Miete:Laut, kalt, dreckig

Bauarbeiten in der Müllerstraße, 2007

Wird in der Nachbarschaft gebaut, kann das ein Grund sein, die Miete zu kürzen.

(Foto: Robert Haas)

Ob ein defekter Aufzug, Schimmel an den Wänden oder eine nicht funktionierende Heizung: Mieter dürfen aus vielen Gründen die Miete kürzen. Dabei müssen sie allerdings einiges beachten.

Von Andrea Nasemann

Die 82-jährige gehbehinderte Frau wohnte seit 30 Jahren im vierten Stock des Mehrfamilienhauses. Seit ihrem Einzug hatte es im Haus immer einen funktionierenden Aufzug gegeben. Doch im Januar 2015 war er vom TÜV stillgelegt worden, weil die gesetzlich vorgeschriebene Notrufvorrichtung gefehlt hatte. Die Mieterin, die auf den Fahrstuhl angewiesen war, kürzte daraufhin die Miete um 50 Prozent. Im Sommer ließ die Vermieterin den Aufzug entfernen. Die Mieterin verklagte die Vermieterin daraufhin, den Aufzug wieder in Betrieb zu nehmen, und hatte mit ihrer Klage Erfolg. Das Amtsgericht München verurteilte die Vermieterin zum Einbau eines neuen Aufzugs - dieser sei vertraglich geschuldet (Urteil vom 29. September 2015, 425 C 11160/15).

Egal ob defekter Aufzug, Schimmel an den Wänden, Lärm oder eine nicht funktionierende Heizung: Für Mieter kann es viele Gründe geben, die Miete zu mindern. Ob und in welcher Höhe die Minderung dann rechtens ist, entscheiden häufig die Gerichte. Grundsätzlich muss der Vermieter dem Mieter den vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung gewähren. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Vermieter an dem Mangel schuld ist. Deshalb muss er eine Kürzung der Miete auch dann hinnehmen, wenn der Mieter durch Lärm und Schmutz einer Baustelle auf dem Nachbargrundstück gestört wird. Ist der Mangel erheblich, kann der Mieter verlangen, dass er beseitigt wird.

Wie hoch die Mietminderung ausfällt, wird von Fall zu Fall entschieden. Die Höhe richtet sich danach, wie gravierend sich der Mangel auf die Wohnqualität auswirkt. Fällt eine Heizung im Winter etwa komplett aus, muss der Mieter unter Umständen überhaupt keine Miete mehr bezahlen. Ausgangspunkt für die Minderung ist die Bruttomiete, also die Miete einschließlich aller Betriebs- und Heizkosten (Bundesgerichtshof, Urteil vom 20. Juli 2005, VIII ZR 347/04).

Bei energetischen Modernisierungen gibt es kein Mietminderungsrecht

"Der Mieter muss den Mangel dem Vermieter immer unverzüglich anzeigen, damit dieser die Chance hat, ihn schnell zu beseitigen", sagt die Münchner Rechtsanwältin und Autorin Birgit Noack. Solange der Mieter den Schaden nicht gemeldet hat, hat er auch kein Minderungsrecht. Schickt der Vermieter einen Handwerker und misslingt die Reparatur, muss der Mieter erneut reklamieren.

Der Mangel muss erheblich sein, wenn der Mieter dafür die Miete mindern will. So rechtfertigt nicht jedes noch so geringe Geräusch in der Wohnung eine Mietminderung. Deshalb musste auch ein Mieter die Geräusche seiner Heizung hinnehmen. Dieser hatte sich durch ein brummendes Geräusch in seiner Wohnung gestört gefühlt. Der hinzugezogene Sachverständige hatte bestätigt, dass es sich nur um ein sehr leises Geräusch handle, das nur dann hörbar sei, wenn der Hintergrundpegel sehr niedrig sei. Solche Geräusche seien deshalb, wenn sie unterhalb des zulässigen Schallschutzpegels lägen, hinzunehmen, entschied das Amtsgericht Hannover (Urteil vom 1. Oktober 2014, 412 C 8478/13).

Auch wenn der Mieter den Mangel bereits bei Abschluss des Mietvertrags kannte, kann er weder die Miete mindern noch Schadenersatz geltend machen. "Vermieter sollten deshalb beim Vertragsabschluss im Mietvertrag entsprechende Hinweise auf vorhandene Mängel oder künftig mögliche Bauarbeiten in der Nachbarschaft aufnehmen", rät Rechtsexpertin Noack. Kein Minderungsrecht hat der Mieter auch dann, wenn der Vermieter die Immobilie energetisch modernisiert. Dies gilt allerdings nur für die ersten drei Monate der Baumaßnahme.

Wichtig zu wissen: Unterlässt es der Mieter, auf einen Mangel hinzuweisen, riskiert er Schadenersatzansprüche seines Vermieters, wenn sich der Schaden durch seine unterlassene Meldung vergrößert hat. Der Mieter muss nicht nur Schäden innerhalb seiner Wohnung anzeigen, sondern auch solche an mitvermieteten Flächen wie Waschküche, Keller oder Treppenhaus. Das hat allerdings auch Grenzen. "Mieter müssen Einrichtungen und Anlagen nicht regelmäßig daraufhin überprüfen, ob sie schadhaft sind. Mietern kann nicht die Kompetenz eines Fachmanns unterstellt werden", sagt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund.

Schließlich muss der Mieter seinen Vermieter auch unverzüglich benachrichtigen, wenn Gefahr in Verzug ist. Dies gilt für Schäden, die durch Stürme, Gewitter sowie heftige Schnee- oder Regenfälle aufgetreten sind oder unmittelbar bevorstehen. Der Mieter kann sich in solchen Fällen nicht unbegrenzt Zeit lassen, sondern muss sofort tätig werden und den Vermieter informieren. Bestehen Mängel, die behoben werden müssen, muss der Mieter den Vermieter oder den Handwerker in die Wohnung lassen, damit das Problem begutachtet werden kann.

Die Mietminderung wird wirksam, sobald der Mieter sie geltend macht. "Der Mieter sollte dann seinem Vermieter zur Klarstellung und zur Vermeidung von Missverständnissen schriftlich mitteilen, ab wann und in welcher Höhe er die Miete mindern will", erklärt Ropertz. Die Miete könne dann so lange gemindert werden, bis der Schaden behoben sei.

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