Mikroapartments:Bauen, bitte!

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Heiß begehrt: Studentenunterkünfte im Münchner Olympiapark. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Ein Platz im Studentenwohnheim? Schön wär's. Die Nachfrage übersteigt das Angebot bei Weitem. Das haben längst auch private Investoren entdeckt und bieten Unterkünfte an - teilweise mit teurer Ausstattung und hohen Mieten.

Von Rebecca Herber

Nur etwas mehr als 15 Prozent aller Studierenden in Deutschland leben in Wohnheimen, obwohl das - nach dem Verbleib im Elternhaus - die günstigste Unterkunft ist. Ein Drittel wohnt in einer Wohngemeinschaft, etwas mehr als ein Viertel alleine in einer Wohnung, knapp ein Viertel bei den Eltern oder anderen Verwandten. Das zeigt eine Studie der Personaldienstleistungsfirma Studitemps in Zusammenarbeit mit der Universität Maastricht. Dabei würden viel mehr Studierende gern in einem günstigen Wohnheimzimmer leben und so mehr Geld für die Freizeit übrig haben.

Doch besonders in den großen Studentenstädten gibt es einfach nicht genug geförderte Wohnheimplätze. Etwa 244 000 gibt es insgesamt in Deutschland, davon 194 000 von den Studentenwerken und 50 000 privat geförderte Plätze, zum Beispiel von Stiftungen, Kirchen, privaten Unternehmern oder Vereinen. Das Deutsche Studentenwerk veröffentlicht jährlich eine statistische Übersicht über die Zahl der öffentlich geförderten Wohnplätze für Studierende in Deutschland. Daraus geht hervor: Im Durchschnitt sind 9,6 Prozent aller Studierenden in öffentlich geförderten Wohnheimen untergebracht. Am schlechtesten sieht es dabei im Bundesland Berlin aus; dort kommen nur 5,9 Prozent der Studierenden in Wohnheimen unter. Die meisten geförderten Wohnheimplätze gibt es in ostdeutschen Bundesländern: in Brandenburg (15,19 Prozent), Sachsen (14,79 Prozent) und Thüringen (14,7 Prozent).

Fitnessstudios, Paketservice oder Dachterrassen - das muss man sich leisten können

Das Angebot an Wohnheimplätzen ist niedrig, der Bedarf groß. "Die Zahl der Studierenden in Deutschland ist seit 2007 um 49 Prozent gestiegen", sagt Achim Meyer auf der Heyde, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks. "Gleichzeitig ist die Zahl der öffentlich geförderten Wohnheimplätze nur um acht Prozent gestiegen." Bei dem Angebot gibt es große regionale Unterschiede. In den Ballungsgebieten, Berlin, Köln, München oder dem Rhein-Main-Gebiet zum Beispiel ist es besonders schwer für Studierende, einen geförderten Platz im Wohnheim zu bekommen. Aber auch in Ostdeutschland ist es nicht mehr so einfach, wie es mal war; in Rostock und Jena etwa fehlen viele Wohnheimplätze. Doch es gibt auch Städte, in denen es besser funktioniert, Angebot und Nachfrage zusammenzubringen. In Frankfurt an der Oder zum Beispiel lebt jeder fünfte Student in einem geförderten Wohnheimzimmer.

Die statistischen Daten des Deutschen Studentenwerks beginnen im Jahr 1991, direkt nach der Wende. Die Quote in den neuen Bundesländern lag damals bei mehr als 85 Prozent, jetzt ist sie auf 13,45 Prozent gesunken. Aber damit liegt sie immer noch höher als in den alten Bundesländern, dort liegt die Quote nur bei neun Prozent. "Man muss auch bedenken, dass in der DDR Doppel- und Mehrbettzimmer in Wohnheimen die Regel waren", sagt Meyer auf der Heyde. Das wurde nach der Wiedervereinigung umgestellt. Außerdem seien viele junge Leute zum Studieren in den Osten gegangen, weil es im Westen noch Studiengebühren gab.

Auf mittlere Sicht könnte sich die Lage etwas entspannen. Die Kultusministerkonferenz (KMK) und das private Berliner Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS) prognostizieren einen deutlichen Rückgang der Studienanfänger an deutschen Hochschulen bis 2025. Trotzdem hält Meyer auf der Heyde ein größeres Engagement des Bundes für notwendig. "Die Länder machen teilweise schon sehr viel. Es muss aber weiter gebaut und gefördert werden, besonders durch den Bund", sagt er. Zudem hätten die bestehenden Wohnheime teilweise einen hohen Sanierungsbedarf. "Ohne Zuschüsse wird es dann teuer, und irgendwann bleibt uns nichts anderes übrig, als die Preise für die Studenten zu erhöhen." Zurzeit liegt der Durchschnittspreis, den Studierende für ein Zimmer in einem Wohnheim der Studentenwerke zahlen, bei 250,60 Euro. Da reicht noch der Höchstsatz der Bafög-Wohnpauschale. Diese wurde zum Wintersemester 2019/2020 von 250 auf 325 Euro angehoben.

