Süddeutsche Zeitung

Mietrecht:Gericht bestätigt Wohnungskündigung für Raucher

Den Nachbarn stinkt es, denn der langjährige Mieter steckt sich gerne eine an: Das Amtsgericht Düsseldorf hält die Kündigung eines starken Rauchers für rechtmäßig, weil sein Qualm in den Flur zieht. Der Fall könnte für viele Mieter relevant werden.

Von Regina Brand

Belästigt ein Mieter durch Zigarettenrauch seine Nachbarn, darf ihm die Wohnung gekündigt werden. Das hat das Amtsgericht Düsseldorf am Mittwoch entschieden (Az.: 24 C 1355/13, PDF). Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

In dem konkreten Fall ging es um den Mieter Friedhelm Adolfs: Nach 40 Jahren kündigte ihm die Vermieterin seine einstige Dienst- und jetzige Mietwohnung und schickte ihm eine Räumungsklage. Grund dafür sei der Zigarettenrauch, der aus seiner Wohnung in den Hausflur abzieht. Der Gestank belästige die Hausnachbarn und sei ihnen nicht weiter zuzumuten. Die Vermieterin sprach von gesundheitsgefährdender Belästigung der anderen Mieter.

Nun hat das Düsseldorfer Gericht zugunsten der Vermieterin entschieden. Sie müsse es nicht dulden, wenn Zigarettenrauch im Treppenhaus die Nachbarn belästige. Dies gelte auch, wenn der Mieter grundsätzlich in seiner Wohnung rauchen dürfe.

Der Fall wird nun wohl vor das Düsseldorfer Landgericht gehen. "Der Streitfall hat enorme Bedeutung für das Mietrecht von Rauchern. Daher ist es sogar möglich, dass es zu einer Revision vor dem Bundesgerichtshof kommt", sagt der Mieterverein Düsseldorf Süddeutsche.de. "Da seit einigen Jahren immer mehr die Gefahren des Passivrauchens diskutiert werden, hat dieser Rechtsstreit eine besondere Brisanz."

Eineinhalb Jahre lang habe der 74-jährige Mieter, der 35 Jahre lang als Hausmeister des Mietshauses gearbeitet hatte, nicht auf diverse Beschwerden reagiert. Er bestritt, dass er mit dem Zigarettenrauch im Hausflur die anderen Mieter belästige. Seine Fenster sind ständig gekippt, sagte er vergangene Woche vor dem Gericht. Außerdem könne er nichts dafür, dass seine Wohnungstür undicht sei. Das Rauchen wolle er sich nicht verbieten lassen. Lediglich ein Mieter im fünften Stock habe sich beschwert. Ihm sei aber schleierhaft, wie der Rauch aus dem Erdgeschoss dorthin gelangt. Der Vielraucher hatte vermutet, dass seine Wohnung in lukrativen Büroraum umgewandelt werden sollte. Die Vermieterin bestritt dies.

Zwei Grundrechte prallen aufeinander

Bei dem Mietrechtstreit prallen zwei Grundrechte aufeinander: Das persönliche Freiheitsrecht des Rauchers und das Recht auf körperliche Unversehrtheit der Nachbarn. Bislang gilt das Rauchen in der eigenen Wohnung als höchstrichterlich geschützte persönliche Freiheit. Der Bundesgerichtshof ließ aber 2006 und 2008 ausdrücklich offen, ob "exzessives Rauchen" als vertragswidrige Nutzung angesehen werden kann. Außerdem hatten Gerichte Nichtrauchern, die sich durch Qualm belästigt fühlten, Mietminderungen zugesprochen.

Grundsätzlich gehört das Rauchen zum "vertragsgemäßen Gebrauch". Schließlich sind die eigenen vier Wände ein wichtiges Rückzugsgebiet. "Dort darf man tun und lassen, was man will - also auch rauchen", sagt der Mieterverein Düsseldorf. Probleme gebe es allerdings dann, wenn der Rauch die Wohnung verlässt und andere Nachbarn davon gestört werden. Sei es, dass der Zigarettengestank auf den Balkon oder eben in den Hausflur zieht. "Die Nachbarn haben den Anspruch auf ungestörtes Wohnen. Wenn ihnen das nicht garantiert wird, muss die Vermieterin dafür sorgen, dass die Belästigung aufhört", heißt es bei den Mieterschützern.

Schäden an der Bausubstanz durch Rauchen

Bislang gab es keinen Rechtsfall, bei dem Zigarettenrauch der Grund für einen Rausschmiss war. Lediglich beim Auszug kann im Ausnahmefall der rauchende Mieter zu einem Schadensersatz verpflichtet sein (Urteil des Bundesgerichtshofes 2008, Az.: VIII ZR 37/07). Das gilt aber nur dann, wenn durch exzessives Rauchen die Bausubstanz der Wohnung stark beschädigt wurde. Meist können vergilbte Wände heutzutage allerdings durch spezielle Wandfarbe und Tapetenwechsel beseitigt werden. Ist der rauchende Mieter gemäß dem Mietvertrag nicht dazu verpflichtet, Schönheitsreparaturen durchzuführen, muss er auch keine Nikotinspuren beseitigen.

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