Markt-Report:Riester boomt, Betriebsrente stockt

Bei der Förderrente setzen Verbraucher vor allem auf Versicherungen. Das Geschäft mit der betrieblichen Altersvorsorge stagniert erstmals seit drei Jahren.

Altersvorsorge macht Schule: Unter diesem Titel will die Bundesregierung zusammen mit den Rentenversicherungsträgern und Verbraucherzentralen Vorsorge-Kurse an mehr als 500 Volkshochschulen anbieten.

Angesichts des wachsenden Interesses an dem Thema macht sich die Finanzbranche Gedanken darüber, wie sie vom lukrativen Geschäft mit der privaten Rentenergänzung profitieren kann.

Klassischer Nutznießer des steigenden Vorsorgebewusstseins ist die Versicherungsbranche, die allerdings in Bezug auf Vorsorgeprodukte mit gewaltigen Umbrüchen zu kämpfen hatte.

So ist die herkömmliche Kapitallebensversicherung immer mehr ins Hintertreffen geraten, weil für neu abgeschlossene Verträge die einstige Steuerfreiheit der Gewinne nicht mehr gilt. Auch die private Rentenversicherung leidet unter dem Wegfall des Steuerprivilegs.

Ein weiteres Hemmnis beim Verkauf von privaten Renten- und Kapitallebensversicherungen ist der seit Jahresbeginn von zuvor 2,75 Prozent auf nunmehr 2,25 gesenkte Garantiezins für Neuverträge.

Nach Berechnungen der Versicherungs-Ratingagentur Assekurata führt dies dazu, dass nach Abzug der internen Nebenkosten im Schnitt nur noch eine garantierte Rendite von 1,37 Prozent übrig bleibt - und damit ist der Inflationsausgleich nicht mehr gewährleistet.

Angesichts der schwindenden Attraktivität herkömmlicher Versicherungsmodelle ist es nicht verwunderlich, dass Anbieter und Sparer die staatliche Riester-Zulage als Renditefaktor entdeckt haben.

Nach den Anlaufschwierigkeiten der ersten Jahre und der mittlerweile vereinfachten Zulagenbürokratie hat die Versicherungsbranche die Riester-Rente schätzen gelernt.

Die Riester-Rente hat sich vom einst ungeliebten Stiefkind zum willkommenen Ersatz für das bröckelnde Geschäft mit dem nicht staatlich geförderten Versicherungssparen gemausert.

Verzeichneten die Versicherer Anfang 2004 noch 3,6 Millionen Riester-Sparverträge, ist die Anzahl bis Ende September 2006 auf 5,7 Millionen angewachsen. Weitaus weniger Bedeutung hat die deutlich unflexiblere Rürup-Rente als staatlich geförderte Alternative, die in erster Linie für Selbständige ohne Riester-Zulagenanspruch in Frage kommt. Hier liegt der Bestand erst bei circa 250.000 Verträgen.

Konkurrenz machen den Versicherern im begehrten Riester-Geschäft die Banken und Fondsgesellschaften, die ebenfalls zulagenfähige Riester-Sparverträge anbieten dürfen.

Eher wenig Erfolg haben die Banken mit ihren eigenen Riester-Produkten, die wie ein herkömmlicher Ratensparvertrag funktionieren. Diese bieten zwar hohe Sicherheit bei minimalen Nebenkosten, sind aber nur vergleichsweise niedrig verzinst.

Höhere Renditechancen als Banksparpläne bieten die Riester-Sparpläne der Fondsgesellschaften. Weil die Anbieter von Gesetzes wegen den Erhalt der eingezahlten Sparraten bis zum Renteneintritt garantieren müssen, können Fondssparer ohne Verlustrisiko von den Renditechancen der in kleinen Teilen beigemischten Aktien profitieren.

Besonders stark gewachsen ist der Riester-Fonds der genossenschaftlichen Union Investment, dem mittlerweile mehr als eine Million Sparer ihr Geld anvertrauen. "Daran zeigt sich der klare Trend hin zu Fondsprodukten in der Altersvorsorge", freut sich Joachim Reinke, Vorstandsmitglied bei der Fondsgesellschaft.

Auch bei der Altersvorsorge ohne staatliche Förderung werden die Fondsgesellschaften immer aktiver - allerdings mit unterschiedlichem Erfolg. Beworben werden in diesem Segment vor allem so- genannte Zielsparfonds.

Hierbei handelt es sich um Mischfonds, die anfangs schwerpunktmäßig in Aktien investieren und von einem bestimmten Zeitpunkt an immer größere Vermögensanteile in sichere Anleihen umschichten.

Der Sparer wählt bei Beginn den geplanten Fälligkeitszeitpunkt, an dem das ganze Vermögen schwankungsarm umgeschichtet sein soll. Wie bei herkömmlichen Fonds können jedoch die Guthaben während der Sparphase jederzeit ganz oder teilweise aufgelöst werden.

Die amerikanische Investmentgesellschaft Fideliy hat schon im September 2003 dieses Konzept aus den USA nach Deutschland importiert und verzeichnet bei den als "Target-Fonds" firmierenden Vorsorgefonds mittlerweile ein Anlagevolumen von fast 400 Millionen Euro.

Nachholbedarf haben indes die Sparkassen und die Deutsche Bank, deren Fondstöchter ähnliche Produkte aufgelegt haben. In den Zielsparfonds der Sparkassentochter Deka sind circa 35 Millionen Euro investiert, bei der DWS sogar nur zehn Millionen Euro.

Während der private Vorsorgemarkt kräftig in Bewegung ist, herrscht bei der betrieblichen Altersvorsorge eher Flaute. "Erstmals seit 2003 stagniert das allgemeine Interesse an der betrieblichen Altersvorsorge", schreibt das Marktforschungsinstitut Psychonomics in einer aktuellen Studie. Im Vergleich zum Vorjahr sei 2006 der Anteil der an einer betrieblichen Vorsorge interessierten Arbeitnehmer von 37 auf 34 Prozent zurückgegangen.

Als Hauptgrund für die Zurückhaltung der Arbeitnehmer sieht das Institut Defizite bei der Information durch den Arbeitgeber. "Offensichtlich scheint es in vielen Betrieben immer noch nicht gelungen zu sein, das erklärungsbedürftige Produkt nachhaltig zu kommunizieren", sagt Psychonomics-Studienleiter Christoph Müller.

Klar erkennbar sei nämlich der Zusammenhang zwischen dem Wissen über die Funktionsweise der betrieblichen Altersvorsorge und der persönlichen Einstellung dazu: Je informierter die Arbeitnehmer seien, umso positiver stünden sie dem Abschluss eines betrieblichen Vorsorgevertrags gegenüber.

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