Mikroapartments sind gefragt, aber sehr teuer

Weil es nicht genug geförderte Plätze gibt, kommen immer mehr private Investoren auf den Markt. Zwischen 2010 und 2015 hat sich die Zahl privater Studentenwohnheime in den 30 größten Studentenstädten mehr als verdoppelt. Die von privaten Investoren angebotenen Zimmer und Wohnungen sind meist modern und oft luxuriös ausgestattet, teilweise haben die Häuser eigene Fitnessstudios, einen Paketservice oder Dachterrassen. Das hat dann natürlich seinen Preis: Unter 500 Euro bekommt man in Frankfurt oder München kein Zimmer von Anbietern wie Campus Viva oder Youniq, und das gilt nur für die kleinste Option. Für größere, besser ausgestattete Zimmer kann die Monatsmiete deutlich höher liegen. In Berlin geht es bei Youniq erst ab 649 Euro los. Der Spielraum nach oben ist groß: In München kann ein privater Wohnheimplatz bis zu 1499 Euro kosten. In weniger ausgelasteten Städten wie Bayreuth oder Greifswald liegt der Mietpreis zwischen 300 und 500 Euro. Private Wohnheime sieht Meyer auf der Heyde deshalb auch nicht als Konkurrenz an, zu wenige Studierende könnten sich dort die hohen Mieten leisten. "Diese Wohnheime haben keine Belegbindung, das heißt, jeder kann dort wohnen. Sie werden scheinbar für Studenten konzipiert, dabei geht es den Betreibern aber eher um Vergünstigungen, zum Beispiel bei der Grunderwerbsteuer. "Es wird dann nicht als Studentenwohnheim genutzt, stattdessen wohnen dort viele Geschäftsleute, die immer mal wieder in der Stadt sind", sagt Meyer auf der Heyde. Lutz Dammaschk widerspricht dieser Darstellung. Er ist Geschäftsführer von Vegis Immobilien und Mitglied im Vorstand des Bundesverbandes für studentisches Wohnen, ein Branchen- und Interessenverband für Anbieter von Klein- und Mikrowohnraum. Zwar gebe es durchaus gemischte Wohnheime, in denen neben Studierenden auch Pendler und "Young Professionals" einen Platz zum Wohnen fänden, allerdings gehe man damit transparent um. Man unterscheide zwischen Wohnheimen, die die Auflage hätten, nur Studierende aufzunehmen, und bewusst gemischten Wohnheimen. Diese seien auch teilweise an die verschiedenen Bedürfnisse angepasst, etwa, was Gruppen- oder Arbeitsräume oder die Anzahl von Stellplätzen betreffe.

"Seit 2010 ist die Nachfrage nach sogenannten Mikroapartments sprunghaft gestiegen", sagt Dammaschk. "Es fehlen mindestens 70 000 dieser Apartments bundesweit." Das Engagement privater Investoren lohnt sich offenbar. Die Renditen bei Bauobjekten dieser Art seien oft höher als bei anderen. Dass die Mieten dort vergleichsweise hoch seien, liege an der guten Ausstattung, aber auch am Immobilienmarkt. Es sei schwierig, geeignete Grundstücke zu finden, und sehr teuer zu bauen. Zudem gebe es hohe politische Hürden. "Es muss erleichtert werden, diese Art Wohnheime zu bauen", sagt der Unternehmer.

Er sieht ein, dass sich diese Angebote nicht an alle Studierenden richten, stellt aber auch klar, dass die privaten Wohnheime eben nicht den gleichen, staatlichen Versorgungsauftrag hätten wie die Studentenwerke. Etwa 20 Prozent der Studierenden verfügten monatlich über mehr als 1000 Euro, also genug, um sich die hohe Miete leisten zu können. Im bundesweiten Durchschnitt verfügen Studierende etwa über 700 bis 800 Euro im Monat.

Etwa 2,87 Millionen Studierende waren im Wintersemester 2018/2019 an deutschen Universitäten immatrikuliert. "Es kommen auch immer mehr ausländische Studierende, weil das Angebot an englischsprachigen Studiengängen ausgebaut wird, Deutschland mit seinen Exzellenzunis einen guten Ruf hat und wir keine Studiengebühren haben", meint Dammaschk. Besonders für Studierende aus dem Ausland, die oft nur für ein oder zwei Semester bleiben, kann ein Mikroapartment in einem privaten Wohnheim eine gute Lösung sein - möbliert, Strom, Internet, alles inklusive. Wenn sie es sich leisten können.

© SZ vom 05.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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