Auf der Internetseite findet sich auch eine umfangreiche Liste aller Zertifikate, deren Anleger Anspruch auf eine Entschädigung aus der Insolvenzmasse haben. Der Verbraucherzentrale Bundesverband bietet im Netz unter www.vzbv.de Hilfe beim Ausfüllen des Formulars und gibt weitere Tipps.

Barclays: "Haltlose Argumente"

Ob es der insolventen Lehman-Bank gelingen wird, die Milliarden zurückzufordern, ist indes offen. Heise von der DSW sagt: "Ich befürchte, da müssen Anleger einen langen Atem haben." Barclays wies die Vorwürfe des Lehman-Treuhänders zurück und sprach von einer opportunistischen Klage. "Nun beginnt sich die Wirtschaft zu erholen und der Lehman-Sachverwalter will das Geschäft basierend auf haltlosen Argumenten nachverhandeln", erklärte die Bank.

Barclays baute seinen Gewinn zuletzt aufgrund florierender Geschäfte in der Investmentsparte deutlich aus, wozu auch die übernommenen Lehman-Abteilungen beitrugen.

© SZ vom 17.09.2009/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: