Messe:Viel Arbeit, wenig Fachkräfte

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Baukräne sind derzeit überall zu sehen, die Branche boomt. (Foto: Silas Stein/dpa)

Die gute Auftragslage und die Digitalisierung werden Mitte Januar auf der Messe BAU die beherrschenden Themen sein.

Von Norbert Hofmann

Fachkräftemangel kann sich auf sehr unterschiedliche Weise bemerkbar machen. Die Bauwirtschaft etwa registriert derzeit, dass fehlende Personalkapazitäten in den Bauämtern der Kommunen nicht selten die Vergabe öffentlicher Aufträge verzögern. Die gute Nachricht: Nach jahrelanger Zurückhaltung nehmen Bund, Länder und Gemeinden dennoch wieder zunehmend mehr Geld für öffentliche Baumaßnahmen in die Hand. Noch besser läuft es im Wohnungs- und Wirtschaftsbau, wo die Umsätze im Bauhauptgewerbe 2018 um 6,6 beziehungsweise sieben Prozent gestiegen sind.

Der positive Trend hält auch zum Jahreswechsel hin an. "Die deutsche Wirtschaft hat den wachsenden politischen Risiken getrotzt und mit ihren Investitionen zur guten Baukonjunktur beigetragen", sagt Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes (ZDB). Wie es weitergeht, hängt von der Entwicklung beim Brexit und den internationalen Handelskonflikten ab, ebenso von der unsicheren Konjunktur in Euroländern wie Italien und Frankreich. Die Gefahr: Schlechte Nachrichten könnten die Investitionsbereitschaft der exportorientierten deutschen Wirtschaft drücken und damit auch die Bauumsätze dämpfen.

Ein starker Treiber der Baukonjunktur war 2018 der Wohnungsbau, dessen Volumen sich nach ZDB-Schätzungen bis 2021 in etwa auf dem jetzigen Niveau bewegen wird. Der Verband rechnet für 2019 mit dem Bau von 320 000 Wohnungen. Als Stimulus könnte im ländlichen Raum das Baukindergeld wirken. In Großstädten wie Frankfurt, Berlin und München dürfte sich der Effekt wegen der hohen Baulandpreise aber in Grenzen halten. Als Flaschenhals wirkt zudem die begrenzte Ausweisung von Bauland. Wäre mehr möglich? "Die Kommunen sollten mit Bahn, Bundeswehr und Kirchen noch intensiver darüber reden, ob in deren Besitz befindliche Flächen für den Wohnungsbau genutzt werden könnten", rät Pakleppa.

Real haben die Umsätze der Unternehmen um 1,5 Prozent zugelegt

Trotz dieser Engpässe bewegen sich die Umsätze im Bauhauptgewerbe auf relativ hohem Niveau. Für den Wirtschaftsbau war 2018 sogar eines der besten Jahre überhaupt. Ein großer Teil der Steigerungen kommt bei den Baufirmen allerdings nicht direkt als Ertrag an. So sind die Materialpreise im Wohnungsbau durchschnittlich um mehr als drei Prozent gestiegen. Bitumen für den Straßenbau kosten vor allem auch wegen der hohen Nachfrage in den USA und Asien um fast die Hälfte mehr als im Vorjahr. Gleichzeitig sind die Tariflöhne in Deutschland branchenweit um mehr als fünf Prozent gestiegen. Real haben die Umsätze der Bauunternehmen im Jahr 2018 deshalb nur um 1,5 Prozent zugelegt.

Es könnte mehr sein, wenn nicht Personalengpässe zunehmend Grenzen setzen würden. Bei heute insgesamt 830 000 Beschäftigten hat das Bauhauptgewerbe in den vergangenen acht Jahren 130 000 neue Vollzeitarbeitsplätze geschaffen. "Die Firmen suchen trotzdem oft händeringend Fachkräfte und sehen sich dabei immer häufiger auch im Ausland um", sagt Pakleppa. Der Verband begrüße deshalb den von der Bundesregierung jetzt auf den Weg gebrachten Entwurf eines Fachkräfteeinwanderungsgesetzes.

Der über das Angebot hinausgehende Bedarf an Mitarbeitern wird von 14. bis 19. Januar auch eines der großen Themen der Messe BAU in München sein. Die alle zwei Jahre stattfindende Weltleitmesse für Architektur, Materialien und Systeme spricht in 18 Hallen alle an, die mit Planung, Bau und Betrieb von Gebäuden zu tun haben. Der Fachkräftemangel etwa ist im neu geschaffenen Treffpunkt Handwerk ein herausragender Programmpunkt. Vor allem aber werden in den vielen Foren, Sonderschauen und an den Messeständen die Möglichkeiten der digitalen Welt die diesjährige Ausstellung in München prägen.

Eines der vier Leitthemen ist das digitale Planen und Bauen, für das erstmals eine ganze Halle reserviert ist. Im Mittelpunkt stehen dabei Software-Lösungen rund um das Building Information Modeling (BIM), das entscheidend zur Minimierung von Planungs- und Abstimmungsfehlern beiträgt. "Diese Tools kommen heute nicht mehr nur bei Großprojekten zum Einsatz, sondern stoßen auf Interesse bei allen, die bei digitalen Planungsprozessen am Bau mitwirken", sagt Reinhard Pfeiffer, stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe München. Die diesjährige BAU thematisiert insbesondere auch die Frage, wie Gebäudeteile miteinander kommunizieren und wie digitale Steuerungen die Gebäude sicherer, komfortabler und energieeffizienter machen können.

Ein weiteres Leitthema ist das vernetzte Wohnen und Arbeiten in einer Welt, in der Menschen dank der Digitalisierung zunehmend auch zu Hause ihre beruflichen Aufgaben erledigen können. Ebenso wie das vernetzte Gebäude ist in diesem Jahr das Licht ein neues Thema und gleichzeitig einer der vier Schwerpunkte der Messe. Auch dafür gibt es gute Gründe. Denn angefangen vom Streben nach mehr Energieeffizienz und Komfort bis hin zur Automatisierung der Beleuchtung spielt die Lichtplanung eine immer größere Rolle im Gesamtkonzept eines Baus.

Das vierte Leitthema beschäftigt sich mit Systemen und Konstruktionen, die der zunehmenden Komplexität von Gebäuden gerecht werden. Dabei geht es um das modulare Bauen und die Vorfertigung etwa von mit Hochtechnologie ausgestatteten Fassadenelementen. Das ist nicht nur ein Thema für Architekten und Ingenieure, sondern für das gesamte Baugewerbe und das Handwerk. Vieles steht dabei in enger Verbindung mit der Digitalisierung. "Das moderne Gebäude muss in allen Facetten vorausgeplant und von den Planern Hand in Hand mit den Ausführenden umgesetzt werden", betont Pfeiffer.

Über die neuesten Trends dazu können sich die Besucher auf der bisher größten BAU informieren. Mit den zwei neuen im Dezember eingeweihten Hallen präsentieren sich 2200 Aussteller auf einer Fläche von 200 000 Quadratmetern. Erstmals zeigen dabei in einem Digital Village auch 20 Start-ups ihre Geschäftsideen, Dienstleistungen und Produkte. "So wollen wir auch dem Nachwuchs die Augen dafür öffnen, was im Bau alles möglich ist", sagt der stellvertretende Messe-Chef. Dieses kleine Dorf innovativer Gründer wird im Februar 2020 auch in Köln aufgestellt, wenn die Messe München dort ihre neue Fachmesse digitalBAU startet.

© SZ vom 04.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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